Tod auf der Fähre (German Edition)
vernichtet!»
«Sie hätten ihn umgebracht?»
Er lachte.
«Es gibt weit bessere Methoden, einen Menschen zu zerstören, als ihn umzubringen. Ich hätte seine Karriere zerstört. Und glauben Sie mir, das sind keine leeren Drohungen. Möglichkeiten boten sich zur Genüge.»
Was Ferrari gar nicht erst zu bestreiten wagte.
«Ich war gestern bei Ihrer Tochter. Ich musste ihr die Todesnachricht überbringen.»
«Auch das weiss ich. Und sie benahm sich Ihnen gegenüber sehr taktlos.»
«Das habe ich dem Schock zugeschrieben.»
«Vielen Dank für Ihr Verständnis. Frank Brehm hat Olivia auf dem Gewissen. Sie ist nicht mehr die Frau, die sie einmal gewesen ist. Er spielte mit ihr. Wenn er sie brauchte, wenn er wieder einmal seinen Kopf nicht durchsetzen konnte, dann lag er ihr zu Füssen. Hatte er sein Ziel erreicht, liess er sie einfach fallen. Und sie hat alles, ohne zu klagen, mit sich geschehen lassen.»
«Haben Sie nie mit ihr darüber gesprochen?»
«Aber sicher … hundert Mal … tausend Mal. Doch je mehr ich gegen Frank intervenierte, intrigierte nannte sie es, je mehr ich versuchte, ihr die Augen zu öffnen, desto weiter habe ich sie ihm in die Arme getrieben. Das Sprichwort ‹Liebe macht blind› hat schon seine Berechtigung.»
«Haben Sie mit ihr gestern gesprochen?»
«Nein. Ach, Sie wollen wissen, woher ich über Ihren Besuch orientiert bin? Hans, Dr. Hauswirth, rief mich an.»
«Ist er für Sie tätig?»
«Ja, er ist einer unserer Anwälte und gehört praktisch zur Familie.»
«Wie steht er zu Frau Vischer?»
«Zu Olivia? Sie sind Freunde.»
«Mehr nicht?»
«Vorsicht, Herr Ferrari!», mahnte er den Kommissär, ergänzte dann aber, «Hans … Hans liebt Olivia seit dem gemeinsamen Studium. Aber sie erwiderte seine Liebe nicht. Obwohl es mir viel lieber gewesen wäre, wenn Olivia Hans geheiratet hätte.»
«Sie haben gemeinsam studiert?»
«Ja, was ist daran so sonderbar?»
«Nichts», sagte der Kommissär tonlos. Olivia Vischer war also auch eine Kommilitonin von Staatsanwalt Borer.
«Ist Dr. Hauswirth verheiratet?»
«Er ist Junggeselle.»
«Weiss Ihre Tochter, dass er sie liebt?»
«Keine Ahnung. Olivia hatte nur Augen für den einen, den Auserwählten», fügte er bissig hinzu.
«… der jetzt tot ist.»
«… und damit ist der Weg frei für einen anderen. Eine sehr einfache Sicht der Dinge, Herr Ferrari. Geradezu enttäuschend einfach.»
«Aber immerhin ein Motiv.»
«Wenn Sie meinen. Das zu beurteilen, muss ich Ihnen überlassen.»
Die Liste der Verdächtigen nahm mit jedem Besuch zu.
«Aus welchem Grund haben Sie mich hierher bestellt, Herr Vischer?»
«Können Sie sich das nicht vorstellen?»
«Um ehrlich zu sein, es gibt sicher mehrere Gründe dafür.»
«Ich wollte Ihnen in erster Linie reinen Wein über den ehrenwerten Künstler einschenken. Sie haben bestimmt und Sie werden bestimmt noch mit einigen Personen über Frank Brehm sprechen. Die meisten von denen haben etwas, einige sogar viel zu verlieren. Die meisten fürchten sich auch vor den Konsequenzen. Keiner kann genau abschätzen, was eine negative Bemerkung über Frank Brehm für Auswirkungen hat. Ich muss nichts befürchten. Ich wollte ehrlich meine Meinung über Frank Brehm äussern. Damit Sie in den weiteren Gesprächen den Charakter dieses Mannes besser analysieren können. Frank war egoistisch, ein ehrgeiziger Emporkömmling, ein Trittbrettfahrer, der alle Leute um sich herum nur ausnutzte. Zugegeben, er war genial, als Künstler einzigartig, aber gibt ihm dies das Recht, andere Menschen nur für seine Zwecke zu missbrauchen?»
«Hat er Ihre Tochter betrogen?»
«Mit Sicherheit! Beweisen konnte ich es ihm nie. Es wäre auch sinnlos gewesen. Hätte ich Olivia mit Tatsachen konfrontiert, mit knallharten Fakten, hätte ich damit genau das Gegenteil bewirkt.»
«Haben Sie eine Vermutung, wer ihn umgebracht haben könnte?»
«Nein! Nein, das habe ich nicht.»
Herr Vischer schien seinen Ausführungen nichts mehr hinzufügen zu wollen. Ferrari erhob sich. An der Wand hing ein grosses Gemälde von Frank Brehm. Vischer folgte den Blicken des Kommissärs.
«Olivia wollte es so. Ich kann ihr einfach nichts abschlagen. Herr Ferrari, lassen Sie meine Tochter in Ruhe, sie hat genug gelitten. Ich will nicht, dass man sie noch weiter verletzt. Haben wir uns verstanden?»
«Ich habe Sie verstanden, Herr Vischer, es war unmissverständlich.»
Ferrari bewegte sich langsam zum Ausgang. Er drehte sich nochmals
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