Tod auf der Koppel
erreicht hat.«
»Genau. Du hast auf deine Uhr geschaut, die auf deinem Tisch lag, und gesagt: >Immer unterbrecht ihr mich, wenn es gerade besonders gut läuft.< Es tut mir leid, daß mir das erst jetzt wieder einfällt.«
»Was für unmögliche Leute!« dachte Jim. »Warum hat der alte Kauz nicht eher daran gedacht? Wahrscheinlich hat er sich wieder in seinen Tacitus vergraben.« Recht erleichtert meinte er: »Dann ist ja alles in Ordnung. Sicher liegt die Uhr irgendwo bei euch.«
Augusta schüttelte energisch den Kopf. Sie konnte sehr praktisch sein, wenn es galt, irdische Güter wiederzufinden oder zu erwerben. »Bei uns ist sie bestimmt nicht. Die Haushälterin hat alles bis in den letzten Winkel durchsucht. Ich finde ja so schnell nichts; aber sie hat keine Mühe gescheut. Ohne Erfolg. Ihr seid ganz sicher, daß die Uhr nicht irgendwo bei euch liegt?«
»Das ist doch unmöglich, Mutter, wenn Vater sie gestern abend bei euch gesehen hat«, erwiderte Annabel ungeduldig. »Sie kann nur bei euch sein. Das Haus verliert doch nichts, und gestohlen hat sie auch niemand. Sie wird sich schon irgendwo wiederfinden.«
»Gestohlen?« wiederholte ihr Vater gedehnt. »Vielleicht ist sie tatsächlich gestohlen worden... Dummerweise besteht deine Mutter darauf, im Verandazimmer zu arbeiten. Da kann sich leicht jemand einschleichen.«
Augusta blickte ihn strafend an. »Was verlangst du eigentlich von mir? Soll ich vielleicht im Haus arbeiten, wo mich das ständige Putzen und Saubermachen stört?«
Ihre Worte drückten einen solchen Abscheu aus, als erzählte sie von irgendwelchen Unanständigkeiten. Annabel überlegte, wie gut es ihre Mutter doch habe: Sie brauchte dem Abwasch nur zuzuhören. Sie wäre glücklich gewesen, wenn sie mit ihr hätte tauschen können! Aber sie sagte nur: »Es kann schon sein, daß jemand über die Veranda ins Haus gekommen ist, während du beim Abendessen warst. Für wahrscheinlich halte ich das allerdings nicht. Schließlich habt ihr ehrliche Nachbarn.« Sie sah auf die Uhr und sagte dann: »Ich hoffe, daß deine goldene Uhr bald wieder auftaucht. Du kannst mich ja anrufen. Und jetzt bleibt ihr zum Essen!«
Horace Wharton stand augenblicklich auf. »Der arme Kerl!« dachte Jim. »Er sieht heute recht angegriffen aus. Aber es ist ja auch kein Leben, sich immerzu nach dieser Frau richten zu müssen!«
»Nein, Kind, wirklich nicht«, erklärte Horace fest. »Wir wollten dich lediglich wegen der Uhr fragen. Es tut uns leid, wenn wir euch aufgehalten haben. Aber ich weiß ganz bestimmt, daß ich sie gestern abend noch gesehen habe. Wir wollen gleich nach Hause fahren und noch einmal suchen.«
Jim begleitete sie zum Tor. Er war sehr erleichtert, als er sich von ihnen verabschiedete. »Wenn ihr die Uhr trotzdem nicht findet, dann solltet ihr besser die Polizei informieren.« Als er mit Annabel zum Haus zurückging, meinte er beiläufig: »Dein Vater sieht heute sehr schlecht aus. Deshalb habe ich nichts von Hawkins’ Tod erzählt.«
Eben wollten sie hineingehen, da kam Millar den Weg zum Haus herunter. Sie hatten sein Auto nicht kommen hören. Annabels erste Reaktion war: »Gott sei Dank ist er nicht mit den Eltern zusammengetroffen. Sonst hätten sie ihn durchlöchert mit Fragen wegen der Uhr.« Ihr zweiter Gedanke war: »Er hat etwas gefunden. Gott sei Dank! Jetzt braucht Jim nichts weiter zu unternehmen.«
Ihr Mann hingegen dachte beim Anblick des Sergeanten: »Jetzt ist es mit dem Frieden endgültig vorbei.« Er ging ihm langsam entgegen.
Noch ehe Millar richtig im Zimmer war, kam er schon zur Sache: »Ich muß Sie etwas fragen, Jim... Dürfte ich Sie allein sprechen?«
»Das können Sie gern«, antwortete Annabel an Jims Stelle. »Ich habe sowieso noch zu tun.« Sie verließ das Zimmer.
»Es tut mir leid, Jim, wenn »ich Sie störe«, fuhr Millar fort. »Aber ich muß Sie etwas fragen. Als Sie Hawkins fanden, haben Sie ihn da umgedreht?«
Jim blickte mit seinen hellen blauen Augen den Sergeanten unverwandt an. »Natürlich nicht. Ich habe mich niedergekniet und nach seinem Puls gefühlt. Aber ich habe ihn nicht weiter bewegt. Er war tot. Daran gab es überhaupt keinen Zweifel.«
»Das habe ich mir bereits gedacht. Sie sind schließlich ein vernünftiger Mensch. Aber wissen Sie, was mich stört? Jock hat doch gar nicht von dem Zaun wegkriechen können. Jedenfalls nicht ohne fremde Hilfe. Mir ist unverständlich, weshalb ich nicht gleich darauf gekommen bin. Mir fiel es erst auf, als
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