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Tod am Zollhaus

Tod am Zollhaus

Titel: Tod am Zollhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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aus.»
    «War Voschering schon früher im Kerker?» Rosina sah Augusta nachdenklich an. «Ich meine, hat er auch andere Gefangene besucht?»
    «Ich weiß es nicht.» Augusta überlegte. «Aber ich bin mir recht sicher, dass er nie zuvor dort war. Ich musste ihn ein wenig, nun, ich will sagen, dazu überreden. Jean gehört nicht zu seiner Gemeinde, und überhaupt geht ein Pastor für gewöhnlich nur in den Kerker, wenn ein Gefangener darum bittet oder wenn es um die letzte Beichte und das letzte Abendmahl geht.»
    «Und die Wache lässt sicher nur die Seelsorger hinein, die sie gut kennt. Wie Voschering.»
    Augusta schüttelte den Kopf. «Ich glaube nicht, dass die Wache Vorschering gekannt hat. Ganz sicher nicht. Er war erst seit einigen Monaten in der Stadt, und es gibt so viele Pastoren in Hamburg. Aber jeder kennt das geistliche Kleid, und wenn ein Pastor einen Sünder ermahnen will, seine Schandtaten zu gestehen, darf ihn niemand daran hindern.»
    Augusta schlug das große schwarze Tuch über ihren Kopf und erhob sich.
    «Ich weiß nun wirklich nicht mehr weiter. Was sollen wir tun? Können wir noch etwas tun?»
    «Man kann immer etwas tun!» Rosina sprang auf und griff nach Augustas Hand. «Verzeiht mir meinen Zorn über Eure Frage vorhin. Und wenn Ihr könnt, vertraut uns noch ein wenig länger. Nur ein oder zwei Tage noch. Und gebt auf Euch und auf Euren Neffen acht. Ihr solltet nicht allein ausgehen, vor allem am Abend.»
    Augusta nickte. «Er lässt seit gestern Morgen das Haus bewachen, weil er um die Sicherheit von Martin und Sophie fürchtet. Aber ich will sehen, ob ich ihn davon überzeugen kann, sich von nun an von Brooks begleiten zu lassen. Der ist der stärkste Mann in unseren Speichern. Ein wacher Kopf, und er würde sich eher aufs Rad flechten lassen, als Claes zu schaden.»
    Sie strich Rosina leicht über die Wange, spürte die Narbe und fuhr entschlossen fort: «Bald wird dieser Alptraum zu Ende sein, und der Richtige wird in der Fronerei sitzen und auf den Galgen warten. Dann, mein Kind, will ich dich und Helena endlich in einer Komödie sehen. Ich werde in eure Theaterbude kommen und dafür sorgen, dass diese ganze frömmelnde Hamburger Gesellschaft es mir nachtut.» Sie war wieder die alte Augusta, der Zorn hatte – zumindest für diese Stunde – die Angst besiegt und ihren Mut gestärkt.
    «Passt gut aufeinander auf, und wenn ihr Neues wisst, schickt wieder euer stummes Kind mit Nachricht zu Elsbeth in die Küche. Aber zu niemandem sonst. Zu niemandem, sagt ihm das.»
    Im Mittelgang drehte sie sich noch einmal um. «Schickt es auch, wenn ihr Hilfe braucht.»
    Augusta verließ eilig den St.-Marien-Dom. Sie sah sich nicht um, es war ihr jetzt egal, ob jemand sie erkannte.
    Was hatte Rosina gesagt? «Warum sollten wir Voschering töten?» Einen Grund gab es: wenn der Hilfspastor etwas gewusst hatte, das den Komödianten gefährlich werden konnte, wenn ihr Prinzipal doch der Messerstecher oder ein Komplize des Mörders war. Das wäre ein triftiger Grund gewesen. Aber sie wusste, dass Voschering kein Geheimnis dieser Art erfahren hatte.
    Sie rief sich noch einmal alles ins Gedächtnis, was er erzählt hatte, doch es erschien ihr immer noch genauso unbedeutend wie am Freitagabend. Sie konnte sich nicht vorstellen, wem in dieser Stadt Behrmanns Kümmernisse so gefährlich waren.
    Dass Behrmann – wenn die Hebamme recht hatte – Claes’ Halbbruder gewesen war, wurde ihr erst sehr viel später klar.
    Rosina und Helena warteten einige Minuten, bevor sie den Dom verließen. Als sie aus dem großen Portal traten, fegte ein kalter Wind über den Vorplatz. Der Himmel war grau geworden, und von Südosten schoben sich schwarze Wolken über die Elbe. Sie wickelten sich fester in ihre Tücher und machten sich eilig auf den Weg zurück in die Fuhlentwiete.
    Auf dem Jungfernstieg blieb Helena bei einer Hökerin stehen und kaufte einen Strauß Veilchen. «Für Lies», sagte sie lächelnd, «und für ihre Vorliebe für alte Hebammen.»
    Auch Rosina war stehen geblieben, aber sie hörte nicht zu. Sie sah über die Binnenalster und schien die kleinen krausen Wellen zu zählen, die der Wind vor sich hertrieb. Tatsächlich folgte ihr Blick einem dicken, rotgesichtigen Pastor, der mit wehendem Mantel zum Werk- und Zuchthaus am gegenüberliegenden Ufer eilte.
    «Rosina?» Helena folgte ihrem Blick und senkte unwillkürlich die Stimme. «Denkst du, was ich denke?»
    «Ich glaube schon, Helena.»
    «Es ist

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