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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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sie natürlich genauso, aber was will man erwarten, wenn die Erwachsenen mit schlechtem Beispiel vorangehen? Alles in allem ist das schon eine merkwürdige Ecke, auch wenn ich mich wahrhaftig nicht darüber beklagen kann, wie man mich in den Geschäften behandelt. Ich setze lieber mal den Kaffee auf … «
    Der Maresciallo, gesättigt und zufrieden, machte es sich in einem Sessel bequem. Doch irgend etwas fehlte … »Teresa! Wo ist die Zeitung? «
    »Heute gibt es keine Zeitung. «
    »Ach, richtig. Das habe ich vergessen. «
    »Im Ersten kommen gerade Nachrichten. «
    Er schaltete den Fernseher ein und setzte sich wieder hin. Aber die Nachrichten vermochten ihn nicht zu fesseln. Er starrte auf einen ausländischen Würdenträger, der einer großen Limousine entstieg, und fragte sich, ob sich seine Frau so gut in Florenz eingelebt hatte, wie sie immer behauptete. Immer wieder umzuziehen bedeutete Unruhe und Verunsicherung, auch für die Kinder. Aber so war nun mal das Leben beim Militär. Er konnte nichts daran ändern. Trotzdem warf er, sobald er wieder in seine Uniform geschlüpft war und sich zum Gehen anschickte, noch einen Blick in die Küche und sagte: »Heute abend ist wohl alles zu, die Kinos auch, oder? «
    »Ich glaube schon. Warum? Wolltest du ins Kino gehen?« Das war so ungewöhnlich, daß es sie überraschte .
    »Nein, nein … ich dachte nur, wir könnten irgend etwas unternehmen oder irgendwo hingehen. Immerhin ist Feiertag. «
    »Na ja, wir können ja um den Block gehen. «
    Sie nannten es ›um den Block gehen‹. Der gewohnte Spaziergang, bei dem sie den Fluß auf dem Ponte Vecchio überquerten, unter den schmiedeeisernen Laternen am Ufer bis zur nächsten Brücke und dann wieder über den Fluß gingen, auf dem Rückweg kurz haltmachten und sich in den winzigen Park vor der evangelischen Kirche setzten, um zu plaudern oder über das Wasser auf den zinnenbewehrten Turm des Palazzo Vecchio zu blicken. Die angestrahlten Paläste und die Lichterketten, der warme, dunkle Himmel und der große Augustmond boten ein eindrucksvolles Schauspiel, das zu betrachten sie nie müde wurden und jedem Film vorzogen. Dazu kam, daß sie sich dabei unterhalten konnten, wenn ihnen danach zumute war. Teresa beklagte sich ständig darüber, daß der Maresciallo kein Gefühl dafür hatte, was sich wo gehörte. Ihr zufolge tendierte er dazu, im Kino laute, irrelevante Bemerkungen loszulassen, so daß die Umsitzenden zu zischen anfingen, und bei Familientreffen, wenn er Konversation machen sollte, wie ein Holzklotz dazusitzen, in Gedanken kilometerweit weg .
    Umgekehrt beklagte er sich andauernd, daß sie immer übertrieb .
    Doch heute abend konnten sie ›um den Block gehen‹ und in der Nähe des Ponte Vecchio ein Eis essen. Bestimmt hatte selbst heute eine Eisdiele offen, da im Stadtzentrum Scharen von Touristen unterwegs waren .
    Ob es so war, sollte er nie erfahren. Der Anruf kam beim Abendessen, noch bevor er Zeit gehabt hatte, sich umzuziehen. Anfangs hatte er Mühe, etwas zu verstehen, weil die Stimme so leise war und so lapidar klang, daß ihm die Dringlichkeit nicht gleich zum Bewußtsein kam .
    »Ich wollte Sie persönlich sprechen, auch wenn mir klar ist, daß ich Sie bestimmt beim Essen störe; aber ich halte es für das Beste. Wir haben uns vor einiger Zeit kennengelernt, vielleicht erinnern Sie sich noch. «
    »Wer spricht denn da? «
    »Gianfranco. «
    »Gianfranco? Aber ich kenne niemanden … «
    »Gianfranco Cini«, grummelte die Stimme leise weiter, »aber die meisten Leute nennen mich schlicht Franco. Sie erinnern sich doch bestimmt, daß Sie sich ein blaues Auge geholt haben und in meine Bar gekommen sind … «
    »Ach, natürlich.« Jetzt konnte er die Stimme zuordnen, gelassen und nicht aus der Ruhe zu bringen wie ihr Besitzer .
    »Freilich erinnere ich mich … «
    »Jedenfalls wäre es gut, wenn Sie herkommen oder jemanden schicken könnten. Sie ist schon eine Zeitlang tot, glaube ich, und ich weiß nicht, ob es richtig war oder nicht, die Tür aufzubrechen. Jedenfalls, was geschehen ist, ist geschehen, und das konnten wir ja nicht ahnen. Wer weiß, vielleicht hätten wir noch rechtzeitig zur Stelle sein können, was meinen Sie? «
    Was sollte er denn meinen? Er hatte keine Ahnung, wovon der Mann die ganze Zeit in diesem sanften Ton redete, als würde er Bemerkungen über das Wetter machen .
    »Haben Sie gesagt, daß jemand tot ist?« Vielleicht hatte er sich verhört .
    »Und ob sie tot ist, da

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