Tod auf der Fähre (German Edition)
spielte sich auf ein paar wenigen Quadratkilometern ab und war eher beschaulich. Zum Glück. Nicht auszudenken, wenn es hier wie in Berlin, Frankfurt oder New York zugehen würde – Ferrari müsste dann wie Kojak von einem Mord zum anderen hetzen! Ferrari tastete sich übers Haar. In einigen Jahren wird wohl eine gewisse Verwandtschaft zu Kojak nicht zu leugnen sein …
Olivia Vischer empfing ihn persönlich und, was Ferrari angenehm berührte, ohne Hauswirth. Er nahm sich vor, standhaft jeglichem Alkohol zu entsagen, falls sie ihm ein Glas anbieten würde. Die Erfahrung, die er in der ersten Begegnung machen durfte, reichte vorerst.
«Setzen Sie sich bitte, Herr Ferrari. Einen Drink?»
«Nein. Vielen Dank. Ich habe beim letzten Besuch einen Cognac zu viel erwischt. Aber gegen eine Tasse Kaffee hätte ich nichts einzuwenden.»
Sie lachte.
«Mit Milch und Zucker?»
«Nur Milch, bitte.»
Einige Minuten später kam sie mit einem Tablett zurück.
«Meine Hausangestellten haben heute ihren freien Tag. Immer donnerstags. Das ist gut so. Ich schätze sie dann umso mehr, wenn sie wieder da sind.»
Olivia Vischer war eine äusserst attraktive Frau. Sie trug Schwarz, ob wirklich als Zeichen der Trauer oder nur, weil es üblich war, konnte er nicht beurteilen.
«Ich muss mich noch wegen meines Benehmens entschuldigen.»
«Ich bitte Sie, der plötzliche Tod … die Umstände …»
«Nett, dass Sie das sagen. Aber es gibt für diesen Fauxpas keine Entschuldigung. Wissen Sie, es hat sich in der letzten Zeit zugespitzt. Wir stritten öfters.»
«Ich muss Ihnen einige unangenehme Fragen stellen. Es lässt sich leider nicht vermeiden. Ich muss so viel wie nur möglich über den Menschen Frank Brehm wissen.»
«Fragen Sie ohne Rücksicht darauf, dass ich eine Vischer bin und dass Ihnen mein Vater bereits das Messer an den Hals gesetzt hat.»
Ferrari verzog sein Gesicht zur Grimasse.
«Mein Vater meint es nicht böse. Er will mich nur beschützen. Wie er es sein ganzes Leben lang getan hat. Ich bin für ihn immer noch das kleine Mädchen, die liebe, kleine Olivia.»
Ferrari rutschte nervös auf seinem Stuhl hin und her.
«Es ist für mich nicht ganz einfach, Frau Vischer. Ihre Familie verfügt in Basel über, sagen wir, grosses Ansehen.»
«… und Ihr Chef ist ein Studienfreund von mir, vergessen Sie das nicht.»
Wie hätte er das vergessen können.
«Das kommt noch dazu.»
«Sie können beruhigt sein. Ich hatte ein längeres Gespräch mit Jakob. Er sagte, Sie seien sein bester Mann. Prädestiniert für diesen Fall. Sie würden praktisch alle Fälle im Alleingang lösen und können sich immer der jeweiligen Situation anpassen. Sie seien sehr taktvoll. In diesem Fall besonders wichtig, denn wir wollen nicht», dabei verfiel sie in den stark akzentuierten Basler Dialekt, «dass man vor unserer Türe kehrt und Staub aufwirbelt. Nun denn, Inspektor Colombo, stellen Sie Ihre Fragen.»
Ferrari wusste nicht, ob er dies als Kompliment oder als Beleidigung auffassen sollte.
«Fassen Sie es als Kompliment auf. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Sie den Fall lösen … ob es Sinn macht, sei dahingestellt.»
Die letzte Bemerkung klang sehr eigenartig.
«Weshalb soll es keinen Sinn machen, Frau Vischer?»
«Tote soll man ruhen lassen. Und Tote wie Frank erst recht. Wenn Sie den Mörder finden, geht der ganze Rummel wieder von vorne los. Frank hatte wenig Privatsphäre, war eine Person des öffentlichen Interesses. Keine ‹Schweizer Illustrierte› ohne den letzten Klatsch über Frank. Keine ‹Basler Zeitung› ohne Loblied über den bedeutendsten Sohn unserer Stadt. Aber Frank war, vor allem in den letzten Jahren, nicht die Person, die man aus den Medien kannte. Er war krank, krank vor Ehrgeiz. Er musste immer pompösere Werke schaffen, immer der Konkurrenz noch einen grösseren Schritt voraus sein. Und dieses ständige Sich-am-Limit-Bewegen kostete Kraft. Man hat richtig zusehen können, wie sich seine Batterien langsam entleerten.»
«Mir ist immer noch nicht klar, weshalb ich den Täter nicht finden soll.»
«Frank hat sich in der letzten Zeit in … na ja … eigenartigen Kreisen bewegt. Er steckte seine Grenzen immer weiter.»
«Wie meinen Sie das?»
«Ich habe erstmals vor zwei Monaten mitbekommen, dass er Kokain schnupft und …», sie hatte sichtlich Mühe, darüber zu sprechen, «auch seine sexuellen Vorlieben wurden immer sonderbarer.»
«Sie wussten davon?»
«Blind bin ich ja nun auch nicht. Er hat
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