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Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition)

Titel: Tod auf der Northumberland: Roman - Ein Fall für John Gowers (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Twardowski
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gestiegen, heraufgezogen worden an einem Drahtseil, das auf einer Winde lief. Die anderen Bergleute wurden noch immer an Hanfseilen oder Ketten hinab- und heraufgezogen in die Tiefe und aus der Tiefe. Aber der Schotte war viel tiefer gewesen, hatte weit unter dem Deckgebirge gestanden. Hier stockte die Bohrung. Man würde sprengen müssen.
    Er war schmutzig, aber nicht schwarz vom Staub wie die Hauer. Deshalb war er auch nicht nach Hause gegangen, in das halbe Zimmer, das er als Kostgänger im Haus eines Steigers bewohnte. Er war grübelnd weit über den Rand des Dorfs hinausgegangen, bis an den Fluss, der hier eine Biegung nach Süden machte.
    Ohne sich großartig umzusehen, eben wie ein Hauer unter der Erde, legte er seine Kleider ab und sprang nackt in das Wasser des Tyne, das sauberer aussah, als es war. Er schwamm eine kurze Strecke, tauchte, schaufelte sich Wasser über Kopf und Glieder, wusch den Schweiß ab und lag dann lang ausgestreckt auf einer Sandbank, nackt in der Sonne – während Jane Gowers im Schutz niedriger Bäume rot wurde, nicht weglief noch wegschaute, aber nachher ihr Buch vergaß.
    Sie träumte von dem, was sie gesehen hatte. Sehr wild. Den sehnigen Armen, den langen Beinen, den schmalen, festen, sehr weißen Hinterbacken, dem muskulösen Rücken, der Brust, dem Bauch, den kleinen runden Hoden und dem kräftigen Glied.
    All das war durchaus nicht neu für sie. Jane war so aufgeklärt, wie es ein siebzehnjähriges Mädchen mit fünf älteren Schwestern nur sein kann. Sie wusste, was Männer und Frauen taten, sie hatte nackte Männer auf Bildern gesehen, auf Stichen nach Caravaggio, Raffael, Michelangelo. Sie hatte sogar heimlich Ovid gelesen, mühsam alles aus dem Lateinischen übersetzt. Aber einige Vokabeln fand sie in keinem Wörterbuch, und ihren Vater konnte sie ja schlecht fragen.
    Sie hatte allerdings nie einen jungen Mann nackt im Fluss gesehen, die glänzende weiße Haut in der Sonne, das Spiel der Muskeln, die funkelnden Tropfen, wenn er den Kopf schüttelte, die wilde Behaarung der Brust, der Geschlechtsteile, die dunklere Haut dort.
    Mein Freund ist weiß und rot, auserkoren unter vielen Tausenden. Seine Augen sind wie Tauben an den Wasserbächen, sie baden in Milch und sitzen an reichen Wassern. Sein Leib ist wie reines Elfenbein, mit Saphiren geschmückt. Seine Beine sind Marmorsäulen, gegründet auf goldenen Füßen. Seine Gestalt ist wie der Libanon, auserwählt wie Zedern.
    Jane wollte von da an jedes Risiko eingehen.

25.
    Sie hatte noch einmal Rousseau gelesen und einige Stellen bei Thomas Morus. Und für sich längst eine Entscheidung getroffen. Sie wusste, was sie tun würde. Es fehlte nur noch der Tag. Aber der Sommer wurde älter, seine Farben verblassten, seine Früchte wurden schwer. Und Jane ging zum Fluss.
    Fände ich dich draußen, so wollte ich dich küssen, und niemand dürfte mich schelten.
    Ihre Nächte waren sehr lang und wärmer als ihre Tage. Ihre Träume so heftig und schön, dass sie manchmal das Bett kaum verlassen wollte. Nur alle Nachmittage verbrachte sie am Fluss, an ihrer, an seiner Stelle.
    Hätte sie auf ihre Mutter gehört an diesem Tag, es wäre überhaupt nichts geschehen. Die schaute nach Norden, in einen nur noch blassblauen Himmel, und sagte: »In Schottland regnet es schon.«
    Aber Jane ging trotzdem zum Fluss, und diesmal sah sie den Schotten schon von Weitem. Er ging vor ihr, fünfzig, hundert Meter, und er drehte sich nicht um. Überall, wo das möglich war, wo John Williams es unmöglich merken konnte, an Wegbiegungen oder Gebüschen, rannte Jane, so schnell sie konnte, und holte tatsächlich auf. Und am Fluss, ihrer Stelle, seiner Stelle, starrte der Mann aus Skye diesmal eine Weile ins Wasser, grübelte über Gesteinsschichten, Sprengladungen, ehe er seine Jacke auszog.
    Da war Jane schon nahe genug, um unauffällig ein bisschen Lärm zu machen, streifte hier einen Ast, trat dort ein Grasbüschel nieder, bis John Williams sie bemerkte. Sie lächelte ihm zu, er nickte nur wortlos, fast blicklos.
    Wahrhaftig keine Sprengladung, nur ein Mädchen aus dem
Dorf, zu jung, zu klein, zu dünn. Nur eine Nase, die wirklich ins Auge stach. Und er wollte schon weggehen, als sie anfing, sich äußerst merkwürdig zu verhalten. Sie zog zuerst ihre Schuhe aus.
    Verglichen mit einem Gaul, den niemand kauft, ehe nicht der Sattel losgeschnallt ist und alle Decken weggenommen sind, gehen die Briten bei der Wahl einer Ehefrau so leichtfertig zu Werke,

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