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Tod am Nil

Tod am Nil

Titel: Tod am Nil
Autoren: Anton Gill
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wandte sich zum Gehen; verbittert erkannte er, wie weit er noch davon entfernt war, in dieser neuen Gesellschaft Anerkennung zu finden, und er mußte sich, wenn auch widerwillig, eingestehen, wie sehr er sich danach sehnte. War dieser Auftrag der Schlüssel zur Achtbarkeit, und hatte er ihn deshalb angenommen? Wie würde Taheb auf dieses Debakel reagieren? Aber was ihn vor allem ärgerte, war das Rätselgewirr, das er jetzt ungeklärt zurücklassen mußte - ausgerechnet in dem Augenblick, als er anfing zu sehen, wie es sich entwirrte.
    Er hörte den Medjay hinter sich herkommen. »He«, sagte Merymose, »ich brauche deine Hilfe immer noch. Wenn du meine Entschuldigung willst - bitte, ich entschuldige mich. Aber laß mich jetzt nicht im Stich.«
    »Soll das heißen, du willst, daß ich Surere aufstöbere?«
    »Ich will den Mörder finden.«
    Huy lächelte wachsam. »Aber wir dürfen nicht mehr zusammenarbeiten.«
    Merymose erwiderte das Lächeln. »Nicht offen. Aber Kenamun bin ich gewachsen, und du vergißt unsere gemeinsame Freundin.«

    Huy ging nach Hause, um zu baden und zu schlafen. Gegen Abend erwachte er, zog frische Kleider an und ging aus, zu einer der bescheidenen Garküchen, die zu beiden Seiten des Hafens das Flußufer säumten. Er bestellte sich schwarzes Bier und Feigenschnaps, Brot, Schweinefleisch und persea -Früchte , dann setzte er sich unter ein Sonnensegel und schaute den Booten zu. Die meisten hatten bereits in Bug und Heck die Lampen angezündet, die jetzt wie Glühwürmchen in der herabsinkenden Dämmerung glommen. Eine große Zedernholzbarke lag vor Anker; die kostbare Ladung war noch an Bord, und zwei mit Speeren und Schwertern bewaffnete Männer bewachten sie. Zwei kleinere Barken daneben wurden für die kurze Reise flußaufwärts nach Edfu bereitgemacht, wo sie eine neue Ladung Sandstein abholen sollten. Eine Handvoll Leute überquerte den Hafenplatz; sie schlenderten nach dem Tagwerk nach Hause oder zu einem Feierabendtrunk. Die Stadt lag ruhig und friedlich da. Rings um ihn herum saßen leise plaudernd ein paar andere Speisegäste, und vom Nachbartisch kam das gedämpfte Klicken der Spielsteine; zwei Männer spielten Dame. Wenn er nach Süden blickte, konnte er gerade noch die Umrisse der Mauer am Palastgelände erkennen, und er mußte daran denken, wie trügerisch die Ruhe war. Nur wenigen Menschen war echter Friede beschieden, und auch nur für einen Bruchteil der Zeit, die sie unter der Sonne verbrachten. Unter der Oberfläche dieses milden Abends wurde ein kompliziertes, dramatisches und niemals endendes Spiel gespielt. Im Untergrund tummelten sich die Spieler wie Fische in ihrem Element, kamen gelegentlich an die Oberfläche, um anzugreifen, hier Beute zu fassen, da zu drohen, und tauchten dann wieder ab. Und die Toten saßen am Rande des Spielfeldes, schauten zu und kannten alle Geheimnisse.

    Wider besseres Wissen verließ er sich auf Merymoses Zusagen; aber er wäre ohnehin von Natur aus unfähig gewesen, seine einmal geweckte Neugier wieder zu bezwingen, und so schob er mit seinem Schemel auch seine träumerischen Gedanken beiseite und machte sich von der Garküche auf den Weg durch das Hafenquartier zur Stadt der Träume. Unterwegs fiel ihm ein, daß er Taheb seit ihrem Besuch im Palastgelände nicht mehr gesehen hatte. Ob sie erwartete, daß er sie besuchte oder ihr wenigstens eine Nachricht schickte? Mit leisen Gewissensbissen erkannte er, daß sein Verlangen danach, sie wiederzusehen, großenteils damit zu tun hatte, daß sie ihm als Mittelsperson nützlich war. Er begehrte sie auch, aber sie hatte nicht das gleiche Feuer in ihm entfacht wie Aset. Er schmeichelte sich nicht, eine allzu große Bedeutung in ihrem Leben zu haben; trotzdem fragte er sich, wohin ihre Affäre führen würde.
    Nubenehem blickte auf, als er die Tür aufstieß. Sie war nicht allein. An ihrem Tisch stand ein schwarzhäutiges Mädchen aus dem tiefen Süden mit glänzenden Augen und strahlend weißen Zähnen; Brüste und Hinterbacken waren gleichförmige Halbkugeln. Von den goldenen Ketten an Hals, Taille und Knöcheln abgesehen, war sie nackt. So fest und makellos war ihr Körper, daß er etwas Unirdisches, ja, Asexuelles an sich hatte. Sie glänzte im Lampenschein wie das schwarze Holz aus Punt, und sie hätte daraus geschnitzt sein können.
    »Sag, daß du gekommen bist, um Geld auszugeben«, rief Nubenehem statt einer Begrüßung.
    »Ich bin erst noch dabei, es zu verdienen.«
    »Wie wär’s mit
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