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Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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schlief.
    »Böse Sache mit Thompson«, fuhr die Stimme fort. »Jackson und Turner sind auch hin.«
    Der Koch zitterte, die Wachen waren weit achtern. Er hatte von Jackson gehört, nur ein Gerücht, und es hatte ihn nicht abgehalten. Dass auch der fröhliche, etwas feige, sommersprossige Leutnant tot war, erfuhr er erst jetzt.
    »Wir sind die Letzten«, sagte die Stimme. »Übrig geblieben, nur noch wir beide!«
    Der Franzose nickte zitternd, schluckte, wollte etwas sagen, als das Seltsame geschah. Der Schatten wich von ihm, drehte sich um, und ein hochgewachsener Mann, aber eben nur noch ein Mann, trat an die Reling und schaute aufs Meer hinaus.
    »Nur noch wir beide, Louis. Und die See!«, murmelte er gedankenverloren und reichte dem Koch eine halb volle Flasche mit Rum, die er aus einer seiner weiten Manteltaschen nahm. Louis trank einen Schluck und wollte die Flasche zurückgeben, aber der Mann hatte ihm schon wieder den Rücken zugedreht.
    »Erzähl mir noch einmal die ganze Geschichte«, sagte er und vertiefte sich in einen Horizont, den man nicht sah.

23.
    Für jemanden, der auf einer Insel geboren wurde, hatte er sich zeitlebens nur wenig für Schiffe interessiert. Sie waren bestenfalls geräumige, selten bequeme Beförderungsmittel für Menschen
und Material, und der Wind, der sie antrieb, war kostenlos. Aber damit waren auch schon all ihre Vorteile genannt.
    Da lag man bei Sonnenschein in Sichtweite einer grünen Küste, konnte beinahe hinüberspucken, und ein fassbäuchiger Kapitän erklärte, dass man leider noch etwa zwei Tage gegen den ablandigen Wind kreuzen oder einen halben Tag auf die Flut warten müsse, um an Land zu kommen! Vor allem diese Abhängigkeit von den blinden Naturkräften hatte ihn an Schiffen von jeher gestört. Erst jetzt, 1815, im letzten europäischen Hafen, den er je sehen würde, fiel ihm auf, dass sie schön waren.
    Er hatte – wo war das gewesen, in Madrid? Dresden? am Wiener Hof? – ein paar Gemälde der alten flämischen Meister gesehen. Seestücke, Schiffe mit geblähten Segeln unter dräuendem schwarzem Gewölk, triumphale Ausfahrten mit wehenden Flaggen oder stille Hafenszenen, ganze Wälder von Masten in Abendlicht getaucht. Sie hatten ihm nichts gesagt. Gemälde, auf denen keine Personen zu sehen waren, langweilten ihn, wie ihn eine Welt ohne Menschen gelangweilt hätte.
    Aber der Anblick dieses Hafens mit den riesigen britischen Linienschiffen, den Prisen – erbeuteten französischen Fregatten, Brigantinen, Korvetten –, den kleineren Handelsschonern, vorüberziehenden Kuttern, den hin und her jagenden Gigs, faszinierte ihn. Die verschiedenen Arten der Takelung, die unterschiedlichen Nationalitäten, die Flaggensignale von Schiff zu Schiff waren wohl ein Gemälde wert. Und auf diesem Gemälde wäre sogar ein Mensch zu sehen, dachte er befriedigt. Nicht in Person, sondern als Anlass für all dieses Gewimmel; so wie ein Feldherr in den Bewegungen, Manövern einer nach Tausenden zählenden Armee deutlich zu erkennen war. Denn all diese Schiffe, sagte er sich, waren seinetwegen hier.
    Er hatte alles geduldig ertragen, die Durchsuchung seines
Gepäcks, ja sogar seiner Wäsche. Es hatte ihn ein bisschen amüsiert, denn dort war ohnehin nichts zu holen. Dreitausend Louisdor hatte man die Engländer finden lassen, damit sie zufrieden waren. Aber er hatte zweihundertfünfzigtausend Francs in Gold unter seine Leute verteilt, soweit er wusste, war es in den Gürteln versteckt. Außerdem Wechselbriefe und Wertpapiere. Die Diamanten trugen die Frauen am Körper verborgen.
    Der englische Admiral behandelte ihn wie einen Gleichgestellten, achtete aber doch peinlich genau darauf, den Dreispitz in seiner Gegenwart nicht länger als unbedingt nötig zu lüften. Es war eine grimmige Freude, ihn dabei zu beobachten. Wie er errötete, wenn er eine Sekunde zu lange barhäuptig dastand, vor all seinen Männern. Vierhundert Seeleuten, zwei Kompanien des 53. Infanterieregiments, den Offizieren, englischen und französischen. Dazu drei Ärzte, zwei Dolmetscher, ein Pfarrer.
    Es waren tausendundachtzig Menschen an Bord, einschließlich der Passagiere. Und alle, alle, vom Schiffsjungen bis zum Admiral, hielten ihn für eine Art Menschenfresser, für einen Teufel in Menschengestalt. Zu seiner Einschiffung waren sogar etliche Parlamentsmitglieder angereist und hatten ihn angestarrt wie ein Raubtier im Käfig. Vae Victis! 1
    Die Unterbringung war natürlich empörend, eine Kabine von zwölf

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