Tod an der Ruhr
seiner Hosentasche, nahm seinen Hut ab und tupfte seine feucht gewordene Glatze trocken.
»Das ist gut. Das ist eine wirklich gute Idee«, sagte Grottkamp versöhnlich. »Und jetzt würde ich gerne mit den beiden jungen Männern reden. Sie müssen mir in der Angelegenheit Terfurth noch ein paar Auskünfte geben. Ich nehme an, dass Sie die beiden nicht daran hindern werden, dieser Bürgerpflicht nachzukommen.«
»Nein, natürlich nicht. Ich werde sie Ihnen hierher schicken.« Der Meister tippte grüßend an seinen Hut und verschwand eilig in der Kesselschmiede.
Es dauerte eine ganze Weile, bis er wieder im Tor der Werkshalle erschien, diesmal flankiert von den beiden jungen Arbeitern. Die drei blieben kurz vor dem Hallentor stehen. Der Hüttenmeister redete heftig auf seine Untergebenen ein, bevor er sie zu Grottkamp schickte.
»Was ist denn mit unserem Meister passiert?«, fragte einer der jungen Männer, nachdem sie den Polizeidiener begrüßt hatten. »Vorgestern drohte er uns mit Stundenabzug und sogar mit einem Rauswurf im Wiederholungsfalle, und heute will er nichts mehr von alledem wissen. Jetzt sagt er doch wahrhaftig, es wäre sehr lobenswert, dass wir uns um den Toten gekümmert hätten.«
»Nun, auch ein Meister lernt gelegentlich noch dazu«, stellte Grottkamp ungerührt fest. Dann ließ er sich von den beiden jungen Arbeitern noch einmal erzählen, wie sie Terfurth am Montagmorgen gefunden hatten. Ihr Bericht stimmte in allen Einzelheiten, bis hin zur Lage des Toten in der Wasserlache, mit dem überein, was ihm bereits Nepomukzena, die Frau des Kranführers Dietrich Huckes, erzählt hatte.
Als Grottkamp den Männern die Tabakspfeife zeigte, die er bei dem Toten gefunden hatte, kramten beide ihre eigenen Pfeifen aus Schürzen- und Hosentasche hervor. Von ihnen hatte keiner eine Tabakspfeife an der Unglücksstelle verloren.
»Herr Polizeisergeant, sehen Sie sich das mal an!« Aufgeregt hielt Nepomukzena Huckes ihren halb mit Kartoffeln gefüllten Korb hoch. »Zehn Pfund Erdäpfel, die hab ich gerade für zwei Silbergroschen und sechs Pfennige gekauft.«
»Ein stolzer Preis«, befand Grottkamp, »aber schöne, feste Ware, will mir scheinen.«
»Sehr fest, wirklich sehr fest«, schimpfte die Frau, griff in den Korb und reichte dem Polizeidiener eine ihrer Knollen.
»Ach«, sagte Grottkamp erstaunt. Das, was er da in der Hand hielt, hatte zwar die Größe und die Form einer Kartoffel, war aber deutlich schwerer und härter. Es war ein runder, brauner Stein.
»Fünf Stück von den Dingern hab ich hier drin gefunden. Die wiegen mindestens ein Pfund. Ein Betrüger ist dieser Kerl, ein ganz mieser Betrüger. Und jetzt behauptet er, ich hätte die Steine selbst in den Korb gelegt.«
»Bei wem haben Sie die denn gekauft?«
»Bei dem Hiesfelder, da hinten vor dem Laden vom Ortmann«, antwortete die erboste Frau und fügte verblüfft hinzu: »Wo ist der Kerl denn jetzt?«
Nepomukzena Huckes hastete, mit dem Polizeidiener im Schlepptau, auf einen Handkarren zu, auf dem vier Kartoffelsäcke und eine angerostete Waage standen.
Als Grottkamp gerade einen Blick in die Säcke geworfen hatte, ohne Steine zwischen den Kartoffeln zu entdecken, tauchte der Hiesfelder Bauer, ein feister Kerl mit hochrotem Kopf, am Rande des Marktplatzes zwischen den Büschen beim Mühlenteich auf.
»Einen wunderschönen, guten Tag, Herr Polizeisergeant«, sagte er mit übertriebener Freundlichkeit.
»Wo kommen Sie denn her?«, wollte Grottkamp wissen.
»Oh, ich musste mich gerade mal erleichtern«, antwortete der Mann und griff grinsend mit einer Hand in seinen Schritt.
»Von ein paar Steinen haben Sie sich erleichtert, was?«, knurrte Grottkamp ärgerlich.
»Aber Herr Sergeant!« Der fette Bauer tat empört. »Ich war nur mal eben pinkeln.«
»Das Urinieren in den Mühlenteich ist in Sterkrade bei Strafe verboten.«
Der feiste Kerl schaute den Polizeidiener mit offenem Mund an. »Verboten? Seit wann das denn?«
»Seit heute«, antwortete Grottkamp, ohne mit der Wimper zu zucken. »Außerdem haben Sie die Gattin des Ratsmitgliedes Huckes in aller Öffentlichkeit bezichtigt, eine Betrügerin zu sein. Damit haben Sie sich der Verleumdung schuldig gemacht.«
Der Kartoffelbauer bekam den Mund nicht mehr zu. Ungläubig starrte er die Frau in dem verwaschenen Kattunkleid an. »Die Frau eines Ratsherren, das konnte ich doch nicht ahnen«, murmelte er.
»Also, wie sind die Steine in ihren Korb gekommen?«
»Ach, Herr
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