Tod auf der Fähre (German Edition)
genommen, soviel ich weiss. Aber bei Frank galt die Devise, dass er alles einmal ausprobieren musste.»
Ferrari erhob sich.
«Ich bedanke mich für das aufschlussreiche und offene Gespräch. Es hat mir in Bezug auf das Bild, das ich mir über Herrn Brehm machen muss, sehr weitergeholfen.»
Wohlfahrt hakte sich freundschaftlich beim Kommissär unter und führte ihn durch die Ausstellung. Ferrari erhielt eine umfassende Einführung in das Werk von Frank Brehm. Die Galeriemitarbeiter waren gerade damit beschäftigt, die alten Preisschilder durch neue zu ersetzen. Wohlfahrt lächelte verschmitzt.
«Es gibt nur noch wenige Brehms. Die haben ihren Preis.»
Der Kommissär musste die Fülle der Informationen, die auf ihn einprasselten, zuerst einmal verarbeiten. Zudem war sein Bedarf an Kunst für heute mehr als gedeckt.
«So, das wars fürs Erste. Vielen Dank, Herr Wohlfahrt.»
«Herr Ferrari, jetzt möchte ich Ihnen noch zwei Fragen stellen.»
«Bitte, wenn ich sie beantworten kann.»
«Aus welcher Gegend in Italien stammen Sie?»
«Ich? Ich komme aus der Toscana …», brummte ein sichtlich genervter Ferrari in reinstem Basler Dialekt.
«Oh, eine wunderschöne Gegend. Und der Wein erst, superb! Dass Sie es überhaupt bei uns aushalten, das kann ich gar nicht begreifen.» Und nach einer Pause fuhr er fort. «Ich habe die ganze Zeit darauf gewartet, dass Sie mich nach meinem Alibi fragen, so wie in Fernsehkrimis. Gehöre ich nicht zu den Verdächtigen?»
Ferrari musste lachen.
«Ich habe nicht im Traum daran gedacht, dass Sie der Mörder sein könnten. Aber, wenn es Sie beruhigt, dann frage ich Sie jetzt nach Ihrem Alibi.»
«Ich habe keines. Ich bin zu Hause gewesen. Meine Frau befindet sich im Moment in den USA. Sie hält an einer medizinischen Fakultät ein Referat. Ist es schlimm, dass ich kein Alibi habe?»
«Das wird sich zeigen, Herr Wohlfahrt. Aber seien Sie beruhigt, es ist nicht immer derjenige der Mörder, der kein Alibi hat.»
Ferrari liess einen nachdenklichen Galeristen zurück.
8. Kapitel
Steinchen um Steinchen setzte Ferrari das Lebensmosaik von Frank Brehm zusammen. Was er bisher gehört hatte, liess auf einen egozentrischen Künstler schliessen, der ausgebrannt war, Alkohol und vermutlich auch Drogen konsumierte, sich immer am Limit bewegte, im roten Bereich, wie es Wohlfahrt so schön formuliert hatte. Eine ausgehöhlte Kreatur, in höchster Torschlusspanik. Mögliche Täter gab es einige. Die Ehefrau, allein gelassen mit ihrer verratenen Liebe, ein betrogener Ehemann, der Brehm in flagranti mit seiner Frau erwischte, oder etwa doch der Galerist, der seine beste Einnahmequelle versiegen sah? Ferrari befürchtete, dass sich die Liste der möglichen Täter laufend erweitern würde, je mehr er in diesem Fall ermittelte.
Auf seinem Schreibtisch lag ein Zettel, unverkennbar die Schrift von Staatsanwalt Borer.
Melden Sie sich unverzüglich bei mir. Wenn ich nicht zu erreichen bin, dann finden Sie sich um 14.00 Uhr in der Kleinhüningerstrasse, in der Zentrale von Contentis, ein. Verlangen Sie Albert Vischer. Falls Sie einen anderen Termin abgemacht haben, sagen Sie ihn ab. Und seien Sie pünktlich. Borer P.S. Stellen Sie endlich das verdammte Handy auf Empfang!
Borer war nirgends zu finden. Und so fuhr der Kommissär mit dem Achter ins Kleinbasel. Kleinhüningen, Wiesenschanzweg, Rheinhafen. Sofort waren sie da, die Bilder aus Ferraris Kindheit. Stundenlang hatte er im Hafen dem Entladen und Bepacken der Frachtkräne zugeschaut. Am Ufer stapelten sich Hunderte von farbigen Containern, heute wie damals. Stumme Zeugen einer grossen weiten Welt. Ferrari stieg aus und erreichte in wenigen Minuten die prachtvolle, ehrwürdige Villa, einst ein Herrschaftssitz, heute der Hauptsitz von Contentis. Von hier aus wurden also die Geschicke eines riesigen erfolgreichen Pharmakonzerns geleitet.
Ferrari trat durch die Schwingtür und steuerte auf den Empfang zu. Zwei Portiers hingen gelangweilt hinter einer ovalen Theke herum. Sie musterten ihn abschätzend und kamen anscheinend zum Schluss, dass er hier fehl am Platz sei.
«Guten Tag.»
«Tag», kam das Echo geradezu beleidigend zurück.
«Ich habe um 14 Uhr einen Termin.»
«Ach ja, mit wem, bitte?»
«Mit Herrn Vischer, mit Herrn Albert Vischer.»
Erstaunlich, was der Name auslöste. Die zwei standen innert Sekunden stramm. Der eine fingerte nervös an seiner Krawatte herum. Sie hing schief. Ferrari warf ihm einen tadelnden Blick zu.
«Wen darf
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