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Tod am Nil

Tod am Nil

Titel: Tod am Nil
Autoren: Anton Gill
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morgen um die gleiche Zeit wieder.«
    Huy stand auf, verneigte sich kurz vor seinem neuen Herrn und wandte sich zur Tür. Als er dort angekommen war, rief Ipuky ihn noch einmal an. Er drehte sich um.
    »Du glaubst, ich bin kalt wie Stein«, sagte Ipuky. »Das glauben viele. Es ist mein Schutz. Aber ich muß wissen, wer meine Tochter ermordet hat. Finde ihn, Huy, und wenn du ihn hast, bringe ihn zu mir. Der Tod wäre ein zu gütiges Ende für einen Mann, der getan hat, was er getan hat, und ich will nicht, daß er sich in ihn flüchtet.«
    »Ist es Surere?« fragte Huy.
    »Ich habe dir gesagt, das kann nicht sein.«
    »Weißt du, wo er ist?«
    »Ich bin schon seit Jahren mit ihm fertig.«
    »Aber vielleicht er nicht mit dir?«
    »Erwecke uns aus diesem Alptraum, Huy. Bald.«

    Seit Merymoses Tod trug Huy einen Dolch. Es war ein altes Ding, das er seit Jahren hatte, aber erst vor kurzem hatte er gelernt, ihn zu benutzen - von einem der Bootsleute in Tahebs Flotte. Die Klinge war zweischneidig und aus schwerer Bronze, und die Blutrinnen waren in Form von Lotosstielen hineingetrieben. Der Griff war aus Antilopenhorn, in dessen Ende der Kopf des Tieres eingeschnitzt war. Als Huy in dieser Nacht aufwachte und ganz sicher war, daß jemand im Zimmer sei, griff er nach der Stelle neben seinem Kopfkissen, wo der Dolch sonst lag; aber er hatte sich kaum bewegt, als er die Schneide schon an seiner Kehle fühlte.
    »Du mußt noch viel lernen«, sagte Sureres
    Stimme in der Dunkelheit. Huy spürte seinen Atem und roch die Minze, die Surere kaute, um ihn zu versüßen.
    »Du hast bereits viel gelernt«, erwiderte Huy.
    »Wenn man in der Gefangenschaft nicht lernt, leise zu sein, stirbt man.«
    »Warum bist du noch hier? Was ist mit deiner Mission?«
    Der Druck des Messers an seiner Kehle ließ nach. »Der König läßt mich nicht gehen.«
    »Hat er dir Zuflucht gegeben?«
    »Nein.«
    »Wer dann?«
    Surere lachte leise. »Zünde eine Lampe an. Aber halte den Docht kurz.«
    Huy schlug Feuer, und dann verbreitete die Lampe einen kleinen Kreis gelben Lichts, in das Sureres Gesicht eintauchte. Es war hagerer geworden, und die Augen lagen tief in den Höhlen, aber sie blickten wach und brannten hell.
    »Warum kommst du noch einmal her? Du riskierst viel.«
    »Ich muß mit jemandem sprechen. Und außer dir gibt es niemanden in dieser Stadt.«
    »Du hast doch deinen Beschützer.«
    Surere lachte trocken. »Woher weißt du, daß ich einen habe?«
    »Ich denke an das Haus, in das du mich kommen ließest. Und wie soll ich mir sonst erklären, daß du hier so lange unentdeckt überleben konntest?«
    »Die Suche nach mir ist versandet. Man glaubt, ich sei fortgegangen.«
    »Na, mich geht das alles nichts an.«
    Sureres Blick huschte forschend über sein Gesicht. »Was willst du damit sagen?«
    »Ich habe dich nie gejagt, Surere.«
    »Du glaubst, ich habe die Mädchen ermordet?«
    »Hast du?«
    »Ich weiß es nicht.« Surere lachte wieder. »Nach euren Gesetzen droht einem der Tod, wenn man einen Falken, eine Katze oder ein anderes heiliges Tier tötet. Aber warum soll man nicht ein Kind töten, wenn es gut für das Kind ist? Sag’s mir, Huy. Ich bin verstört von dem, was der König in meinen Träumen sagt, und ich brauche deine Hilfe. Einst war der Aton so klar, aber jetzt verwirrt er mich.«
    Huy stützte sich auf einen Ellbogen. »Was redest du da?« Er wollte die Lampe aufdrehen, um die Augen des Mannes besser zu sehen. Vor allem wäre er gern aufgestanden, aber Surere hielt ihm immer noch den Dolch dicht an die Kehle, und jeder Muskel im Körper des Mannes war angespannt wie bei einem gejagten Wild.
    »Dieses Zeitalter ist böse. Nach dem Licht kommt die Finsternis. Welchen Sinn hat es, unsere Rasse bestehen zu lassen, wenn sie in Finsternis versinkt?«
    »Gibt es einen anderen Weg, uns wieder zum Licht zurückzuführen? Ich dachte, das wäre der Zweck deiner Mission.«
    Sureres Blick flackerte unsicher. »Vielleicht ist dieser Weg verloren.«
    »Wer hat dir das gesagt?«
    »Niemand.«
    »Hat der König mit dir darüber gesprochen?«
    »Hör auf!« Ein trockenes Schluchzen kam über die Lippen des Mannes, bevor er sich wieder faßte. »Verzeih mir. Ich habe mein Leben lang versucht, in Wahrheit zu leben. Jetzt weiß ich nicht mehr, wo ich bin.«
    »Wer ist der König? Wer ist es wirklich, den du da siehst?« fragte Huy leise nach einer Pause.
    »Das habe ich doch gesagt! Unser König! Echnaton!«
    »Du hast ihn wiedergesehen?«
    »O
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