Tod auf der Koppel
stehengeblieben sind. Höchstens, daß er Ned noch fragt, ob das stimmt.«
»Das würden Sie tun?«
»Selbstverständlich. Sowie ich wieder zu Hause bin, rufe ich ihn an. Auf diese Weise erfährt nicht einmal Annabel davon. Lassen Sie mich nur machen, Greville. Ich will Ihnen doch nur helfen.«
Diese letzte Bemerkung war freilich ein Fehler. Sie wußte es im selben Moment, als er ihre Hand packte und sie flehentlich anblickte. »Das wollen Sie wirklich für mich tun? Sie haben so viel für mich übrig? Dann... Dann werden Sie... Nein, jetzt ist es noch zu früh. Erst muß ich die Universität hinter mich bringen. Nur so kann ich Ihnen beweisen, was ich wert bin. Aber dann, eines Tages...«
Sie ließ ihm ihre Hand, entgegnete aber sanft: »Nein, Greville! Das wird nie geschehen. Es wäre nicht recht von mir, wenn ich Sie in diesem Glauben ließe.«
Einen schrecklichen Augenblick lang glaubte sie, er werde gleich in Tränen ausbrechen. Doch er schluckte tapfer, wobei sein Adamsapfel auf und nieder hüpfte, und stotterte endlich: »Liegt es daran, daß ich jünger bin als Sie? Ist das der Grund, Sara?«
»Das auch. Aber wir passen auch sonst nicht zusammen. Ich habe Pferde gern, Tiere, das ganze Leben auf dem Land. Und Sie lieben Bücher, Kunst und Theater. Sie sollten eine Frau heiraten, die in moderner Literatur zu Hause ist. Das wäre das Richtige für Sie, Greville.«
Sie redete noch eine Weile weiter, um ihm Zeit zu geben, sich wieder zu fangen. Endlich nickte er gedankenvoll und meinte: »Vielleicht haben Sie recht. Sie besitzen ein phantastisches Einfühlungsvermögen, Sara. Vielleicht war es wirklich ein Fehler von mir.«
»Dessen bin ich ganz sicher«, stimmte sie ihm fast ein bißchen zu schnell zu. Sie war ungeheuer erleichtert, als Annabel mit James, der weinte, ins Zimmer kam. Offenbar war er nicht gerade in fröhlichster Laune aufgewacht.
»Na, ihr beiden?« sagte Sara. »Greville und ich haben uns gut unterhalten... Jetzt will er gehen. Eigentlich schade, denn James scheint ein bißchen Aufmunterung nötig zu haben. Wollen Sie nicht noch bleiben und mit ihm spielen, Greville?«
Dieser Vorschlag erfüllte James’ Onkel mit solchem Entsetzen, daß er das Weite suchte. Fluchtartig verließ er das Haus, wobei er nicht nur seiner Schwester, sondern auch Sara, die ihm gerade eine Abfuhr erteilt hatte, erleichtert auf Wiedersehen sagte.
Kaum war er gegangen, sah Annabel ihre Freundin fragend an. »Na, was hast du zu berichten?«
Sara konnte vor Lachen kaum sprechen. »Nichts, Annabel, absolut nichts. Aber dein Bruder hat in jener Nacht nichts Böses angestellt. Du kannst deine Mutter beruhigen: Er hat keinen Mord begangen. Aber jetzt wollen wir James in den Garten lassen, damit sich die finsteren Wolken auf seinem Gesicht verziehen.«
Es war spät geworden, ehe Sara Inspektor Wright anrufen konnte. Während der ganzen Zeit war sie im Zweifel, ob sie sich nun freuen oder sich um Simon noch mehr Sorgen machen sollte. Jedenfalls war sie nicht in der Stimmung, sich allzu ausführlich über Grevilles Ausflug zu verbreiten.
»Ich möchte mit Ihnen über Greville Wharton sprechen«, sagte sie. »Er hat sich an dem Tag, an dem Sie ihn vernehmen wollten, ziemlich albern benommen und Ihnen verschwiegen, wo er Dienstag nacht gewesen ist. Inzwischen ist er zur Vernunft gekommen und hat mich gebeten, Sie anzurufen und Ihnen die Sache zu erklären.«
»Warum kommt er nicht selbst?«
»Weil er ein bißchen töricht ist. Außerdem sind Sie von der Polizei und wirken sehr einschüchternd. Greville ist noch sehr jung.«
»Die Jugend gestehe ich ihm zu. Aber daß ich die Leute einschüchtere, bestreite ich.«
»Nun gut... Greville war an jenem Abend nicht fort, sondern hat mich besuchen wollen.«
»Das überrascht mich nicht, wenn ich das sagen darf. Und hat er Sie getroffen?«
»Nein. Er hat bei mir geklopft, aber ich habe es nicht gehört, und da hat er es aufgegeben. Er ist eben ziemlich schüchtern.«
»Wirklich? Das ist mir noch nicht aufgefallen. Und was hat er dann gemacht?«
»So merkwürdig es klingt: Aber er ist draußen auf und ab spaziert. Dann gelangte er zu der Überzeugung, daß ich ohnehin nicht mit ihm ausgegangen wäre.«
»Hat er Zeugen für seinen Aufenthalt unter Ihrem Fenster?«
»Ja. Er ist gesehen worden. Glücklicherweise nicht von Lord. Denn es wäre mir gar nicht recht, wenn Lord dächte, ich hätte einen Verehrer. Aber der Stalljunge hat Greville beobachtet.«
»Das ist
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