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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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Atem von der Scheibe und spähte mit gerecktem Hals nach unten.
    Der Wagen hielt und jemand stieg aus. Er drehte sich um und blickte zum Fenster hinauf – und Iwan sah, dass der Mann nicht
     sein Vater war, sondern ein jüngerer Mann, dessen dicker Bauch sich unter dem Trenchcoat wölbte. Selbst von hier oben erkannte
     Iwan den roten Stern am Kragenaufschlag. Es war ein Parteifunktionär.
    Iwan spürte, wie ihm die Enttäuschung in die Kehle stieg, und presste den Mund zusammen.
    Er beobachtete den Funktionär, der jetzt über die schneebedeckte
Fläche kam, die im Hufeisen der Wohnblocks lag. Die Wege waren geräumt worden und zeichneten sich im weißen Schnee schwarz
     ab. Der Funktionär ging am Arbeiterdenkmal und am Klettergerüst vorbei direkt auf Iwans Wohnblock zu. Iwan sah, dass er eine
     große lederne Aktentasche trug.
     
    Zum Schuppen führten zwei tief ausgefahrene Fahrrinnen. Er war ein Wellblechgebäude, und die Schiebetür, die auf Laufrollen
     lief, war mit Brettern und Balken von außen verbarrikadiert. Larry stand da, sah Fletcher und Sal an und trat von einem Bein
     aufs andere.
    »Das wird ihnen gar nicht gefallen. Hier geht keiner rein, nicht mal ich.«
    »Machen Sie die Tür auf, Larry«, sagte Sal.
    Larry biss sich auf die Lippen, räumte die Holzbarrikade beiseite und stemmte sich mit der Schulter gegen die Tür. Sie erbebte
     und glitt dann auf. Sal trat als Erste ein.
    Ihr schlug uralter Stallgeruch entgegen, und dazu kam noch der stechende Geruch von Maschinenöl. Wo die Sonne durch die Tür
     und durch Ritzen in Dach und Wänden einfiel, war das Innere von Lichtbalken gestreift. Sal sah einen mit Altmetall und Schrottteilen
     übersäten Betonboden, auf dem es von Fußabdrücken und Reifenspuren wimmelte. Sie spähte angestrengt zur hinteren Schuppenwand.
    Dort stand etwas im Dunkeln, und Fletcher bahnte sich bereits einen Weg durch das Durcheinander auf dem Boden und trat darauf
     zu. Als Sal ebenfalls dort ankam, erkannte sie eine ölfleckige Schutzplane, unter der etwas sehr Großes, Kantiges verborgen
     war. Fletcher hob die eine Ecke der Plane an, sie die andere, und gemeinsam zogen sie sie weg. Staub flog auf und trudelte
     in den Lichtbalken nach oben.
    Was sie nun vor Augen hatten, sah aus, als entstammte es einer anderen Welt. Es war ein Fahrzeug mit einer Karosserieaus primitiv gepresstem Stahlblech, dessen Falznähte sich wie Rippen abzeichneten. Die Form war rein zweckmäßig, die Seiten
     flach, die Kanten nicht abgerundet. Die Räder waren mit getrocknetem Schlamm verschmiert, doch das Motorgehäuse war gereinigt
     worden. Vorn, wo die gewölbte Motorhaube ins Licht ragte, war der Kühlergrill von zahllosen Aufprallen eingedellt. Doch die
     Russen hatten ihn instand gesetzt und den Stahl auf Hochglanz poliert. Unterhalb des Kühlerverschlusses war etwas ins Metall
     eingestanzt. Ein Name.
    Sal streckte die Hand aus und befühlte die Buchstaben, die ins kalte Metall gestanzt waren: NIVA STAVROPOL.   USSR.
    Darunter ertastete sie einen fünfzackigen Stern.
    Sie wandte sich Fletcher zu. »Ein Traktor? Die Russen sind wegen eines Traktors hier?«
     
    Peter Charter erzählte noch einmal, was er wusste: dass die Russen den alten Traktor irgendwo auf einem Feld entdeckt und
     hergeschleppt hatten. Sie behandelten ihn mehr als respektvoll, geradezu ehrfürchtig, ganze Vormittage verbrachten sie mit
     Feilen und Polieren.
    »Von welcher Farm stammt er denn?«, fragte Fletcher.
    Charter zuckte die Schultern. »Irgendwo aus der Umgebung. Es ist ein altes Modell, das vor Jahren in Gebrauch war – vielleicht
     vor fünfundzwanzig Jahren. Heute sieht man die Dinger nicht mehr.« Plötzlich wurde er wieder nervös. »Mein Iwan kommt doch
     zurück, oder?«
     
    Sie hielten vor dem Viehrost und stellten den Motor aus. Wie die Charter Farm dort hinten ganz am Ende der Zufahrt lag, wirkte
     sie noch einsamer als vorher. Fletcher sah zu den Krähen auf, die die Baumwipfel umkreisten.
    »Meinst du, Iwan hat die weite Reise wirklich nur gemacht, um einen Traktor zu finden?«, fragte Fletcher.
    »Nein, aber ich glaube, dass Traktoren für Iwan eine Rollespielen. Und wo kauft man einen Traktor – heute oder vor fünfundzwanzig Jahren?«
    »Bei einem Landmaschinenhändler wie Breakman Machinery«, sagte Fletcher. »Da ist tatsächlich eine Verbindung, falls Breakman
     jemals russische Traktoren im Sortiment hatte. Aber warum hat Iwan sich hier bei Charter eingenistet, ohne ihn nach
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