Tod Auf Der Warteliste
Sprechanlage.
»ACEGAS. Entschuldigen Sie bitte die Störung. Wir haben einen hohen Wasserverlust in der Straße und sind auf der Suche nach dem Leck. Wir müssen auch die Leitungen auf Ihrem Grundstück überprüfen. Würden Sie bitte öffnen.«
»Einen Augenblick.« Leo warf einen Blick auf den Monitor und hängte den Hörer ein. Am Gartentor, vor der hohen Mauer, die das Grundstück umgab, stand ein hochgewachsener Mann mit grauem Haar und grauem Schnurrbart im Monteuranzug und mit einer grünen Wollmütze auf dem Kopf. Hinter ihm parkte ein weißer Fiat Panda, auf dessen Tür klar und deutlich das Logo der Energieversorgungsgesellschaft Triests zu erkennen war. Leo Lestizza drückte den Öffner, rief den verspielten Hund zu sich, der schwanzwedelnd und erfreut über die Tatsache, daß Besuch erwartet wurde, quer durch den Garten tollte, und wartete auf der Türschwelle. Der Monteur war in seinem Alter, trug einen grauen Overall und Latexhandschuhe, wie Leo, wenn er bei der Arbeit war. Als der Mann schon aus vier Meter Entfernung mit dem Klarsichtetui wedelte, in dem sich nichts anderes als der Firmenausweis befinden konnte, war Leo beruhigt. Mit einem Klaps auf den Rücken schickte er den Hund hinaus.
»Sympathisches Tier«, sagte der Mann. »Ist noch ganz verspielt. Stimmt bei Ihnen der Wasserdruck?«
»Ich habe nichts Gegenteiliges bemerkt.«
»Würden Sie mir bitte die Wasseruhr zeigen?«
»Die ist im Keller. Dauert es lange? Ich muß zur Arbeit.«
»Wenn alles in Ordnung ist, bin ich in einer Minute weg. Wenn nicht...« Der Monteur zuckte mit den Achseln.
»Hier lang«, sagte Leo Lestizza und drehte sich zu der neben dem Eingang liegenden Kellertür.
»Aber ja doch«, sagte der Monteur und stieß den Chirurgen so stark gegen die ihm abgewandte Schulter, daß er gegen den Türrahmen knallte.
Von dem harten Schlag, der ihn am Kopf traf, spürte Leo Lestizza nur noch den ersten Teil. Auf den zweiten, den lange und zäh anhaltenden Schmerz, den dröhnenden Schädel und die Gehirnerschütterung, mußte er warten, bis er wieder zu sich kam. Falls er wieder zu sich käme. Der Lärm der Rohrzange, die auf die Marmorfliesen fiel und dort einen häßlichen Krater in der polierten Oberfläche hinterließ, war seine letzte Wahrnehmung.
Der falsche Monteur fing ihn auf, schlang seine Arme um den Oberkörper und zog ihn auf die Treppe vor der Haustür. Der Labrador schaute aus drei Meter Entfernung zu, hatte sich hingesetzt und wedelte mit dem Schwanz. Der Mann zog einen Knebel aus der Hosentasche, zwang mit einem kräftigen Griff die Kiefer Lestizzas auseinander und schob ihn dem Bewußtlosen in den Mund. Dann schlang er eine Plastikschlaufe um Lestizzas Handgelenke und zog sie stramm. Er überlegte einen Moment, ob er warten sollte, bis dieser wieder zu sich kam, entschied sich dann aber, die Sache rasch hinter sich zu bringen. Gürtel und Reißverschluß waren schnell geöffnet. Er schob Leos Hose und Unterhose bis zu den Knien hinunter, die Latexhand packte sein Glied und den Hodensack und riß sie nach oben. In der Rechten blitzte die Edelstahlklinge eines Filetiermessers. Er führte den Schnitt präzise mit einer leichten Kreisbewegung durch. Dem Strahl des herausschießenden Blutes wich er mit einem raschen Schritt aus. Leo seufzte einmal auf. Dann zog ihm der Monteur den Knebel heraus, schaute einmal kurz angewidert auf das labbrige Amputat, zwang seine Finger noch einmal zwischen die Kiefer Lestizzas und stopfte ihm das Gemächt in den Mund.
»Auf diesen Moment habe ich lange gewartet«, sagte er, während er aus einer Seitentasche des Overalls einen schwarzen Plastiksack zog. »Jede Sekunde deines Lebens wirst du daran denken und dich fragen, warum!«
Er streifte das oberste Paar der Latexhandschuhe ab, zog sich den obersten Overall von den Schultern und stopfte sie in den Müllsack. Noch einmal warf er einen Blick auf Lestizza, der bald wieder zu sich kommen mußte.
»Hau ab«, herrschte er den jungen Hund an, der sich näherte. Eingeschüchtert schlich das Tier um die Hausecke und schaute noch einmal zurück, doch die Körperhaltung des falschen Monteurs schien es davon zu überzeugen, daß es besser war, sich zu schleichen. Kurz darauf fiel die Stahltür zur Straße scheppernd ins Schloß. Sie bebte noch, als das Dienstgefährt der Energieversorgungsgesellschaft bereits den Berg hinunterrumpelte und vor dem nächsten Müllcontainer hielt. Je näher am Tatort er den schwarzen Sack loswurde, desto
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