Tod den alten Göttern
und erklärt, warum Dubh Duin deinen Mann ermordet haben könnte. Darüber |195| hinaus gerätst du unter Verdacht, ihm bei der Tötung Beihilfe geleistet zu haben.«
Einen Augenblick lang starrte Gormflaith sie fassungslos an, dann aber glitt ein wehmütiges Lächeln über ihr Gesicht, was
Fidelma überraschte.
»Es tut mir leid, aber so einfach lässt sich der Mord an Sechnussach nicht klären, Lady«, sagte sie.
»Wieso?«
»Was du sagen wolltest, war doch, dass Dubh Duin meinen Mann ermordet hat, um mich aus meinem Ehebündnis zu befreien, damit
er und ich fortziehen und heiraten könnten. Sehe ich das richtig?«
»Es wäre doch eine logische Schlussfolgerung, oder?«
»Logisch für jemanden, der nicht mit den Tatsachen vertraut ist«, tadelte Gormflaith nicht ohne Streitlust.
»Tatsachen zu sammeln und aneinanderzufügen, sehe ich als meine Aufgabe an«, entgegnete Fidelma ernst.
»Zu den Tatsachen gehört, dass Dubh Duin mein Liebhaber war und wir vorhatten zu heiraten. Und gerade deshalb glaube ich nicht,
dass er Sechnussach ermordet hat.«
»Es gibt doch aber Beweise, die Zeugen am Mord …« begann Fidelma vollends überrascht.
»Er hatte keinen Grund, Sechnussach zu töten«, beharrte Gormflaith.
»Du hast mir einen gegeben, Lady. Erläutere mir, warum der nicht gilt.«
»Weil es Gesetze für eine
imscarad
, eine Scheidung, gibt.« Im Stillen musste Fidelma schmunzeln, war es doch gerade der Punkt, auf den sie Eadulf hingewiesen
hatte. »Solche Gesetze gibt es, ja. Und nach dem, was du sagst, dass ihr eine Ehe Gleichgestellter eingegangen wart, dass
dich Sechnussach geschlagen hatte, dass er dich zugunsten einer anderen zurückwies, |196| hättest du nur einen Brehon davon überzeugen müssen und du hättest dich von ihm scheiden lassen können, ohne Hab und Gut oder
deine Ehre einzubüßen. Das hast du aber nicht getan, Lady, und damit sind wir wieder bei Dubh Duins Tatmotiv.«
Gormflaith wehrte sich kopfschüttelnd. »Zwei Wochen vor Sechnussachs Ermordung habe ich die notwendigen Schritte für eine
imscarad
eingeleitet. Ich hätte das früher getan, aber meine Mutter war krank, lag im Sterben; sie hatte einen naiven Glauben und empfand
Stolz, dass ihre Tochter die Frau des Hochkönigs war. Ich wollte nicht, dass sie sich grämte, weil man ihre Tochter schlecht
behandelt hatte.«
Es herrschte Stille im Raum, und Fidelma wiegte sich leicht hin und her, während sie sich die neuerliche Aussage durch den
Kopf gehen ließ.
»Du kannst das natürlich beweisen? Das mit der Einleitung der Scheidung, meine ich?«, fragte sie bedächtig.
»Sonst hätte ich es nicht gesagt.«
»Und Dubh Duin wusste davon?«
»Ja.«
Fidelma lehnte sich zurück und betrachtete nachdenklich die Frau. Wie verfahren die Geschichte auch war, sie glaubte ihr,
glaubte, dass sie die Wahrheit sprach.
»Zwei Wochen vor seiner Ermordung bist du – wie es der Brauch verlangt – zu Sechnussach gegangen und hast ihm eine Scheidung
vorgeschlagen.«
»Ja. Er ging darauf ein und sagte auch, dass es eine Scheidung im gegenseitigen Einverständnis sein sollte, eine Scheidung
ohne gegenseitige Schuldzuweisungen. Ich würde folglich Eigentümerin all dessen bleiben, was ich mit in die Ehe gebracht habe.
Außerdem stünde mir die Hälfte dessen zu, was sich im Laufe unserer Ehe angesammelt hat. Es sollte alles |197| so geschehen, wie es das Gesetz für Eheleute gleichen Standes vorschreibt.«
»Er war tatsächlich mit alledem einverstanden?«
»Nicht nur einverstanden, ich hatte das Gefühl, er war sogar erleichtert.«
»Ihr habt euch aber nur mündlich darüber verständigt?«
»Keineswegs. Natürlich haben wir, wie es sich gehört, die Dinge erst durchgesprochen. Als wir uns einig waren, haben wir den
Brehon gerufen, er sollte das Schriftstück aufsetzen. Derweilen ging ich zur Abtei Cluain Ioraird, wo meine Mutter, wie überhaupt
alle Stammesfürsten des Clan Cholmáin, begraben liegt. Meine jüngeren Töchter nahm ich mit. Ich wollte für die Seele meiner
Mutter beten und sie, die in der Anderswelt auf mich wartet, um Verzeihung bitten. Während meiner Abwesenheit würde der Brehon
das Dokument fertiggestellt haben, dann sollte nach meiner Rückkehr die Scheidung vollzogen werden. Anschließend wollten sich
Dubh Duin und ich auf meines Vaters Ländereien im Stammesgebiet der Cholmáin zurückziehen.«
»Wieso kam Dubh Duin aber nach Tara«, reagierte Fidelma rasch, »wenn er doch wusste,
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