Tod an der Ruhr
Martha alles zum Tod ihres Vaters gesagt hatte, was sie dazu sagen konnte. Dennoch trottete er schweigend neben Elisabeths Tochter her.
Erst kurz vor dem Haus der Terfurths sagte Martha: »Die Mutter war übrigens bei der Versorgungskasse. Sie wird wohl eine kleine Witwenrente bekommen. Und für die Jungen eine Waisenrente. Sie würde sich gerne bei Ihnen bedanken, für Ihren Rat.«
»Das ist nicht nötig«, sagte Grottkamp abwehrend.
»Ach, kommen Sie doch noch mit herein!«, bat Martha. »Die Mutter würde sich freuen, Sie zu sehen.«
»Ich weiß nicht recht. Eigentlich passt es mir jetzt nicht.«
»Die Mutter hat mir alles erzählt von früher«, gestand Martha lächelnd. »Ein törichtes Ding war sie, so jung und so ungeduldig, dass sie nicht auf ihr Glück warten konnte. So sieht sie es jedenfalls heute. Und es freut sie, dass ich es nun besser mache als sie, dass ich alles dransetze, den zu kriegen, dem mein Herz gehört.«
»So, so«, knurrte Grottkamp. Mehr fiel ihm dazu nicht ein.
»Es täte der Mutter wirklich gut, wenn Sie ihr ab und zu einen Besuch abstatten würden. Also kommen Sie doch mit herein!«, bettelte Martha.
»Es ist so viel zu tun immer. Im Augenblick jedenfalls«, stammelte Martin Grottkamp. »Grüß die Mutter schön von mir! Ach ja, und ich gratulier dir auch zur Verlobung.«
Und dann wusste er nicht mehr, was er noch sagen sollte, drehte sich auf dem Absatz um und marschierte eilig davon.
ZWEIUNDZWANZIG
»Er wartet in der Mägdekammer auf mich? Wie ist er denn da rein gekommen?« Margarete Sander stand neben dem Schanktisch und keifte Maria Schneider an, als hätte das Stubenmädchen ihr dieses höchst unangenehme Rendezvous eingebrockt.
»Warum regst du dich auf? Er wird durch die Seitentür ins Haus gekommen sein.«
»Und was will er von mir? Warum kommt er nicht in die Schankstube?«
»Weil er in Ruhe mit dir reden will, unter vier Augen und nicht vor den Leuten hier«, vermutete Maria.
»Er weiß doch, dass ich zu tun habe. Ich kann dich doch jetzt nicht mit den Gästen allein lassen. Vielleicht will ja noch jemand was essen.«
»Also Grete, jetzt geh schon zu ihm!«, drängte das Stubenmädchen die Schankmagd. »Du hast doch nichts zu befürchten vom Herrn Grottkamp. Er will bloß mit dir reden. Wenn du ihn noch lange warten lässt, wirst du ihn nur verärgern. Ich schaff das hier schon allein für eine Weile. Und wenn ich noch mal in die Küche muss, dann komm ich halt und sag Bescheid, dass ich dich brauche.«
Margarete Sander senkte den Kopf und biss sich auf die Unterlippe.
»Es hat doch keinen Zweck, sich zu sträuben, wenn der Herr Polizeisergeant mit einem reden will«, sagte Maria Schneider.
Ein paar Gäste des Wirtshauses »Zum dicken Klumpen« sahen zu den Mädchen hinüber, die seit dem Tod von Hubertus Küppken gemeinsam das Gasthaus führten. Gut machten sie ihre Sache, die Grete und die Maria. So aufmerksam bemühten sie sich um das Wohl der Zecher und der Logiergäste, dass noch niemand die Anwesenheit des Klumpenwirts vermisst hatte.
Und prächtig zu verstehen schienen sie sich auch. Hand in Hand arbeiteten sie in der Schankstube, in der Küche und in den Logiszimmern. Doch jetzt sah es beinahe so aus, als hätten die beiden Mädchen einen Streit miteinander.
»Na gut«, sagte Margarete so leise, dass die Gäste nicht mitbekamen, worum es ging. »Dann werd ich mal hören, was der Herr Grottkamp von mir will.« Sie streifte ihre blaue Schürze ab, warf sie über die Lehne des Stuhls, der neben dem Schanktisch stand, und verließ die Gaststube durch die Hintertür.
Ohne anzuklopfen, betrat sie die Mägdekammer.
Grottkamp stand mit dem Rücken zu ihr vorm Fenster und schaute hinaus auf die Bahnhofstraße. Als er sie eintreten hörte, drehte er sich um.
»Ah, die Grete. Schön, dass du ein paar Minuten Zeit für mich hast«, sagte er freundlich.
»Was gibt es denn?«, fragte Margarete Sander unsicher. »Ich war doch vorgestern bei Ihnen und hab Ihnen alles erzählt. Alles, was ich weiß.«
»Alles, was du weißt?« Grottkamp sah sie streng an.
»Alles, was ich über Hubertus Küppken und Julius Terfurth weiß.«
Grottkamp setzte sich auf die Kante des Bettes, nahm seine Dienstmütze vom Kopf und legte sie neben sich auf die Bettdecke. Dann kraulte er eine Weile seinen Bart.
»Dir ist also nichts eingefallen, was der Hammerschmied gegen den Klumpenwirt in der Hand gehabt haben könnte?«
Seufzend lehnte Margarete sich gegen die Kommode neben
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