Tod auf Cabrera - Mallorca-Krimi
ersten Sauerstoffflaschen aufgebraucht.
Sie hatten die östliche Seite von Cabreras Südkante systematisch abgesucht.
»Herrje«, sagte Fatma verzweifelt, nachdem sie aufgetaucht war und
das Mundstück zur Seite geschoben hatte, »da sind ja so viele Grotten unter
Wasser. Um die alle richtig gründlich zu untersuchen, bräuchten wir Jahre.«
»Es war aber keine dabei, die einem U-Boot ausreichend Platz bieten
könnte.« Mira hatte etwas Mühe, wieder zu Atem zu kommen. Mit letzter Kraft zog
sie sich ins Zodiac. »Wir sollten es auf der Westseite probieren. Dort sind
zwei Buchten, die groß genug wären, dass dort so ein Tor sein könnte.«
Fatma schüttelte den Kopf. »Das sind gut zwei Kilometer. Sollen wir
da nicht lieber mit dem Boot hinfahren?«
Mira schaute sie mit hochgezogenen Augenbrauen an. »Wer von uns
beiden ist denn die mit der Seal-Ausbildung?«
»Und wer von uns beiden pfeift jetzt schon auf dem letzten Loch?«,
konterte Fatma. Sie zog sich erheblich geschmeidiger ins Boot als ihre
Kollegin. »Dennoch sollten wir gleich noch mal rein und die nächste kleine
Bucht hinter der Landzunge überprüfen.«
»Und was denkst du da zu finden? Sie ist zu klein für ein größeres
Schiff.«
»Sie ist aber zu groß, um sie außer Acht zu lassen.«
Dem konnte Mira nichts entgegensetzen. Als sich ihr Atem wieder
etwas beruhigt hatte, wechselten sie die Druckluftflaschen aus und machten sich
zu ihrem zweiten Tauchgang auf. In etwa zehn Metern Tiefe umrundeten sie den Felsvorsprung.
In der nächsten Bucht bildete ein vorgelagertes Riff eine kleine Insel.
Zwischen den Küstenfelsen und dem Riff hatte sich ein kleiner Kanal gebildet,
in dem eine recht starke Strömung herrschte, wenn die Brandung hoch genug war.
Mira machte ein Zeichen, dass sie diesen Kanal durchtauchen wollte. Fatma
folgte ihr. Als sie das Riff halb umtaucht hatten, hielten sie vor Schreck
abrupt inne. Vor ihnen im Wasser waberten im zurzeit seichten Sog der Strömung
drei Leichen. Zwei Männer und eine Frau. An jeweils einem ihrer Beine hing ein
Tau, das mit einem großen Gewicht verbunden war. Ihre Leiber waren durch
Verwesungsgase stark aufgedunsen. In ihren kompletten Taucherausrüstungen
bildeten sie ein groteskes Unterwasserballett.
Fatma bedeutete Mira, kurz aufzutauchen.
»Bei Allah, was ist da passiert? Welcher Wahnsinnige hat dieses
grauenhafte Puppentheater eingerichtet?«, fragte sie japsend.
»Lass sie uns losschneiden, damit sie wegtreiben. Wenn wir in ihrer
Nähe erwischt werden, sind wir sonst noch des Mordes verdächtig. Und das können
wir gerade wirklich nicht brauchen. Lass uns mit ihnen in die Hauptströmung
schwimmen. Die nimmt sie dann mit bis nach Es Trenc. Wenn sie in ein paar Tagen
dort an Land treiben, sind wir aus der Schusslinie.«
Fatma nickte, und kurz entschlossen tauchten sie wieder ab. Mit
ihren scharfen Tauchermessern war es kein großes Problem, die Taue zu
durchtrennen. Fatma hielt mit einer Hand die Leine der Frau, mit der anderen
die eines der Männer. Mira hatte den zweiten Mann im Schlepptau. Sie schwammen
zur offenen See hinaus und tauchten, drei völlig irrsinnig aussehende
Halloween-Ballons hinter sich herziehend, in rund siebzehn Metern Tiefe circa
zweihundert Meter weit südlich, bis sie über einen Atollrand hinaus waren. Dort
fiel der felsige Boden abrupt in Tiefen von weit über einhundert Meter.
Schlagartig wurde das Wasser kälter, und die beiden Frauen hatten Mühe, ihre
makabere Fracht zu halten, so stark wurde die Strömung. Auf ein Zeichen von
Mira hin ließen sie die Leichen los. Wie Hampelmänner auf Drogen wirkten die
drei, als sie mit grotesken Verrenkungen in Richtung Wasseroberfläche stiegen.
Ohne aufzutauchen, kehrten die beiden Frauen zu ihrem Schlauchboot zurück.
***
Um dem Bischof die reizvolle Lage von Cabrera anschaulich zu machen,
hatte sich Berger dazu entschlossen, den für die Großschifffahrt gesperrten
Kanal zwischen Mallorca und dem Naturschutzgebiet zu umfahren. Eigentlich wurde
jedes Schiff, das lange genug in dieser Meerenge fuhr, irgendwann von Delphinen
begleitet. Selbst für Berger, der das auf seinem eigenen Boot schon oft erlebt
hatte, war es immer wieder ein beeindruckendes Schauspiel. Noch war allerdings
keins der Tiere in Sicht. Crasaghi stand am Bug der Llaut und schaute sich die
Nordspitze Cabreras aufmerksam durch ein Fernglas an.
Als Bergers Handy klingelte, warf er einen kurzen Blick auf das Display
und hob es lächelnd an sein Ohr. »Guten
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