Tod auf der Fähre (German Edition)
um.
«Herr Vischer, haben Sie Frank Brehm ermordet oder ermorden lassen?»
«Ich habe mit dem Mord an Frank Brehm nichts zu tun. Es ist mir jemand zuvorgekommen!»
Ferrari wischte sich den Schweiss von der Stirn, als er mit dem Fahrstuhl nach unten fuhr. Er zweifelte keine Sekunde daran, dass Vischer die Wahrheit gesagt hatte. Der Portier wartete bereits auf ihn, führte ihn zur Drehtüre, bedankte sich für seinen Besuch und wünschte ihm einen schönen Tag.
Schön? Na ja, vielleicht wird er es ja noch. Ferrari war in Gedanken versunken. Albert Vischer machte aus seiner Ablehnung seinem Schwiegersohn gegenüber keinen Hehl. Er gehörte somit ebenso zu den Tatverdächtigen wie Dr. Hans Hauswirth. Väterliche Liebe und blinde Eifersucht, beides könnte ein Tatmotiv sein.
Das Geschrei spielender Kinder riss Ferrari aus seinem Grübeln. Er stand vor dem Horburgpark. Er zögerte. Sollte er oder sollte er nicht? Doch, wenn er schon einmal hier war, dann wollte er seiner alten Heimat einen Besuch abstatten. Er trat durch das Gartentor in den Park. Mein Gott, wie sich das alles verändert hatte. Ferrari setzte sich auf eine Bank am Rande des Kinderplanschbeckens. Heute war das runde Becken leer, also Zeit, um darin zwei gegen zwei Fussball zu spielen. Wie früher, als die Schweizer Jungs gegen die damals fremden Italiener im Quartier spielten. Im Laufe der Zeit hatten sich die Menschen, die Häuser und die Umgebung gewandelt. Nach und nach verliessen die Schweizer das Quartier, zogen in bessere Wohnviertel. Und so rückten andere Nationen nach. Ferrari beobachtete die vielen fremdländischen Kinder. Sie würden es schwer haben, sich hier zu assimilieren. Irgendwie komisch, dachte er. Erst diese Menschen, die aus einem anderen Kulturkreis zu uns kamen, haben es ermöglicht, dass aus den Italienern echte Schweizer wurden. Ferrari fühlte sich hier nicht mehr zu Hause. Er schloss die knarrende Eisentüre am Nordende des Parks und ging durch den Wiesenschanzweg zur Tramhaltestelle. Sogar sein altes Wohnhaus hatten sie abgerissen. Er hätte die Vergangenheit ruhen lassen sollen. Ferrari seufzte und stieg in den Achter.
9. Kapitel
Zu Hause hing der Haussegen schief. Er hörte Monika und Nikki heftig streiten. Monika war kurz vor der Explosion.
«Sie macht mich fertig, dieses kleine Biest. Ich kann sagen, was ich will, sie hat immer eine Ausrede und das letzte Wort.»
«Nun aber mal halblang, Schatz.»
«Das ist doch die Höhe! Du kommst rein, fragst überhaupt nicht, worum es geht, aber ergreifst ihre Partei.»
«Ich habe doch gar nichts gesagt.»
Nicole nutzte die Gelegenheit, um sich zu verdrücken.
«Wer ist hier den ganzen Tag mit der trotzigen Kleinen alleine zu Hause, wer?», schrie Monika Ferrari an.
«Ich arbeite …»
«Wunderbar, du gehst deiner Lieblingsbeschäftigung nach. Du suchst nach deinen Mördern. Und dann kommst du am Abend nach Hause und fragst: Liebe Nikki, was hat dir denn deine böse Mami wieder getan? Du machst es dir verdammt einfach, Francesco! Aber ich habe die kleine Hexe von morgens bis abends am Hals.»
«Aber am Wochenende …», protestierte Ferrari und löste damit einen weiteren Wutanfall aus.
«Dass ich nicht lache! Wenn der Herr zur Abwechslung mal ein ganzes Wochenende zu Hause ist, was passiert dann? Dann herrscht eitel Sonnenschein. Mein Fräulein Tochter benimmt sich, wie sich ein gut erzogenes Töchterchen zu benehmen hat. Ha! Genauso, wie sie sich bei den lieben Grossmüttern benimmt.»
Oje, dachte Ferrari, hatte Monika womöglich heute die beiden Grossmütter aushalten müssen?
«Du hättest heute Nachmittag hören sollen, was hier drinnen abging. Meine liebe Mutter konnte sich gar nicht vorstellen, dass Nikki ausrasten kann. Es ist doch alles übertrieben. Ich kam mir vor wie eine hysterische Kuh. Sie sollte einmal miterleben, wie das ist, wenn Nicole ausflippt. Aber da kann ich lange warten. Meine Tochter ist viel zu raffiniert!»
Monika kochte vor Wut.
«Laufend muss ich mir anhören, dass ich Nikki falsch erziehe. ‹Monika, ich will dir ja nicht in deine Erziehung dreinreden, aber du solltest dies … du solltest das!› Und als krönenden Abschluss des Tages kommst du nach Hause und bläst ins gleiche Horn.»
«Ich habe doch gar nichts gesagt, Liebling …»
Ferrari nahm Monika in den Arm und spürte, wie ihre Wut langsam verebbte.
«Entschuldige, Francesco, es tut mir Leid. Aber manchmal schafft mich das Kind. Und meine Mutter.»
«Das verstehe ich
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