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Tod an der Förde

Tod an der Förde

Titel: Tod an der Förde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Nygaard
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keine Miene verzogen.
    »Danke für die Einladung«,
sagte Lüder zu Vanderborg gewandt, »aber ich bin sicher keine Bereicherung
Ihrer illustren Gesellschaft.« Dann ließ er seinen Blick in die Runde
schweifen, musterte jeden lange und ausführlich.
    »Vielleicht ahnt
dieser oder jener von Ihnen, dass die wahren Motive für das ganze grauenvolle
Geschehen andere sind, als Herr Vanderborg es eben dargestellt hat. Sie finden
ihre Wurzeln im Alten Testament bei Kain und Abel.«
    Es machte sich in
der kleinen Runde Betroffenheit breit.
    »Das sollten Sie
näher erläutern«, sagte von Glahn. »Das sind infame Anschuldigungen, die Sie in
den Raum stellen.«
    »Es gibt Unschuldige
unter Ihnen, aber auch Mitschuldige, die durch Egoismus und Dummheit die
Verbrechen erst ermöglicht haben. Aber das ist ja nicht strafbar. Das müssen
die Betroffenen mit ihrem eigenen Gewissen ausmachen, sofern sie eines haben.«
    Man sah einigen der
Gesichter in der Tischrunde an, dass ihnen Lüders Ausführungen unbehaglich
waren.
    »Im strafrechtlichen
Sinn ist nur einer verantwortlich. Der Betroffene weiß es auch. Natürlich ist
er nicht nur ein strategischer Kopf, sondern ist sich auch ziemlich sicher,
dass er nicht zur Rechenschaft gezogen werden kann. Doch hierin liegen die
Beweise.«
    Lüder hielt den
Umschlag in die Höhe.
    Vanderborg sah Lüder
mit offenem Mund an, Dr. Vollquardsens Blick wechselte ständig zwischen seinem
Vorstand und dem Fenster zum Garten.
    Lüder trat auf den
Mann zu, den er für den Drahtzieher hielt, und drückte ihm den weißen Umschlag
in die Hand.
    Ungläubiges
Erstaunen der anderen am Tisch begleitete seine Aktion, während sich auf dem
Gesicht des Betroffenen ein Schweißfilm bildete. Apathisch nahm der Mann das
Kuvert entgegen, ohne gegen Lüders Anschuldigungen zu protestieren. Dann wankte
er leicht, stützte sich an der Tischkante ab und sackte auf seinem Stuhl
zusammen. Alle anderen starrten ihn an.
    »Im Umschlag finden
Sie auch eine Notiz. Darauf steht, wie Sie mich heute Nachmittag erreichen
können«, sagte Lüder und drehte sich ohne ein weiteres Wort um.
    Er hinterließ eine
völlig konsternierte Gruppe von Männern, denen jeglicher Appetit vergangen war.
Doch auch Lüder verspürte keinen Triumph. In ihm war nur eine unendliche Leere.
    *
    Lüder hatte sein Auto in der Tiefgarage des Hotels
stehen lassen und war zur Kiellinie hinuntergeschlendert. Er war am Wasser
entlanggebummelt und hatte kurz am Außenbecken des Aquariums des Instituts für
Meereskunde den putzigen Seehunden zugeschaut, die dort ihre Kreise zogen. Dann
war er an der Rückseite des Landeshauses vorbeigegangen. Wie einen Glaswürfel
hatte man den von drei Seiten verglasten Plenarsaal, der auf einer Art Sockel
thronte, an den Ziegelbau angefügt. Eine architektonische Meisterleistung, die
alt und neu miteinander verknüpfte, dabei einen würdigen und dem Ort
angemessenen Eindruck hinterließ, ohne wuchtig zu wirken. Wie vieles in
Schleswig-Holstein war auch das Forum des Parlaments von einer unpathetischen
Leichtigkeit geprägt.
    An den Duckdalben vor der benachbarten Wache der
Wasserschutzpolizei dümpelte neben einem seegängigen Kreuzer mit der Aufschrift
»Küstenschutz« ein kleines Boot, das eher für den Einsatz in der Binnenförde
bestimmt war.
    Ein Stück weiter fand Lüder, durch Buschwerk von dem
dahinter liegenden Gebäudekomplex des Innenministeriums abgeschirmt, einen
Platz auf einer verwitterten Holzliege und beobachtete den regen Schiffsverkehr
auf der Förde. Am gegenüberliegenden Ufer ragten der hohe Schornstein und die
Anlagen des Kraftwerks in den Himmel. Im Ostuferhafen wurde ein Ro-Ro-Schiff
beladen, und aus der Schwentine-Mündung tuckerte ein Fahrgastschiff der Kieler
Schlepp- und Fährgesellschaft, die den Personenverkehr auf der Förde betrieb.
    Lüder war erstaunt über die vielen Menschen, die
vorbeigingen. Woher nahmen die Leute an einem ganz gewöhnlichen Werktag die
Zeit für diesen Müßiggang?
    Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Er
musste mehr als drei Stunden ausharren, bis sich sein Telefon meldete.
    Der Anrufer hustete, bevor er mit belegter Stimme
sprach.
    »Sie haben mich vor den anderen Herren bloßgestellt.
Dabei haben Sie nicht einen einzigen Beweis für Ihre aberwitzige Vermutung in
der Hand. Es ist empörend. Noch verwerflicher ist der Inhalt des Umschlags.«
    »Haben Sie die anderen Herren davon in Kenntnis
gesetzt?«, unterbrach ihn Lüder.
    »Noch nicht«, drohte

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