Tod auf der Koppel
Spur hinterlassen hat. Und Pech für den Mörder.«
Der Mörder! Jim vermochte es nicht zu fassen, daß die Gestalt des Mörders immer greifbarere Gestalt annahm. Ein Mörder! Hier bei ihnen! In dieser stillen, friedlichen Gegend!
»Dann kletterte der Kerl ihm hinterher«, fuhr der Inspektor ungerührt fort. »Schade, daß nicht auch von seiner Jacke ein Stück Stoff an dem Stacheldraht hängen geblieben ist. Das hätte uns ein ganzes Stück weitergeholfen. Dann hat er den Körper weggezogen. Sehen Sie da die Spuren im Staub, die sich auf dem Gras fortsetzen? Er hat ihn ein paar Meter weit geschleift und ließ ihn dann liegen. Dabei hat er vergessen, ihn umzudrehen. Gott sei Dank macht jeder Verbrecher Fehler. Sonst könnten wir einpacken.«
Jim konnte nur hilflos von Wright zu Millar starren und entsetzt stammeln: »Aber wer? Wer kann ihn bloß ermordet haben?«
Der Inspektor zuckte mit den Schultern. »Genau das müssen wir herausfinden«, meinte er trocken.
Sergeant Millar nahm Jim wieder im Auto zurück. Langsam ging er ins Haus zu Annabel. Sie saß am Fenster und nähte. Er setzte sich neben sie, legte den Arm um ihre Schultern und sagte ruhig: »Es war richtig so. Der Kriminalinspektor hat alles notiert. Die Sache liegt so, wie wir befürchtet haben.«
»Das heißt...«
»Er sagt, Jock sei nicht auf der Koppel gestorben. Er sei erst nach seinem Tod dorthin gebracht worden und dann ein Stück über den Boden geschleift worden.«
»Dann... Dann war es also nicht Fatal Lady? O Jim, ich bin so froh, daß sie unschuldig ist!«
Er streichelte ihr Gesicht. »Nein, es war nicht Fatal Lady. Das ist das einzig Erfreuliche an dieser Sache. Der Inspektor hält es für sicher, daß Hawkins von Menschenhand umgebracht wurde.«
»Wie furchtbar!«
Jim erläuterte ihr Wrights Theorie, wobei er ihr immer wieder versicherte, daß es sich nur um Vermutungen handelte.
Sie war zutiefst erschüttert. »Aber woher stammt dann die hufeisenförmige Wunde? Es muß doch ein Pferd gewesen sein, das ihn getreten hat!«
»Das habe ich ebenfalls gedacht. Aber für Wright ist das alles ein bißchen zu dick aufgetragen: der Mann, der auf der Koppel liegt, das Pferd, das ganz in der Nähe weidet, und die Stirnwunde, die in ihrer Form an ein Hufeisen erinnert. Es sollte unbedingt nach einem Unfall aussehen.«
»Aber war es denn nicht der Hufschlag, der ihn getötet hat?«
»Wright schien sich dessen nicht sicher zu sein. Er meinte, erst die Obduktion könne das zweifelsfrei klären. Aber laß uns nicht länger darüber reden. Das Thema ist zu scheußlich. Und es hat ja keinen Zweck, sich in bloßen Vermutungen zu ergehen.«
Sie nickte. »Das hat wirklich keinen Zweck. Du solltest lieber etwas essen. Mein armer Jim, du hast einen anstrengenden Morgen hinter dir. Dabei hast du noch nicht einmal das Pferd zu Gesicht bekommen, das du eigentlich kaufen wolltest.«
Er zuckte die Achseln. »Das Pferd bleibt mir. Und wenn es jemand anderer gekauft hat, lasse ich mir deshalb auch keine grauen Haare wachsen. Ist James schon wach? Du hättest dich ebenfalls ein bißchen hinlegen sollen.«
»Ich hatte keine Lust. Mutter rief noch einmal wegen ihrer Uhr an. Sie hat sie nicht gefunden und ist sicher, daß sie ihr gestohlen wurde.«
»Wirklich? Wenn man übertreiben wollte, könnte man sagen, wir würden von einer Woge des Verbrechens überschwemmt. Die Diebe und Mörder sind unter uns!«
Sie versuchte zu lächeln. »Schwer zu glauben, hier, auf diesem ruhigen Fleckchen Erde, wo nie etwas passiert, außer daß Dalby Lord bisweilen mit einem seiner Pferde ein Rennen gewinnt!«
»Und das normalerweise mit einer alten Schindmähre. Der arme Kerl! Er hat noch nie ein richtig erstklassiges Pferd gehabt. Ich möchte wissen, ob er jetzt...« Jim zögerte; denn er schämte sich, so etwas so kurz nach Jocks Tod zu denken.
Annabel blickte ihn einen Augenblick lang fragend an. Dann sagte sie langsam: »Du möchtest wissen, ob Lord jetzt Fatal Lady zu kaufen versucht. Das wäre schlimm... Jock hat immer gewollt, daß sie keine Rennen mehr läuft. Simon weiß das. Er wird sie sicher nicht verkaufen, nicht einmal, wenn er einen großen Haufen Geld dafür bekommt. Simon läßt sich von Geld nicht beeindrucken.«
Wie war Simon in Wirklichkeit? Auch Sara Derwent zerbrach sich darüber den Kopf, als sie um eben diese Zeit zu ihm unterwegs war. Zuerst hatte sie nicht hingehen wollen. Als Dalby Lord zu ihr gesagt hatte: »Fahren Sie hinüber und holen
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