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Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman

Titel: Tod einer Strohpuppe: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Lennon
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Sie?«, rief er.
    Als er näher kam, erkannte er den Umriss zweier Männer durch die Windschutzscheibe. Waren es dieselben wie zuvor? Er ging
     auf den Bürgersteig und trat dicht an den Wagen heran. Durchs Seitenfenster erkannte er den Beifahrer mit dem kurz geschnittenen
     grauen Haar, das Gesicht gefleckt vom orangefarbenen und grünen Licht der Armaturenleuchten. Der Mann sah ihn durch die Scheibe
     hindurch an, grinste dann plötzlich und brach in lautloses Gelächter aus. Der Fahrer beugte sich vor und blickte zu Fletcher
     hinüber. Auch er lächelte und sagte ein paar für Fletcher nicht hörbare Worte, bevor er plötzlich so rasant anfuhr, dass sein
     Beifahrer in den Sitz gepresst wurde. Fletcher fühlte einen Schwall heißer Luft und roch Auspuffgase, und dann krachte der
     Omega gegen die geöffnete Tür des Audis.
    Glas zersprang klirrend und Fletcher sah, wie die abgerissene Tür des Audis über die Motorhaube des Omegas katapultiert wurde
     und auf der Straße landete, wobei Fetzen der Türverkleidung in alle Richtungen spritzten. Abgerissene Kabelenden hinter sich
     herziehend, trudelte die Tür noch ein kleines Stück weiter. Da war der Omega schon verschwunden, nicht einmal seine Schlussleuchten
     waren noch hinter der Brücke zu sehen.
    Fletcher stürmte über das Scherbenfeld, stieg in den Audi und drehte den Zündschlüssel im Schloss, doch nichts rührte sich.
     Die Sicherungen waren herausgesprungen.
    Einige Schaulustige versammelten sich auf dem Bürgersteig und zeigten auf den Wagen, dem nun die Tür fehlte. Ein Student stand
     schwankend da und schüttelte langsam den Kopf.
    »So ein Glück, dass Sie nicht da gestanden haben. Ich mein, so ein Glück.«
    Fletcher stieg aus. Er versetzte der kaputten Tür einen so heftigen Fußtritt, dass sie quer über die Straße rutschte.
    Mit Glück hatte das nichts zu tun. Diese Männer waren nur aus einem einzigen Grund nicht noch weiter gegangen. Sie wollten
     ihn wissen lassen, dass sie ihm auf den Fersen waren. Sie wussten, wo Cathleen und Luke wohnten, und jetzt wussten sie auch,
     wo sein Vater lebte. Je mehr er über Thinbeach herausbekam, desto mehr erfuhren sie über ihn.
    Und der Fahrer hatte etwas zu ihm gesagt. Fletcher war sich nicht sicher, meinte aber, es seien die Worte
Wir wissen Bescheid
gewesen.
    Irgendetwas lag in der Luft, ein Geruch, den er nicht loswurde. Fletcher schnüffelte an seinem Hemd. Der Rauch von Kiefernholz.

Freitagmorgen
    Das Hotel, das der Mann von der Leihwagenfirma Sal empfohlen hatte, war, wie sich herausstellte, sowohl ruhig als auch schön.
     Es war ein kleiner Hotelbetrieb in einem Tal nördlich von Lissabon. Steinboden, Geranien und Fensterläden. Ein großes Bett.
     Auf dem Handy hatte sie eine Nachricht von Fletcher, der ihr mitteilte, dass der Gegenstand, den man damals bei der Leiche
     des Russen gefunden hatte, eine Thinbeach-Strohpuppe sei. Sie streckte sich auf der sauberen Bettwäsche aus, schloss die Augen
     und drückte das Gesicht ins Kissen. Die Stille war berauschend.
    Eine Strohpuppe? Großer Gott. Hatte Tony Olland auf so etwas angespielt? Die Geschichten über das verrückte Dorf. Die alten
     Sagen von der Braut von Thinbeach.
    Sie schlief rasch ein.
    Gegen Morgen war die Zeit um tausend Jahre zurückgedreht. Sie lag in einem anderen Bett auf einem Laken aus Flachs, und neben
     ihr lag ihr Mann. Er war doppelt so alt wie sie. Sein geschorener normannischer Schädel war schweißnass, sein nach Wein stinkender
     Mund stand offen und er brabbelte im Schlaf in seiner idiotischen Muttersprache vor sich hin.
    Sie stand auf und merkte, dass sie nackt war. Nach dem verschwitzten Bett war es kühl im Zimmer. Sie ging zur Haustür von
     Blindy House und spürte den Steinboden unter den nackten Füßen. Die Tür stand offen, und statt der Shamblings lag da draußen
     ein Obstgarten, der über die halbe Insel fast bis zu der neuen normannischen Kirche reichte, wo ihre Hochzeitstattgefunden hatte, aber nur, weil die Dorfweiber sie vorher mit Mohn ruhiggestellt hatten.
    Die Bäume, graublau vor dem Morgenhimmel, hingen voller Äpfel. Das Gras schmiegte sich feucht zwischen ihre Zehen und die
     Rinde der Apfelbäume kratzte über ihre Haut, als sie sich zwischen ihnen hindurchschob.
    An einem Baum stand, mit Holzkeilen befestigt, eine Leiter. Sie stieg hinauf und spürte, wie die Äpfel ihr Platz machten,
     der Tau sich feucht und üppig in ihr Haar legte und glänzend über ihre Brüste streifte. Ihre

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