Tod an der Förde
es
dem Staatsanwalt überlassen, Kontakt zum Landeskriminalamt aufzunehmen. Dort
sollte über ein Mitwirken des polizeilichen Staatsschutzes entschieden werden,
da es sich beim Opfer um einen Militär handelte, der möglicherweise in
offizieller Mission in der Bundesrepublik weilte. Begeistert war der
Hauptkommissar nicht von der Vorstellung, dass eventuell ein weiterer Beamter
zu seinem Team dazustoßen könnte. Die Mannschaft arbeitete in dieser Besetzung
bereits eine ganze Weile zusammen.
Mittlerweile lagen
die ersten Ergebnisse der Kriminaltechnik vor.
»Bei der Tatwaffe
handelt es sich um ein etwa unterarmlanges, zweischneidiges Messer. Die
Spurensicherung hat jede Menge Fingerabdrücke feststellen können. Nicht einer
wird in unserer daktyloskopischen Datei geführt. Es sieht aber so aus, als
würden die zahlreichen Prints von Leuten stammen, die nichts mit dem Mord zu
tun haben, sondern einfach dieses merkwürdige Messer in den Händen gehalten
haben, um es zu betrachten. Das könnte unsere erste Spur sein. Wenn das Messer
an einem Ort mit Publikumsverkehr ausgestellt oder zumindest einem größeren
Personenkreis zugänglich war, erinnert sich vielleicht jemand an diese
ungewöhnliche Waffe. Wir sollten deshalb eine Beschreibung sowie ein Bild über
die Pressestelle weiterleiten. Vielleicht haben wir Glück, und es meldet sich
jemand. Kannst du …«
»Ist okay«,
unterbrach ihn Ingo Küster. »Wir kümmern uns darum.« Dabei sah er Babs Scholtz
an. »Wir klappern auch Antiquitätengeschäfte und Kuriositätenläden ab. Wenn du
damit einverstanden bist, Thomas.«
Vollmers nickte.
»Fein. Das wollte ich gerade vorschlagen. Der nächste Punkt ist die Weise, wie
das Messer vom Täter geführt wurde. Er hat von der Seite zugestochen wie beim
Ausholen zum Schmetterball im Tischtennis. Dabei stand die Klinge waagerecht.
Merkwürdig ist auch der Griff, mit dem der Täter die Waffe hielt. Wenn man das
Messer von oben nach unten in den Leib des Opfers sticht, zum Beispiel ins Herz
oder von hinten zwischen die Schulterblätter, zeigen bei einem Rechtshänder
vier Finger nach links und die Knöchel nach oben. Der Mörder hat Handschuhe
getragen, die Schmierspuren hinterlassen haben. Aus denen hat die
Spurensicherung ermittelt, dass der Täter es aber andersherum gehalten hat.«
»Was heißt: andersherum?«, fragte Horstmann.
»Wenn du das Messer
umklammerst, wie wir es alle tun würden, zeigt in diesem Fall die Klinge auf
den Täter. Der hat es aber von der rechten Seite um den Körper des Opfers
herumgeführt und zugestochen.«
»Und warum stach er
genau so zu?«, fragte Horstmann und schenkte sich Kaffee aus der Thermoskanne
nach. Stumm reichte ihm Oberkommissar Küster seine Tasse herüber, die er
ebenfalls füllte.
»Die Frage ist in
der Tat interessant«, erwiderte Vollmers. »Im Menschengetümmel hätte man
vermuten können, dass die seitliche Messerführung unauffälliger ist, aber die
Straße war fast menschenleer. Der Täter hätte also auch auf die ›herkömmliche‹
Weise zustechen können, wenn ich sie so bezeichnen darf. Auf jeden Fall handelt
es um einen Rechtshänder.«
»Gibt es weitere
Anhaltspunkte?«, mischte sich Babs Scholtz ein.
»Der Rechtsmediziner
hat festgestellt, dass der Stichkanal leicht von unten nach oben führt. Das ist
nicht verwunderlich, weil der Arm bei der Vorwärtsbewegung einen Halbkreis
beschreibt. Aus der Einstichstelle beim Opfer haben unsere Wissenschaftler
errechnet, dass der Täter eher klein sein muss. So etwa um einen Meter
siebzig.«
Horstmann lachte
auf. »Dann ist es ja ganz einfach. Wir suchen ‘nen lütten Rechtshänder. Da sind
wir aber froh, dass sich der Kreis potenzieller Mörder so rigoros einschränken
lässt.«
»Okay«, schloss
Vollmers die Besprechung und sah dabei Horstmann an. »Frank und ich versuchen,
etwas über das Opfer in Erfahrung zu bringen. Wir wissen, dass er mit einem
Leasingwagen unterwegs war. Der BMW stand in der nächsten Querstraße, dem Niemannsweg. Wir haben ihn anhand der
Autoschlüssel identifizieren können.«
»Halteranfrage?«,
warf Küster ein.
»Große
Überraschung«, antwortete Vollmers. »Das Fahrzeug ist von der Werft geleast.
Nun wird es spannend. Ich denke, nachdem wir uns mit dem argentinischen
Generalkonsulat in Hamburg in Verbindung gesetzt haben, werden wir die Werft
besuchen. Vielleicht erfahren wir dann auch, wo José Hernandez gewohnt hat. Das
war’s. Dann treffen wir uns heute Mittag zur nächsten
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