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Tod den Unsterblichen

Tod den Unsterblichen

Titel: Tod den Unsterblichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl
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geregeltes Impfprogramm ausgearbeitet ist …«
    Gensel kehrte dem Monitor den Rücken und nahm den Telehörer ab.
     
    Er wählte die Nummer des Intendantenbüros. »Hier ist Gensel. Könnte ich bitte Mr. Tremonte sprechen. Funktionsnotstand.«
    Das Mädchen war sachlich und tüchtig (aber hatte ihre Stimme nicht ein leichtes hysterisches Tremolo?). »Ja, Sir. Mr. Tremonte ist zu Hause. Ich verbinde Sie.« Klick, klick. Das Bild wackelte, wurde verschwommen, dann schwarz.
    Nun kam es wieder. Der alte Tremonte hatte es sich in einem großen Ledersessel bequem gemacht und starrte irritiert vor sich hin; der flackernde Schein auf seinem Gesicht verriet, daß er an seinem Kamin saß. »Ja? Was gibt’s, Gensel?«
    Diese sonderbare dünne Stimme. Gensel war aus Pflichtbewußtsein immer scharf gegen die Witzeleien über den Alten vorgegangen – er hätte keine Mandeln, sondern Transistoren; seine Frau bringe ihn nicht ins Bett, sondern schalte ihn einfach ab. Aber es war etwas Unheimliches an seiner langsamen, mechanischen Sprechweise; und dieses alte gefurchte Gesicht! Gensel sagte hastig: »Sir, alle Programme bringen zwischendurch dauernd Nachrichten. Die Situation verschlimmert sich ständig. Kanal Fünf hat die Sportschau gestrichen, Kanal Sieben hat ein altes Band von Bubbles Brinkhouse ablaufen lassen – es heißt, er liege im Sterben. Ich möchte auf Notstand umschalten. Alle Unterhaltungssendungen streichen; alle Kanäle für Nachrichten und Anweisungen zum Schutz der Bevölkerung reservieren.«
    Der alte Tremonte rieb sich die lange dünne Nase und brach plötzlich in Lachen aus, wie ein Schaufensterweihnachtsmann. »Gensel, mein Junge«, krächzte er. »Regen Sie sich nur nicht über ein paar Triefnasen auf. Sie haben es mit einem wichtigen öffentlichen Dienst zu tun.«
    »Sir, Millionen sind krank, sterben vielleicht!«
    Tremonte sagte langsam: »Es bleibt noch eine Menge übrig, die nicht stirbt. Wir setzen unser normales Programm fort, und Gensel, ich verreise ein paar Tage; ich erwarte, daß Sie die Verantwortung übernehmen. Ich erwarte aber nicht, daß Sie auf Notstand umschalten.«
    Ich habe keine Gelegenheit gehabt, ihm von der Meldung aus Philadelphia zu berichten, dachte er verzweifelt und hatte die Hunderte vor Augen, die vor dem Städtischen Krankenhaus zu Tode getrampelt worden waren.
    Er betastete seine warme Stirn und beschloß düster, daß er wirklich noch ein paar Aspirin nötig hatte … obwohl ihm die letzten beiden aus irgendeinem Grund nicht bekommen waren. Gar nicht, ihm war ziemlich übel.
    Richtig übel.
    Aus der Kabine sah der Assistent, wie sein Chef schwerfällig zur Herrentoilette eilte, eine Hand auf den Mund gepreßt.
    Der Assistent grinste. Eine Viertelstunde später verging ihm freilich das Grinsen. Nämlich als der Toningenieur von Kanal Drei hereinstürzte und ihm sagte, daß der Chef bewußtlos auf dem Boden der Herrentoilette liege und wie ein undichter Dampfkessel atme.
     
    Cornuts Sinne begannen durch den ihm eingeflößten schwarzen Kaffee allmählich wieder einigermaßen normal zu funktionieren. Er war noch nicht nüchtern, aber immerhin imstande zu begreifen, was um ihn herum vorging. Er hörte Rhame mit Locille reden: »Was er eigentlich nötig hat, sind massive Vitaminspritzen. Die würden ihn gleich wieder auf die Beine bringen – aber Sie haben ja selbst gesehen, wie es bei der Universitätsklinik aussieht. Wir müssen eben warten, bis er wieder nüchtern ist.«
    »Ich bin nüchtern«, sagte Cornut wach, aber er wußte, daß es nicht stimmte. »Was ist passiert?«
    Er hörte sich an, was sie ihm über die Vorfälle in den letzten vierundzwanzig Stunden erzählten. Locilles Bruder war tot, Egerd tot, eine Seuche im ganzen Land ausgebrochen … die Welt hatte sich verändert. Er hörte zu und war beeindruckt, aber sein Alkoholspiegel war noch so hoch und der Druck, den die Unsterblichen auf ihn ausübten, noch so stark, daß er imstande war, die neue Welt objektiv zu betrachten. Schlimm, sehr schlimm. Aber – er schämte sich – warum hatte er es nicht geschafft, sich umzubringen?
    Locilles Hand lag in seiner Hand, und Cornut, der Locille ansah, wußte, daß er sie nie wieder loslassen wollte. Er war nicht gestorben, als er sterben sollte. Jetzt … jetzt wollte er leben. Es war zwar beschämend, aber er konnte es nicht abstreiten.
    Er fühlte noch den Alkohol in sich, der der Welt ein freundliches, frisches Aussehen verlieh. Er schämte sich, gewiß, aber es

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