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Tod auf der Piste

Tod auf der Piste

Titel: Tod auf der Piste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Dolchstoß. Kathi schaffte es immer wieder, Irmi zu treffen. Was hieß das: Außer dir vielleicht? Dass sie nie einen abgekriegt hatte. Wie so oft schluckte sie den Ärger hinunter. »Wir müssen das verifizieren. Müssen uns Maria Buchwieser und die Autorin noch mal vorknöpfen«, sagte sie.
    Kathi, die wie immer nichts merkte, nickte. »Ja, und außerdem finde ich, dass du Maria Buchwieser eh viel zu sehr mit Glacéhandschuhen angefasst hast. Trauernde Witwe hin oder her. Ihre ganze Hüttengeschichte kann doch auch erstunken und erlogen sein.«
    »Dann wäre sie aber eine sehr gute Lügnerin«, sagte Irmi mit leiser Verwunderung in der Stimme. Kathi hatte natürlich recht. Sie hatte Maria Buchwieser unbesehen geglaubt, weil sie dieser Frau hatte glauben wollen. Weil sie von ihrer Feenhaftigkeit bezaubert gewesen war und von ihrer Verletzlichkeit berührt. Aber was, wenn sie gelogen hatte? Eine Frau, die so lange Ernst Buchwieser ertragen hatte, war durch mehr als eine Hölle gegangen. Womöglich war die letzte Brandverletzung eine zuviel gewesen.
    Irmi räumte ein, dass sie vielleicht etwas unprofessionell gehandelt habe. Man durfte keinem Menschen glauben, den sympathischsten eigentlich am wenigsten, denn die enttäuschten einen am meisten.
    »Magst du die Wirte der Oberbrunnalm aushorchen und die beiden Sepps aus Mittenwald finden?«, schlug sie ihrer Kollegin vor.
    »Sicher, das mach ich nachher, aber wollten wir uns nicht zuerst Lutz vorknöpfen?« Kathi war aufgesprungen. Lässig, elegant.
    »Das tun wir, dem Knaben schick ich jetzt eine SMS, dass ich ihm den Kragen umdreh, wenn er nicht im Hof auf uns wartet. Auf geht’s!« Irmi erhob sich langsam.
    »Woher hast du die Nummer?«
    »Erarbeitet«, sagte Irmi grinsend.
    Draußen hatte es zu schneien begonnen, fette, wässrige Flocken. Irmi zog es vor, selbst zu fahren, denn Kathis Kamikazestil wollte sie sich bei Schnee nicht antun. Wieder kurvten sie den Ettaler Berg hinauf, wieder hielten sie vor dem Klosterkomplex, der von Wolken erdrückt wurde. Die Kuppel der Basilika war verschwunden, die Wolken hatten sie verschluckt. Irmi war unwohl, sie hatte wirklich das Gefühl, als lähme sie dies Gebäude.
    Langsam gingen sie an den Schaufenstern des Kiosks vorbei. Wenn es einen Querschnitt entgleister Nippes gab, dann hier: ein Engel mit grenzdebilem Gesichtsausdruck, der einen Trachtenhut trug und eine bayerische Flagge schwenkte. Kostenpunkt: fünfhundertundzehn Euro. Jede Menge Südtiroler Marias aus Massenproduktion mit den immer gleichen Stupsnasen hielten Jesuskinder im Arm, die mal dämlich, mal verklärt und mal viel zu keck dreinschauten. Seinen Sinn für Multikulti bewies man hier mit indianischen Traumfängern, die man aber verschämt als Windspiele bezeichnete. Die Bierkrüge waren augenscheinlich zu einem Wettbewerb der Scheußlichkeiten angetreten. Der markige Deutschland/Germany-Krug trug Wappen aller Bundesländer, jawohl – einig Vaterland der Trinker, es lebe hoch!
    An Plüschtieren und Ansichtskarten vorbei gelangten sie zu einem Ständer mit Grußkarten, auf denen alle gebräuchlichen Namen mit ihrer Herkunft erklärt waren.
    »Ui, schau mal, was da bei Irmgard steht!« Kathi wollte sich ausschütten vor Lachen. »Allumfassend groß. Aus dem Germanischen. Positive Lebenseinstellung, fleißig und feinfühlig. Voller sozialer Ausgewogenheit. Man mag sie gerne so, wie sie ist.«
    Na, großartig. Ihre Mutter hatte wohl schon geahnt, dass sie ein allumfassend großer Trampel würde. Fleißig bis zur Selbstausbeutung und ja: feinfühlig. Sie war eine unheilbare Idealistin, und sie wunderte sich manchmal, dass man sie immer noch so verletzen konnte. Trotz ihres Alters, trotz ihres desillusionierenden Jobs, trotz der allumfassenden Größe. Irmi schluckte schon wieder einen dicken Klops hinunter.
    »Okay, da gibt es auch Katharina. Pass auf: die Reine. Liebt das Familienleben. Freundliche herzliche Art.« Dazu wäre Irmi nun einiges eingefallen, was sie geflissentlich verschwieg. Und Kathi kommentierte nur: »Namen sind Schall und Rauch.«
    »Gut, dann machen wir uns auf zu Lutz.«
    Lutz stand natürlich nicht im Hof. Irmi sah auf die Uhr. »Ich nehme an, die sind beim Essen.«
    Sie gingen durch eine unauffällige Tür in den Speisesaal. Bereits am Eingang wurden sie von einem Pater abgefangen, der ihnen den Zutritt verwehrte.
    Irmi zeigte ihren Ausweis, doch der Pater schüttelte den Kopf.
    »Rufen Sie bitte umgehend den Schulleiter oder den Abt

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