Tod Auf Der Warteliste
Haar.
»Was hat Ramses erzählt?« fragte Proteo. »Geht es ihm besser?«
»Ich glaube schon, er kam am Nachmittag herunter und machte mir ein Kompliment nach dem anderen.«
»Er soll die Finger von dir lassen, sonst schlag ich ihm den Schädel ein.« Proteo zog Laura zu sich und küßte sie.
»Mach dir keine Sorgen«, flüsterte sie ihm ins Ohr. »Du bist mein Mann. Ich brauche keinen anderen.«
Sie riefen Emiliano an, bevor sie nach Santa Croce hinauffuhren. Es war schon nach zehn, und sie hatten Hunger, aber keine Lust zu kochen. Sie sollten sich keine Sorgen machen, sagte der Wirt der Osteria »Il Pettirosso«, irgend etwas würde er schon noch für sie zubereiten.
Die Blicke der Männer am Tresen, die sich wieder unermüdlich auf ihrem Feldzug gegen den offenen Weißwein von den Küstenhängen befanden, galten Laura, als Emiliano sie wenig später in den Saal führte. Zur Vorspeise bestellten sie Canoce, Meeresheuschrecken, die der letzte Fischer vom Dorf vor ein paar Stunden erst vorbeigebracht hatte, und als Hauptgang eine große Platte panierte Sardinen, sardoni impanai, wie sie im Dialekt hießen. Ein einfaches, aber äußerst schmackhaftes Gericht. Proteo wollte nichts Kompliziertes essen, wie er sagte, dafür aber unbedingt nochmals den Wein vom letzten Mal trinken.
»Wir müssen für Sonntag planen«, sagte Laura.
»Du hast ja recht, auch wenn mir die Lust vergangen ist.«
»Nun laß den Kopf nicht hängen! Gerade in dieser Situation ist es wichtig, daß alle zu uns kommen. Das gibt Rückendeckung. Hat Staatsanwalt Scoglio inzwischen zugesagt? Und der Questore?«
»Ich bin gespannt, ob ihnen in letzter Minute noch eine Ausrede einfällt. Ich hoffe, dein Groll auf Marietta hat sich gelegt. Wir können sie nicht ausladen, und du hast keinen Grund zur Eifersucht. Wirklich.«
»Es war nicht so gemeint. Was hältst du davon, wenn wir uns weniger Arbeit machen und Emiliano bitten, uns die Platten vorzubereiten?«
»Das wird einiges kosten. Und bitte auf Rechnung!«
»Es ist nur Geld, Proteo. Du bist zu angespannt. Wer weiß, ob sie dich nicht auch am Samstag befragen werden. Und ich muß morgen wegen des Caravaggio nach Venedig. Es kommt immer alles zusammen.«
»Allerdings. Haben sich die Kinder gemeldet?«
»Livia hat einen Flug am Samstag, Marco kommt mit dem Zug. Er hat doch freibekommen. Und Patrizia und deine Mutter holst du ja morgen ab.«
»Hoffentlich schaff ich das. Ich muß vorher zu einem offiziellen Mittagessen. Keine Ahnung, wie lange es dauert.«
»Mit wem?«
»Die Staatsanwältin aus Pola.«
»Živa?«
»Ja.«
Neuer Tag, neues Glück
Proteo Laurenti mußte warten. So wie sein Hund im Auto. Ohne zu wissen, wie lange, und was geschehen würde. Auf die Minute genau meldete er sich am Freitag morgen um acht Uhr bei den Carabinieri im Stadtteil Barcola und mußte dem Beamten am Empfang seinen Personalausweis aushändigen. Dann folgten einige Telefonate, in denen der junge Carabiniere sich erkundigte, wohin er Laurenti, der zum Bittsteller geworden war, schicken sollte. Ganz offensichtlich hatte er den Namen des Vizequestore noch nie gehört. Laurenti war zu seinem eigenen Erstaunen völlig gelassen. Er spürte nicht die geringste Nervosität. Er hatte den »Piccolo« dabei und blätterte darin.
Acht Schweine auf Sant’Anna. Pilotprojekt in Triest, lautete der Titel.
Acht Särge mit den sterblichen Überresten von acht Schweinen befinden sich seit zwei Jahren auf dem Friedhof Sant’Anna. Für ein Pilotprojekt der Stadt Triest und des Gesundheitsministeriums wurden die Schweine in geweihter Erde beigesetzt. In aller Stille hat eine Delegation von Technikern der Regierung den Ort und den Verwesungszustand der Tiere geprüft. Die Genugtuung über das Experiment der Mineralisierung der acht Schweine ist berechtigt. Aus der Haltbarkeit der Särge werden Erkenntnisse zur Überarbeitung der nationalen Bestattungsordnung gezogen. Triest ist also auch in diesem Bereich wieder einmal an der Spitze. »Wir haben Schweine gewählt«, sagte der zuständige Referent, »weil sie biologisch dem Menschen entsprechen.«
Der Puma auf dem Karst, sein Hund namens Almirante, Schweine auf dem Friedhof: Laurenti stand grinsend mit der aufgeschlagenen Zeitung im Eingangsbereich der Carabinieri-Station, als er ein Räuspern vernahm, das ganz offensichtlich ihm galt.
»Buongiorno, ich bin Colonnello Peso.«
»Oh, entschuldigen Sie. Ich habe Sie nicht bemerkt.« Laurenti faltete die
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