Tod auf der Fähre (German Edition)
mich wahrscheinlich vom ersten Augenblick an betrogen. Aber in den vergangenen Monaten ging es bei ihm drunter und drüber. Ich möchte nicht weiter darauf eingehen, Herr Ferrari. Es ist für mich sehr schwer, über meinen Mann und seine Verhältnisse zu anderen Frauen zu sprechen. Vor allem, wenn ich daran denke, mit welchen Frauen er ins Bett ging.»
«Das kann ich gut verstehen. Ich bin Ihnen dankbar dafür, dass Sie so offen mit mir reden. Wie haben Sie Frank Brehm kennen gelernt?»
«Das war an einer Vernissage bei Torsten, bei Herrn Wohlfahrt. Es war Liebe auf den ersten Blick. Klingt ziemlich abgedroschen, nicht wahr?»
«Das finde ich nicht. Bei meiner Freundin und mir hat es auch auf Anhieb gefunkt.»
«Frank war ein gut aussehender junger Mann mit grossartigen Ideen. Wir diskutierten nächtelang über seine Projekte und über Gott und die Welt. Er war sehr einfühlsam, ein guter Zuhörer und gab mir die Geborgenheit, die mir nie zuvor jemand geben konnte. Wir heirateten, gegen den Willen meines Vaters. Aber als er sah, wie glücklich ich war, hat er klein beigegeben. Wir haben einige unvergleichlich schöne Jahre zusammen erlebt. Dafür bin ich ihm unendlich dankbar. Wenn ich mein Leben Revue passieren lasse, muss ich unter dem Strich sagen, dass ich trotz allen negativen Erlebnissen die Zeit mit Frank nicht missen möchte. Ich würde alles noch einmal so machen. Sogar dann, wenn ich wüsste, wie es endet.»
«Sie haben ihn geliebt.»
«Ich liebe ihn noch immer, ich liebe ihn über den Tod hinaus. Es wird in meinem Leben nie wieder einen Mann wie Frank Brehm geben. Er war einzigartig.»
«Aber er veränderte sich mit der Zeit.»
«Der Erfolg ist ihm zu Kopf gestiegen. Das war für mich eine Erkenntnis, die mein Weltbild ins Wanken brachte. Frank spottete nur noch über seine Kollegen. Sie seien kleinkariert, Ignoranten, Flachmaler, die besser als Anstreicher ihr Brot verdienen sollten. Und er empörte sich über jede negative Kritik in der Zeitung. Frank begann einen Kleinkrieg mit allen und jedem.»
«In welcher Beziehung?»
«Sie hätten einmal miterleben sollen, wenn Herbie eine Ausstellung gestaltete.»
«Sein Assistent?»
«Herbert Kuhn. Herbie war für die Kleinarbeit verantwortlich.»
«Wie standen die beiden zueinander?»
«Herbie liebte ihn genauso wie ich … auf eine andere Art. Er vergötterte ihn als Künstler. Ich liebte den Menschen Frank Brehm. Wahrscheinlich hat ihn Herbie noch mehr geliebt als ich.»
«Kennen Sie Kuhns Freundin?»
«Isa? Ich habe sie einige Male an Vernissagen getroffen. Wir haben einige Worte miteinander gewechselt. Sie ist ein bisschen verschlossen, aber sehr sympathisch.»
«Isa?»
«Isabelle Piatti. Weshalb fragen sie nach ihr?»
«Ach nur so. Ich habe gehört, dass sie sich zurzeit in der Psychiatrischen Universitätsklinik befindet.»
«Eine traurige Sache. Ich sprach mal kurz mit Herbie darüber. Sie hat psychische Probleme. Sie kommt mit dem Leben nicht zurecht und Herbie hat auch nicht die Kraft, ihr den Rücken zu stärken. Kennen Sie Herbert Kuhn?»
«Nein, noch nicht. Er steht aber ganz oben auf meiner Liste.»
«Ein grossartiger junger Mann.»
«Ich muss, so Leid es mir tut, nochmals auf eine Bemerkung von Ihnen zurückkommen. Sie sagten, Frank Brehm hatte eine Vorliebe für eigenartige Sexpraktiken entwickelt.»
Sie seufzte tief. «Muss das sein?»
«Wenn es Sie zu sehr belastet, werde ich nicht weiterbohren. Es könnte mir aber helfen.»
«Also gut. Frank war ein Mensch, der nichts auslassen wollte. Er hatte immer Angst davor, in seinem kurzen Leben etwas zu verpassen. Auch Sadomaso und Ähnliches probierte er aus.»
«Verstehe. Wie stand es mit Männerbekanntschaften?»
«Um Himmels willen! Da sind Sie nun aber total auf der falschen Fährte. Homosexualität war ihm ein Gräuel. Einige seiner Kollegen waren schwul. Um die hat er einen grossen Bogen gemacht.»
«Wer hat ihn umgebracht?»
Sie überlegte lange.
«Frank hat sich, wie bereits gesagt, mit allen und jedem überworfen. Er war ein Mann ohne Freunde. Aber dass ihn jemand ausreichend hasste, um ihn umzubringen? Das kann ich mir nicht vorstellen.»
«Es gibt viele Motive.»
«… unter anderem auch Eifersucht!»
«Die gehört auch dazu.»
«Ich bin nicht eifersüchtig gewesen, nicht mehr. Ich habe resigniert, Herr Ferrari, ob Sie es mir glauben oder nicht. An dem Tag, an dem er mir zu verstehen gab, dass er mich nicht mehr brauche, hat er mich verlassen und mein Leben
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