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Tod einer Verrückten

Tod einer Verrückten

Titel: Tod einer Verrückten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Magdalen Nabb
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besteht gar kein Zweifel. Natürlich ist Pippo kein Arzt, aber trotzdem … Wir haben die Misericordia angerufen, aber ich habe zu Pippo gesagt, vielleicht wollen die sie in einem solchen Fall nicht einfach mitnehmen, denn da wird es Formalitäten geben. Ehrlich gesagt, auch wenn der äußere Anschein dagegenspricht – und ich glaube nicht, daß es da Zweifel geben kann –, hatte ich schon ein komisches Gefühl bei dem Gedanken, daß sie Sie gestern nacht angerufen hat, na, Sie wissen schon. «
    »Mich angerufen? Ich …« Aber er bekam keine Gelegenheit, ein Wort einzuflechten. Die leise Stimme murmelte weiter .
    »Wahrscheinlich kommt so was eben vor, aber trotzdem hatte ich ein eigenartiges Gefühl. Jedenfalls wollte ich, daß Sie Bescheid wissen. Um alles andere habe ich mich gekümmert … «
    Am Ende hängte der Maresciallo buchstäblich mitten im Satz ein, nachdem es ihm nicht gelungen war, Francos Redefluß zu unterbrechen, um wenigstens zu sagen: »Ich bin in fünf Minuten da. «
    »Wohin gehst du?« Seine Frau kam aus der Küche, als er wieder in sein Jackett schlüpfte .
    »Jemand hat mich alarmiert. «
    »Weshalb denn bloß? «
    »Ich habe nicht die leiseste Ahnung. «
    Zu Fuß wäre er genauso schnell gewesen, aber dann nahm er doch das Auto für den Fall, daß es noch andere Dinge zu erledigen gab. Dabei wußte er gar nicht, worum es überhaupt ging. Was konnte der Mann gemeint haben, als er von einem Anruf gestern nacht sprach? Er hatte keinen Anruf erhalten. Auch da fiel ihm der Anruf, der an die Kommandantur weitergeleitet worden war, noch nicht ein, vielleicht, weil er keine Folgen gehabt hatte. Es hatte ohnehin keinen Zweck, sich jetzt den Kopf darüber zu zerbrechen, da er an Ort und Stelle alles erfahren würde. Die einzig unumstößliche Tatsache, die sich aus dem unzusammenhängenden Gerede des Barbesitzers ergeben hatte, war die, daß sie tot war .
    Erst später wurde ihm klar, daß er sich weder gefragt noch sich bei diesem Franco erkundigt hatte, wer die tote Frau war. Es kam ihm vor, als hätten sämtliche Ereignisse der letzten paar Tage der Vorbereitung auf das hier gedient und als hätte er damit gerechnet zu erfahren, daß die Verrückte, deren Namen er nicht einmal mehr wußte, tot war .
    2
    Die Szene der vergangenen Woche wiederholte sich, mit denselben Personen, der gleichen Ansammlung von Menschen, die sich unter den Fenstern des Eckhauses eingefunden hatten und hinaufschauten, und dem Maresciallo, der sich den Weg zur Haustür bahnte. Allerdings gab es winzige Unterschiede. Das Licht bei Sonnenuntergang war gedämpfter, und dasselbe galt für den Lärm, den die Leute machten. Außerdem war er diesmal in Uniform, so daß sich die Menge teilte, um ihn durchzulassen. Als er zum Fenster der verrückten Frau hinaufsah, erblickte er anstelle des plumpen, nackten Körpers einen dünnen Mann in weißem Hemd. Über das laute Gemurmel hinweg rief eine heisere Frauenstimme: »Pippo! Mach auf, der Maresciallo ist da. «
    Der Mann im weißen Hemd schaute kurz hinunter und verschwand dann. Der Maresciallo ging eilig auf die Haustür zu, die mit einem Klicken aufging, sobald er sie erreichte. Die Treppen waren sehr steil und düster, beleuchtet nur von einer schwachen, nackten Glühbirne auf jedem Treppenabsatz. Eine hübsche, pausbackige junge Frau stand in der Tür zu der Wohnung im ersten Stock, aus der warmes Licht und verlockende Essensgerüche drangen. Obwohl sie sich zurückzog, als sie den Maresciallo sah, hörte er sie, während sich die Tür schloß, noch leise »Guten Abend« murmeln .
    Er nickte nur zu der geschlossenen Tür hin, da er seinen ganzen Atem benötigte, um, den Hut in der Hand, mühsam die Treppen hinaufzustapfen .
    Pippo, der dünne Mann im weißen Hemd, erwartete ihn auf dem obersten Treppenabsatz. Noch bevor der Maresciallo ihn erreicht hatte, überfiel er ihn: »Das war Franco, der Sie angerufen hat. Ich dachte, ich bleibe lieber hier bei ihr. «
    Er war schlaksig und hatte eine große Nase und graue Augen, die unruhig hin und her flitzten und denen nichts entging .
    Der Maresciallo, ganz außer Atem, ging nicht darauf ein, folgte ihm aber durch die abblätternde schwarze Tür in die schäbige kleine Wohnung .
    »Sie ist da drin. «
    In der Küche war kaum genug Platz für den altmodischen Ausguß, einen uralten Gasherd und einen kleinen Tisch mit einer Plastikdecke. Das Fenster, nicht größer als dreißig Zentimeter im Quadrat, stand weit offen, so daß man auf

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