Tod auf der Fähre (German Edition)
wirklich. Wenn ich an meine Mutter denke. Immer liebenswürdig, aber stur wie ein Maulesel.»
«Du glaubst es nicht, kaum waren sie weg, begann der Zoff.»
«Ach, meine Mutter war auch mit von der Partie? Weshalb habt ihr euch eigentlich gestritten?»
«Immer das gleiche Lied. Ich frage sie am Mittag, ob sie noch Hausaufgaben habe. Sie sagt Nein. Sie zieht auf den Schulhofplatz ab. Dann kommt sie müde nach Hause, setzt sich ins Zimmer und erledigt die Hausaufgaben.»
Den Rest der Geschichte konnte sich Ferrari zusammenreimen. Nikki war dann übermüdet und wenn die Hausaufgaben nicht locker von der Hand gingen, begann sie auszurasten.
«Francesco, würdest du bitte …»
«Ich gebe mein Bestes.»
Er klopfte vorsichtig an Nicoles Zimmertüre.
«Hallo, mein Schatz, wie geht es dir?»
«Mami ist total blöd.»
«Das darfst du nicht sagen. Du weisst, dass es nicht stimmt.»
«Immer schimpft sie mit mir.»
«Aber doch nicht ohne Grund, oder?»
«Jetzt hilfst du ihr auch noch.»
«Mami sagt, dass du sie heute Mittag beschwindelt hast.»
«Sie hat nicht richtig zugehört.»
«Ach ja, würdest du mir das bitte genauer erklären?»
«Ich sagte, dass ich fast keine Aufgaben habe. Und sie hat verstanden, dass ich keine Aufgaben habe.»
«Na ja, das kann schon mal passieren. Zeigst du mir, was du für Aufgaben hast?»
Zögernd nahm sie das Mathematikheft zur Hand.
«Von hier bis hier», erklärte sie, was immerhin drei Seiten bedeutete.
«Und das sind für dich wenig Aufgaben?»
«Hm, es waren schon mehr.»
«Hör zu, Liebes, wir beide wissen, dass Mathe nicht gerade dein stärkstes Fach ist. Und ich bin auch der Meinung, dass drei Seiten Aufgaben nicht nur ein bisschen sind. Ich glaube, dass du jetzt ohne zu murren deine Hausaufgaben erledigen solltest, bevor ich böse werde. Und noch etwas, junge Dame, ich erwarte von dir, dass du dich für dein Benehmen bei Mami entschuldigst. So geht das nicht. Hast du mich verstanden?»
Nikki hörte aus dem verschärften Ton heraus, dass es langsam ernst wurde. Sie schob ihn aus dem Zimmer.
«Ich muss jetzt meine Aufgaben machen. So werde ich niemals fertig.»
«Vergiss bitte nicht, was ich gesagt habe, Nikki.»
Nikki drückte ihre Türe zu. Auf dem Weg ins Wohnzimmer hörte Ferrari, dass Nikki etwas gegen die Wand warf. Er blieb stehen, entschloss sich dann aber, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Monika sass am Wohnzimmertisch und blätterte eine Illustrierte durch. Das war genau das Richtige, um ein wenig abzuschalten, dachte Ferrari und zog sich in die Küche zurück. Nach einer Weile öffnete er eine Flasche Rotwein, füllte zwei Gläser bis zur Hälfte und reichte Monika eines.
«Auf uns, Liebes.»
Monika lächelte.
«Auf uns! Manchmal fällt mir einfach die Decke auf den Kopf. Und du bist dann mein Sündenbock.»
«Ich bin halt derjenige, der gerade zur Stelle ist.»
«Wenn wir uns streiten, dann immer nur wegen Nicole. Und wegen unserer Verwandtschaft.»
«Wenigstens streiten wir uns noch. Stell dir vor, wie langweilig es wäre, wenn wir nur noch friedlich vor dem Ofen sitzen würden und uns nichts mehr zu sagen hätten. Wenn wir uns nicht streiten, können wir uns danach auch nicht versöhnen.»
Sie seufzte.
«Ach, Francesco, manchmal hast du es nicht einfach mit mir. Ich aber auch nicht mit dir.»
«Also bitte!», protestierte Ferrari.
«Meine Freundinnen beneiden mich immer um dich. Aber sie kennen nur die eine Seite von dir. Du kannst dich sehr gut verstellen, genau wie Nicole. Du kannst sehr charmant sein, aber manchmal, mein lieber Schatz, bist du unausstehlich. Da sollten dich meine Freundinnen einmal sehen! Francesco Ferrari, der italienische Macho und Patriarch.»
Nikki trat ins Wohnzimmer und erlöste Ferrari aus diesem unangenehm werdenden Gespräch.
«Würdest du bitte die Resultate kontrollieren, Francesco?»
«Das kann Mami genauso gut wie ich.»
«Ich möchte, dass du das machst», sagte sie bestimmt.
Ferrari nahm einen Schluck Rotwein und sah die Rechnungen durch.
«Hier, das Resultat der vierten und der achten sind falsch.»
«Mach mit dem Bleistift einen Punkt neben das Ergebnis, dann rechne ich es nochmals durch.»
Nicole nahm das Aufgabenheft unter den Arm.
«Ich gehe jetzt schlafen, gute Nacht, Francesco … gute Nacht, Mami.»
«Moment mal, kleine Lady, du hast etwas vergessen.»
«Gute Nacht, Mami. Es tut mir Leid …», murmelte sie mit zusammengebissenen Zähnen und huschte davon. Monika kuschelte sich auf
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