Tod einer Queen
gekleideten Stadtreinigungstrupp zu der Kolonne von Hundeführern hinüber, die sich den Hang hinunterarbeiteten, dann wieder zurück. Von Lorenzini, der mit ihm Streifendienst hatte, war nichts zu sehen. Vielleicht war er auf der Straße hinter der Mauer, wo der Krankenwagen stand und der Staatsanwalt leise mit dem Arzt sprach. Der Wachtmeister hörte ihre Stimmen durch die stille Abendluft. Falls dort noch Schaulustige herumstanden, waren sie ebenso stumm wie er. Ein-, zweimal schaute er auf die zwei Plastiktüten hinunter, die neben ihm auf einer Gummiplane lagen, und dann kehrte sein Blick wieder zur Stadt zurück, die dort unten lag. Nach seiner Vermutung befand er sich fast genau hinter dem Revier. Ein Teil des Palazzo Pitti schimmerte durch die Bäume des Boboli-Gartens. Er dachte an Bruno. Man hätte annehmen sollen, daß ein Junge seines Alters – er war gerade erst neunzehn geworden – sich zurückgehalten hätte oder gar davongeschlichen wäre und sich übergeben hätte. Aber nicht Bruno. Gerade kam er ihm entgegen, mit leuchtenden Augen und ein wenig atemlos von all der Anstrengung .
»Sie glauben, daß jetzt nichts mehr herumliegt, sonst hätten die Hunde es ja gefunden. «
»Hmm. «
»Sind Sie anderer Meinung? «
»Vielleicht. «
Auch Bruno sah jetzt auf die beiden Plastiktüten, aber sein Gesicht verriet nicht mehr als Verwunderung und Enttäuschung .
Lorenzini hatte um zehn vor zwölf versucht, mit dem Wachtmeister zu telefonieren, der seinerseits mit dem Hauptquartier Borgo Ognissanti sprach, im Moment aber auf die Auskunft warten mußte .
»Schon was gefunden? «
»Noch nichts.« Der Mann am anderen Ende hatte den Namen des vermißten Jungen aus Syrakus in den Computer eingegeben und wartete auf die Antwort. »Jetzt kommt was…« Der Wachtmeister hörte, wie der Computer eine kurze Meldung ausspuckte .
»Na und? «
»Nichts. Keine Vorstrafen. Kann ich sonst noch was für Sie tun? «
»Nein. Trotzdem vielen Dank! Ich werd mich mal bei den Krankenhäusern umhören, aber das schaffe ich selbst, hier ist nicht viel los heute vormittag. «
Doch dann kam Lorenzinis Anruf .
»Wenn ich bloß mit dem Arzt sprechen könnte«, sagte Bruno. »Glauben Sie… «
»Nein«, sagte der Wachtmeister, und dieses eine Mal war er um eine Antwort nicht verlegen. N »Tja…« Er starrte noch immer auf die durchsichtigen Plastiktüten. »Ich habe aber gehört, was er zum Staatsanwalt gesagt hat, das mit den Brüsten. Es ist eine ganz junge Frau. «
»Ja. «
Bruno schielte auf die andere Tüte und kniete sich plötzlich hin .
»Haben Sie gesehen? Der Nagellack ist ganz frisch aufgetragen, nicht geplatzt oder so. Was glauben Sie, ist das wichtig? «
»Ich weiß es nicht. «
»Wenn wir nur den Kopf finden würden. Glauben Sie, daß es ein Triebtäter war? «
»Ich weiß es nicht. «
»Der Doktor meint aber, daß wahrscheinlich eine Säge verwendet wurde! Es könnte ein Triebverbrecher gewesen sein. «
»Ja. «
»Was tun wir als nächstes? «
»Nichts. «
»Nichts? «
»Sofern wir nicht gebeten werden, in diesem Fall Unterstützung zu leisten. Die Ermittlungen werden vom Hauptquartier übernommen, sobald ich meinen Bericht abgegeben habe. «
Bruno wirkte enttäuscht. »Das wäre doch wirklich toll, an solch einem Fall arbeiten zu können. Gute Erfahrung für mich. Ich wünschte mir, daß ich den Kopf finden würde! «
Am Ende war er es tatsächlich. Die Hunde bewegten sich in einer Reihe den Abhang hinunter, und da die Hundeführer Bruno nicht im Weg haben wollten, schloß er sich den Männern von der Stadtreinigung an, die oben auf der Straße zum nächsten blauweißen Container unterwegs waren. Als sie ihn gerade leeren wollten, war es Bruno, der aus einem Riß in einem Müllsack die langen dunklen Haarsträhnen hervorquellen sah .
Der obere Teil des Rumpfs, dann ein Unterarm und dann der Kopf. Der Rest blieb unauffindbar. Vermutlich hätten sie überhaupt nichts gefunden, wenn sich die Leute, die an dieser Straße wohnten, nicht schon seit Wochen über den Müll beklagt hätten, der dort jenseits der Mauer illegal abgeladen wurde. An diesem Vormittag war die Stadtreinigung schließlich gekommen, um dort aufzuräumen, und Bruno, der am Steuer des Streifenwagens gesessen hatte, hatte unbedingt sehen wollen, was dort vor sich ging, weil das Fahrzeug der Müllabfuhr den Verkehr behinderte. Zusammen mit ein paar Matratzenfedern und einem kaputten Stuhl wurde auch ein alter Koffer aufgeladen, der
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