Tod Auf Der Warteliste
gehört.
»Laurenti, einen Augenblick nur!«
»Porcamiseria maledetta«, fluchte er leise und drehte sich um.
Der Tag fing unerfreulich an. Laurenti hatte keine Wahl, es war der Chef. Sie hatten für gewöhnlich einen guten Draht, doch seit der Sache mit dem Unfall fühlte Laurenti sich, auch ohne daß irgend jemand ihm einen Vorwurf gemacht hätte, extrem unter Druck. Er kam keinen Schritt voran, obwohl er sogar den Sonntag geopfert hatte.
»Buongiorno«, sagte der Questore. »Ich habe gesehen, daß Sie in Begleitung sind. Haben Sie den schon lange?«
»Seit gestern abend«, sagte Laurenti freundlich. Also schon wieder jemand, der ihn auf den Hund ansprach.
»Und woher, wenn ich fragen darf? Ein Erbstück?« Es passierte selten, daß der Chef witzig sein wollte.
»Ein Kollege«, sagte Laurenti. »Soeben pensioniert. Er tat mir leid, keiner wollte ihn. Und ich wollte meiner Frau eine Freude machen.«
Der Questore runzelte verwundert die Stirn. »Und ist es Ihnen gelungen?«
»Haben Sie mit ihr gesprochen, oder weshalb fragen Sie? Natürlich hat sie sich nicht gefreut.«
»Das kann ich verstehen. Wie heißt er denn?«
»Almirante.« Laurenti stockte. »So hat ihn sein Ausbilder getauft. Ich nenne ihn Cluzot. Er hat gute Arbeit geleistet, hervorragende Nase! Aber niemand wollte ihn haben.«
»Bringen Sie ihn jetzt immer mit?«
Laurenti meinte einen Unterton aus der Stimme des Chefs herauszuhören, der ihm nicht gefiel. »Manchmal«, sagte er zögerlich und stieg die restlichen Treppen hinauf zu seinem Büro.
*
»Bevor ihr den Mund aufmacht«, Laurenti hob gebieterisch die Hand, als er Sgubin mit Marietta plaudern sah, »möchte ich euch Almirante, äh, Cluzot vorstellen.«
»Was ist das denn?« rief Marietta entsetzt. »Hast du den aus dem Tierheim?«
»Das ist doch der, den man auf die Spur des Toten vom Staatsbesuch angesetzt hatte!« Sgubin schaute erst den Hund und dann Laurenti an. »Wo ist sein Hundeführer?«
»Kann ich bitte ausreden?« knurrte Laurenti, dessen Laune steil in den Keller rasselte. »Das ist Cluzot, und er ist seit gestern mein Hund. Er wird mich von jetzt an begleiten. Verstanden?«
»Und warum dann Almirante?« fragte Marietta.
»So heißt er wirklich«, sagte Sgubin.
»Ruhe!« Laurenti packte den erschrockenen Hund am Halsband und zog ihn in sein Büro hinüber, obwohl das Tier ihm auch freiwillig gefolgt wäre. »Kommt mit, dann erklär ich euch alles. Aber nur, wenn ihr mich ausreden laßt.«
Marietta kannte ihn lange genug, um zu ahnen, was auf sie zukam. »Warum läßt du ihn nicht zu Hause im Garten, wenn du schon so ein Vieh haben mußt? Glaub bloß nicht, daß ich seine Amme werde. Ich höre jetzt schon, wie man wieder über uns spotten wird.« Sie schlug die Hände vors Gesicht und drehte sich zu Sgubin. »Das ist wirklich zuviel. Du wirst sehen, wir werden noch Hundefutter kaufen müssen oder das Monster Gassi führen. Und wehe, du vergißt die Plastiktüten, wenn er auf die Straße kackt, Sgubin. Das ist verboten.«
»Igitt!« Sgubin schüttelte sich angewidert. »Weißt du, wie sich warme Hundescheiße anfühlt? Trotz Plastikbeutel!«
»Seid ihr eigentlich verrückt? Ihr solltet euch mal reden hören. Ein Verein engstirniger Spießer seid ihr, sonst nichts. Schaut lieber, daß ihr an die Arbeit kommt. Leg dich hin, Almirante!« Beleidigt verkroch das Tier sich in eine Ecke und ließ sich vor dem Heizkörper zu Boden plumpsen, als wäre dies seit hundert Hundejahren sein Platz. Dann klingelte das Telefon.
»Sgubin, dein Fall.« Laurenti warf ärgerlich den Hörer auf die Gabel. Marietta und sein Assistent hatten die Nachricht über den Lautsprecher gehört. Man hatte einen schwerverletzten Mann im Stadtbezirk Gretta auf seinem Grundstück gefunden. Die Spurensicherung war soeben eingetroffen und der Verletzte unter Sirenengeheul auf dem Weg in den OP der Klinik Gattinara.
»Ich kann jetzt nicht weg«, sagte Laurenti und warf Sgubin einen ungeduldigen Blick zu, als er sah, daß der sich nicht von der Stelle rührte. »Der Übersetzer kommt gleich, und ich muß einen neuen Versuch mit den verdammten Rumänen machen. Vielleicht finden wir endlich jemand in Bukarest, auf den man sich verlassen kann. Los, an die Arbeit.«
*
Diesmal klappte es. Marietta hatte eine übergeordnete Behörde ausfindig gemacht. In Bukarest meldete sich ein unverbindlich freundlicher Herr Ypsilantis Cuza, der sich als ranggleicher Kollege von Laurenti
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