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Tod am Zollhaus

Tod am Zollhaus

Titel: Tod am Zollhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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geträumt hatte. Wohl kaum. Captain Braniff stand neben ihm und grinste immer noch. Unverschämt, fand Claes.
    «O là là, Monsieur Herrmanns. Kann es sein, dass Ihr unsere charmante Freundin irgendwann verärgert habt?»
    «Unsinn! Sie hat mein Leben gerettet. Ich schulde ihr tiefsten Dank und allen Respekt. Es würde mir nicht im Traum einfallen, sie zu beleidigen.» Er rieb sich ärgerlich die Hände. «Eher hätte ich Grund, schlecht gelaunt zu sein. Sie hat meine Briefe nicht beantwortet.»
    «Briefe?» Barniff runzelte die Stirn. «Wann habt Ihr die geschrieben?»
    «Gleich nach meiner Rückkehr von Jersey natürlich. Ich habe ihr als Dank für die wochenlange Pflege auch eine Kamee geschickt. Vielleicht haben ihr die eingeschnittene Rose und der Käfer nicht gefallen. Jedenfalls hat sie nicht geantwortet.»
    Jules Braniff sah nachdenklich über die Schiffe und das Wasser. «Eine Rose und ein Käfer. Vielleicht hat sie Eure Post nicht bekommen.»
    Claes antwortete nicht. Er ärgerte sich, dass er mit diesem Fremden, den Anne so vertraulich behandelte und sogar beim Vornamen nannte – Jules, was war das überhaupt für ein lächerlicher Name? –, über seine privaten Angelegenheiten gesprochen hatte.

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    6. Kapitel
    Mittwochnachmittag
    «Blohm!!!» Das schwere Portal fiel hart hinter Claes ins Schloss. «Blohm!»
    «Ich hör noch gut», brummte der Alte, der eilig in die Diele schlurfte.
    «Entschuldige, Blohm. Ich weiß selbst nicht, warum ich so schreie. Ist wohl Ostwind heute. Geh wieder in die warme Küche, aber schick Betty mit einer Kanne Salbeitee. Ich bin bei Augusta.»
    Blohm nickte. «Tee ist gut. Aber Frau Augusta ist ausgegangen. Sie hat nicht gesagt, wohin.»
    «Schick den Tee trotzdem in ihr Wohnzimmer. Ich warte dort auf sie.»
    Augustas Salon im ersten Stock war das gemütlichste Zimmer im ganzen Haus. Claes wärmte seine kalten Hände an den holländischen Fayencen des Kachelofens, setzte sich in den grünen Sessel nahe am Fenster und spürte, wie die Vertrautheit des Raumes seine Spannung löste. Er rieb seine klopfenden Schläfen, lehnte sich zurück in das Polster und atmete tief durch.
    Der hämmernde Zorn hinter seiner Stirn erschien ihm lächerlich und völlig unbegründet. Irgendeine Lady von einer kleinen englischen Insel mit einem sandigen Hafen hatte ihm die kalte Schulter gezeigt. Na und?
    Natürlich war es mehr als unhöflich gewesen, seine Briefe und das Schmuckstück einfach zu ignorieren. Umso mehr, als sie ihm in den Wochen seiner Genesung über die Gastfreundschaft hinaus als so besonders freundlich erschienen war. Sehr besonders, wenn er ehrlich war.
    Er wäre dem warmen Blick ihrer verwirrend graugrünen Augen damals gerne mit ebensolcher besonderen Freundlichkeit begegnet. Aber er hatte sie wie einen Freund behandelt. Nicht wie eine Freundin. Er hatte ihren Duft und den sanften Schimmer ihrer Haut einfach ignoriert. Diese Frau, die so ganz anders war als alle, die er kannte, die sich in Laderäumen und Lagerhäusern besser auskannte als mancher Mann, die aber doch beim Tanz wie eine Feder war, sanft nach Jasmin roch und …
    «Claes Herrmanns», stöhnte er, «du bist ein Idiot.»
    «Aber, lieber Neffe, so schlimm ist es wirklich nicht.»
    Augusta stand in der Tür und amüsierte sich.
    «Nein, bleib nur sitzen. Du siehst aus, als ob du ein wenig Pflege brauchen könntest.»
    Sie stellte das Tablett mit dem Tee, das sie Betty in der Diele abgenommen hatte, auf den Rosenholztisch und setzte sich ihrem Neffen gegenüber.
    «Trink von dem Tee, und dann erzähle mir, warum du ein Idiot bist. Das verspricht eine spannende Geschichte.»
    «Ach, Augusta. Ein Schutzengel hat dich in mein Haus gebracht. Ein Wort von dir, und schon wird der Himmel heller.»
    Claes rührte einen Löffel Honig in seinen Tee und nahm einen großen Schluck. «Warum bist du eigentlich damals zu Sophie und mir gezogen? Du hättest ein ruhiges Leben in einem eigenen Haus haben können. Und Corinna hätte dich mit Freuden in Köln aufgenommen.»
    «Damit mir immer jemand hilft, diese scheußlich engen Schuhe auszuziehen. Bitte, Claes.»
    Sie steckte ihre Füße unter dem Rock hervor und sah ihren Neffen auffordernd an.
    «Ich mag es, wenn du so hilflos bist», grinste er, kniete nieder und erlöste sie von den Schuhen. Sie reckte die befreiten Zehen und lehnte sich mit einem zufriedenen Seufzer zurück.
    «Corinna wäre jetzt furchtbar schockiert. Eine Dame zeigt niemals ihre

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