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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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sie nach drinnen.
    Sie betraten einen großzügigen Raum. Im schimmernden Marmorboden spiegelten sich das Weiß der Decke und die hellen Deckenbalken
     aus Eschenholz. An den Wänden standen Glastische. Sie spiegelten die aufgehängten Bilder, die bunten Keramikskulpturen in
     den Ecken und ein monumentales abstraktes Gemälde wider, das eine Wand komplett ausfüllte. In einem der Tische spiegelte sich
     außerdem eine junge Frau, die vollkommen reglos auf einer langen Ledercouch saß, die Hände im Schoß gefaltet.
    Sal und Fletcher stellten sich vor.
    Die Frau lächelte. Sie trat zur Treppe und rief nach oben: »Vater, die Polizei ist da.«
    »Ich bin eine
schlechte
Detektivin«, flüsterte Sal.
    Die Frau kam zurück und setzte sich wieder. Sie trug ein schlichtes, aber raffiniert geschnittenes Leinenkleid. Sie streckte
     die nackten Beine auf dem glänzenden Boden aus. »Ich heiße Judith«, sagte sie.
    Nach Fletchers Schätzung musste sie etwa fünfundzwanzig sein, und irgendetwas an ihr verwirrte ihn. Das dunkle Haar ihres
     Pagenkopfes schmiegte sich um ein Gesicht, das einem Stummfilm entsprungen zu sein schien: hohe Wangenknochen, ein blasser
     Teint und Lippen, die wie nachdenklich geschürzt waren. Ihre Augen unter dem dunklen Pony waren grün, ihr Körper wirkte ausgesprochen
     athletisch. Ob sie viel Sport trieb, vielleicht schwamm? Dann entdeckte er einen Boxsack, der in der Zimmerecke von einem
     Deckenbalken herabhing. Er warf einen Blick auf ihre Hände.
    Als er wieder aufsah, stand jemand am Fuß der Treppe und beobachtete ihn, ein großer Mann in den Fünfzigern, der gerade in
     aller Ruhe eine Zigarrenhülse aufschraubte. Er trug ein Hemd mit Monogramm, eine Rolex, Jeans und elegante Schuhe. Er zündete
     seine Zigarre mit einem Benzinfeuerzeug an, wobei graue Qualmwölkchen aufstiegen. Schließlich sagte er: »Ich bin Thomas Denton.
     Und Sie kommen gerade rechtzeitig zu einem späten Lunch.«
    »Vielen Dank, aber wir sind im Dienst.«
    Der Mann lachte. »Ich fordere Sie ja nicht zum Tanzen auf, mein Junge. Sondern nur zum Essen.«
     
    Fletcher hatte gar nicht gemerkt, wie hungrig er war.
    In der Küche, die sich hinter einer langen, geriffelten Glaswand befand, stand schon etwas auf dem Herd und köchelte. »Raten
     Sie einmal, was das ist«, sagte Denton lächelnd, als erdas Essen auftrug. Fletcher kostete: irgendein Fisch mit einem erdigen Beigeschmack.
    »Ein Süßwasserfisch?«
    »Möglich.«
    Fletcher sah, dass Judith heimlich und verhalten lächelte. Ihm fiel auf, dass sie ihren Vater niemals direkt ansah, und er
     bemerkte, dass auch Sal die junge Frau beobachtete. Außerdem bemerkte er, dass Dentons Zigarre in einer abgelegenen Zimmerecke
     vor sich hin gloste.
    »Es muss um etwas Ernstes gehen, wenn Sie gleich zu zweit kommen«, sagte Denton, wieder mit einem breiten Lächeln. Er ließ
     die Muskeln der mächtigen Schultern unter dem Seidenhemd spielen. Nach einem Blick auf Sal sah er wieder Fletcher an.
    »Es geht um
The Wake
«, erklärte Fletcher.
    Denton lächelte immer noch, aber einen Moment lang wanderten seine braunen Augen zum Fenster.
    »Der alte Verein?«
    »Erzählen Sie mir davon.«
    Denton hob die Augenbrauen. »Hereward The Wake«, erklärte er. »Deswegen hatten wir den Verein
The Wake
genannt, wussten Sie das? Nach dem Lokalhelden.« Er nickte vor sich hin und redete nun schneller, den Fisch noch immer unangetastet
     auf dem Teller. »Das waren schöne Zeiten. Wir hatten historische Kostüme, Normannen und Sachsen, ganz authentisch. Wir zogen
     über die Dörfer und führten die alten Schlachten auf. Wer noch kein Kettenhemd am Leib gehabt und noch nie ein normannisches
     Breitschwert geschwungen hat, der hat nicht gelebt! Das Geräusch, wenn dieses Schwert durch die Luft zischt, das kann ich
     gar nicht beschreiben.«
    »Mr Denton . . .«, begann Sal.
    »Sie können mich gern Thomas nennen.«
    »Thomas, wissen Sie, warum wir danach fragen?«
    »Wie das Seufzen eines Mädchens«, sagte Thomas plötzlich. »Ich meine, so klingt das Zischen eines Breitschwerts. Und ja, warum
     fragen Sie mich eigentlich danach?
The Wake
besteht schon seit Jahren nicht mehr, wir hatten alle irgendwann zu viel zu tun.« Er wies mit einer Geste auf das Haus. »Ich
     hatte damit zu tun, das hier aufzubauen.«
    Judith blieb stumm und betrachtete mit ihren grünen Augen die Bäume jenseits des Fensters.
    »In Breakmans Verkaufshaus ist etwas vorgefallen.«
    »Allerdings«, stimmte Thomas zu.

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