Tod auf dem Drahtseil (Roman) (German Edition)
auch für schuldig halten. Und demnach wäre ich doch eine Mörderin.“
Keith schüttelte lächelnd den Kopf und streckte die Hand aus, um ihre Hand zu berühren.
„Pat, ich glaube, nein, ich bin sicher, dass Sie nichts Unrechtes getan haben. Aber genau das müssen wir auch beweisen. Sie haben sich nun allein schon dadurch verdächtig gemacht, dass Sie Ihren wirklichen Namen verschwiegen haben.“
Der Kopf der jungen Frau ruckte hoch. „Und er geht auch niemanden etwas an.“
Nun grinste der Inspector. „Ich habe ihn dennoch herausgefunden, Lady Patricia Ashbury.“
Er sah, wie sie bleich wurde und machte eine abwehrende Handbewegung. „Ich werde es ganz bestimmt nicht weiter verraten. Aber Ihnen musste doch klar sein, dass Sie vor der Polizei so etwas Simples wie den Namen nicht geheim halten können.“
Jetzt zuckte sie achtlos mit den Schultern. „Ist ja im Grunde auch egal. Ich kann hier nicht bleiben, da haben Sie schon recht, und so interessiert es niemanden, wer ich bin. Es sei denn, das käme an die Presse. Das würde meinem...“ Sie brach erschreckt ab und schlug sich die Hand vor den Mund.
„Lord Ashbury, Ihr Vater, würde einen Skandal sicher nicht sehr gut finden“, stimmte Keith zu. „Aber wie schon gesagt, habe ich nicht vor, das an die große Glocke zu hängen. Aber auf Glencarrick sind Sie gut und Ihrem Rang entsprechend untergebracht. Ich halte das für eine gute Idee.“
„Mein Rang entsprechend“, prustete Pat spöttisch los. „Inspector, ich bin Pat Lionheart, eine Artistin, fahrendes Volk, wenn Sie so wollen. Es gibt keine Lady Patricia Ashbury mehr. Das musste ich meinem Vater versprechen.“
„Das gilt doch nur, solange Sie sich beim fahrenden Volk, wie Sie es nennen, befinden. Kommen Sie mit zu mir und meiner Mutter, und Sie werden ganz einfach ein geehrter Gast sein. Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Fahren Sie jetzt mit mir hinaus zum Schloss, lernen Sie meine Mutter kennen und Glencarrick. Und dann entscheiden Sie, ob ein Aufenthalt dort nicht besser ist als hier zwischen Menschen zu sitzen, die Sie ablehnen und vielleicht sogar noch mehr belasten.“
Pat hatte nichts zu verlieren, wenn sie dieses Angebot annahm. Und außerdem war sie jetzt neugierig geworden. Wie kam ein Earl dazu, als ganz normaler Polizeibeamter zu arbeiten? Nun, vielleicht würde sie dazu irgendwann eine Erklärung erhalten. Und der Name Lithgow war ihr natürlich ein Begriff, nur hatte sie nicht gewusst, dass der junge Earl, wie er häufig noch genannt wurde, ein so sympathischer Mann, leider aber auch ein Polizist, war.
Ihr Entschluss fiel spontan. Sie nahm eine Reisetasche aus einem Einbauschrank und begann einige notwendige Dinge einzupacken. Dabei bemerkte sie nicht, dass Keith zufrieden lächelte.
*
„Ach, Gott, Sie armes Kind, da hat man Ihnen aber ziemlich übel mitgespielt.“ Lady Marjorie war ganz die besorgte Gastgeberin, als Keith Pat mit nach Glencarrick Castle gebracht und ihr dann ihr Zimmer gezeigt hatte. Hier konnte sie sich ein wenig frisch machen.
Währenddessen erzählte der junge Mann seiner Mutter in Kurzfassung die ganze Geschichte und bat sie dann, besonders nett zu Pat zu sein.
Zunächst war Lady Marjorie noch nicht sehr begeistert, was sie auch in einer Menge Worte ausdrückte.
„Und du bist sicher, dass sie wirklich nichts damit zu tun hat?“, erkundigte sich die Lady.
„Mutter, selbst wenn es so wäre – ich glaube nicht, dass sie einen Mordanschlag auf dich unternehmen würde. Dazu gibt es schließlich keinen Grund.“ Die Stimme des jungen Mannes klang leicht ironisch, und seine Mutter gab ihm gleich einen Dämpfer.
„Du redest Unsinn, mein Junge, und das weißt du auch. Ich finde diese junge Dame ganz reizend, und ich wollte wirklich nur wissen, ob du dir sicher bist. Es könnte für dich und deine Karriere eine Menge Probleme geben, wenn du dich täuscht. Es geht mir nicht darum, dass sie hier ist. In diesem Punkt muss ich dir recht geben, als Lady Patricia ist sie hier wesentlich besser aufgehoben als woanders. Ich will nur wissen, ob sie wirklich unschuldig ist, jedenfalls nach deiner Überzeugung.“
Keith schaute seine Mutter offen an. „Ja, Mutter, ich bin mir sicher, dass sie unschuldig ist.“
„Na, dann ist ja alles in bester Ordnung. Ach, übrigens, was sagtest du, aus welcher Familie sie stammt?“, forschte Lady Marjorie wie unschuldig nach. „Die Herkunft muss schon bestens sein, wenn du dich so für sie einsetzt.“
Keith
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