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Tod auf der Piste

Tod auf der Piste

Titel: Tod auf der Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Gunsten fehlinterpretiert, weil er auf billige Effekte gesetzt hat.«
    »Wie bei den Kröten?«
    »Das Krötendrama! Mein Gott! Da hat er sich ein paar militante Tierschützerinnen ins Boot geholt, die an seinen Lippen hingen. Wie gesagt: Ernst Buchwieser liebte großes Kino, Breitwand mit Dolby Surround. Er war sozusagen die Bild-Zeitung unter den Sendungsbewussten.«
    Irmi lachte kurz auf, er konnte ja sogar witzig sein, dieser knöcherne Herr Doktor. »Ich höre heraus, dass Ihnen Ernst Buchwiesers Damenflor etwas suspekt war. Interpretiere ich diesen Unterton in Ihrer Stimme richtig?«
    Sein Blick verdunkelte sich für Sekunden. »Ernst scharte immer Menschen um sich, die er manipulieren konnte. Frauen, Schüler, Kinder…« Er brach ab.
    »Die Frauen liebten ihn?«
    »Frauen lieben Männer mit Macht und Mut, mit Charme, mit großen Idealen. Meine Gattin ja auch.«
    Das Wort Gattin klang zynischer als nötig, fand Irmi. »Ihre Gattin?«
    »Ja, sie war auch beim Krötenteam dabei. Sonst arbeitet sie hoch konzentriert, und nicht mal das Telefon wird mehr abgenommen, geschweige denn eine Frage von meiner Seite zugelassen. Alles Störungen ihrer kreativen Kreise. Aber wenn Ernst rief, war sie schon in der Tür. Zu jeder Tages- und Nachtzeit, da kam nämlich so einiges an Nachteinsätzen zusammen, wo meine Gattin mir sonst immer vermittelt hat, sie brauche ihren Nachtschlaf. Aber wie gesagt: Frauen lieben Visionäre, oder etwa nicht, Frau Mangold?«
    Irmi zuckte mit den Schultern. »Käme auf den Einzelfall an. Aber kommen wir auf die Kröten zurück: Der Bund Naturschutz kümmert sich doch auch um Kröten, oder?«
    »Ja, und wir haben freiwillige Helfer, die Zäune aufbauen und die Tiere über die Straße tragen, und ja: wir stellen diese ›Liebe macht blind‹-Schilder auf. Dafür werden wir zwar verlacht, aber Naturschutz ist keine Spaßsache und eben auch kein Medienspektakel. Ernst und ich hatten da völlig verschiedene Positionen. Er war der Meinung, dass der Zweck die Mittel heiligt und nur der gehört wird, der klappert und scheppert. Ich war der Meinung, dass wir lieber still die Arbeit an der Basis machen sollten, dass steter Tropfen den Stein höhlt und am Ende der siegt, der nie vergessen hat, wo er herkommt. Ernst war ein Showman, ein Mann des schnellen Erfolgs. Aber da stürzt man auch.«
    »Ja, vor allem wenn man über den Haufen geschossen wird, Herr Jochum, oder?«
    Er zuckte mit den Achseln.
    »Herr Dr. Jochum, ich habe jetzt eine ganze Menge gelernt über die Klimaerwärmung, über die Chance von Skigebieten und über den Gegensatz von sauberer Wissenschaft und publikumswirksamem Medienspektakel. Aber das alles beantwortet immer noch nicht die Frage, wie Sie zu Ernst Buchwieser standen.«
    »Wollen Sie hören, dass ich ihn gehasst habe? Nein, das habe ich nicht, ich habe ihn bewundert für diese Energie, auch beneidet um seinen Mut und die Gabe, nicht in Selbstzweifeln zu ersticken. Gehasst habe ich ihn nicht.«
    »Wo waren Sie letzten Sonntag?«, fragte Irmi.
    Er seufzte. »Frau Mangold, Sie sind sicher eine kluge Frau und machen Ihren Job nicht erst seit gestern. Sie finden es sowieso heraus: Ich war auf dem Weg zur Kandahar.«
    »Sie waren was?« Irmis Stimme überschlug sich.
    »Ich hatte erfahren, dass Ernst einen Film drehen wollte, der die WM wohl so richtig in den Dreck ziehen sollte. Ich war beunruhigt und wollte vor Ort sehen, was er da macht.«
    »Was heißt erfahren?« Irmi war immer noch in Alarmbereitschaft.
    »Nun, Quirin Grasegger hatte mich kontaktiert. Er wusste das mit dem Film von seiner Tochter. Auch er war beunruhigt. Er war der Meinung, dass wir alle in einem Boot säßen und Ernst wirklich mal ins Gewissen reden müssten. Er hätte uns ja allen geschadet.«
    Das leuchtete Irmi ein. »Und da waren Sie am Parkplatz der Kreuzeckbahn verabredet?«
    »Im Prinzip ja, aber ich kam zu spät, und als ich auf den Parkplatz fahren wollte, war da schon eine Polizeiabsperrung und ziemliche Aufregung. Ich bin unverrichteter Dinge wieder abgefahren.«
    »Und wann haben Sie von Ernst Buchwiesers Tod erfahren?«
    »Erst am Abend, ich hatte mehrmals versucht, Quirin Grasegger anzurufen, er ging erst am Abend ans Handy.«
    »Und woher wusste er es?«
    »Von Maria natürlich, Sie selbst waren doch bei ihr gewesen.« Er sah sie kühl an.
    Es war frustrierend: Jeder war hier irgendwie mit jedem bekannt, die Marktschickeria hatte eine dichtes Spinnennetz gewoben, das den einen federnden Halt bot

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