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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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ein Mahl zubereitet. Beim Militär gibt es nichts Nützlicheres als einen bequemen Klappstuhl. Ich setzte mich und ließ meine Lasten neben mich fallen, während Hermes mir ein Glas gewässerten Weins aus meinem Vorrat einschenkte. Er wirkte merkwürdig aufgeregt.
    »Herr, ich glaube, ich habe heute im Lager eine Göttin gesehen! Es muß Venus gewesen sein. Behauptet Caesar nicht, von ihr abzustammen? Vielleicht hat sie ihn besucht.«
    Ich nahm einen großen Schluck und seufzte. »Hermes, glaubst du ernsthaft, Venus würde mit Tierfellen bekleidet herumlaufen?«
    »Es sah ein bißchen komisch aus, aber die unsterblichen Götter sind eben anders als wir.«
    »Was du gesehen hast, war eine germanische Sklavin. Ich habe sie auch gesehen.« Der Anblick stand mir so real vor Augen wie der Becher, den ich in der Hand hielt. Selbst die barbarische Unsitte, Felle zu tragen, hatte ihrer Schönheit keinen Abbruch getan.
    Hermes grinste. »Wirklich? Dann können die Germanen ja gar nicht so schlimm sein!«
    »Meinst du? Diese Frau könnte dich wahrscheinlich problemlos über ihrem wohlgeformten Knie in zwei Teile zerbrechen. Stell dir vor, wie da erst die Männer sein müssen.«
    »Oh. Daran hatte ich nicht gedacht.«
    Ich hob mahnend den Finger. »Und, Hermes, ich kann das gar nicht nachdrücklich genug betonen: Laß dich nie, ich wiederhole, nie und nimmer dabei erwischen, sie anzustarren.« »Ist das dein Ernst?« fragte er, mir Wein nachschenkend. »Als sie vorbeikam, hingen etliche Zungen bis zum Boden.«
    »Trotzdem solltest du deine Zunge und deine Blicke tunlichst im Griff behalten, wenn sie vorbeikommt. Besser noch, schlage die Augen nieder, genauso wie ich es dir beigebracht habe, wenn ich vornehmen Besuch habe. Aber du hörst ja sowieso nie auf mich, du erbärmlicher kleiner Wicht.« Ich bückte mich, hob das kurze Schwert auf und warf es ihm zu. Er fing es auf und sah mich verwirrt an.
    »Willst du, daß ich das für dich saubermache? Es ist nicht so gut wie das Schwert, das du trägst.«
    »Es ist für dich«, sagte ich. »Ich werde dich hier im Lager bei einem Lehrer im Schwertkampf anmelden. Es wird Zeit, daß du lernst, mit einer Waffe umzugehen.«
    Er strahlte und hielt sich wahrscheinlich schon für Horatius.
    »Und daß du mir nicht auf törichte Gedanken kommst«, warnte ich ihn. »Ich tue das nur, weil du mich in Kriegsgebiete und von Banditen verseuchte Gegenden begleiten mußt. An einem zivilisierten Ort kannst du natürlich keine Waffen tragen, und in Rom darfst du sie nicht einmal anfassen, wenn du nicht eines der malerischen Kreuze vor unseren Stadttoren zieren willst.«
    Er erbleichte, wie Sklaven meistens erbleichen, wenn man ihnen gegenüber ein Kreuz erwähnt. »Keine Angst, Herr!«
    »Gut, und was gibt's zu essen?«

III
    An jenem Nachmittag rückte die ganze Schwadron von fast einhundert Kavalleristen aus. Aus dem Lager ritten wir über den Erdwall in die dahinterliegende, mit Gräsern und kleinen Sträuchern bewachsene Ebene am See. Wir durchkämmten die Gegend, um alle Helvetier aufzustöbern, die sich weit genug vorgewagt hatten, um in Schütze der Dunkelheit aus dem Hinterhalt angreifen zu können. Wir fächerten uns zu einer breiten Linie auf und ritten langsam voran, wobei wir unser besonderes Augenmerk auf die zahlreichen möglichen Verstecke richteten.
    Ein paarmal scheuchten wir zwei oder drei junge, blau angemalte, wagemutige Krieger aus einer Sträuchergruppe auf, und meine Männer setzten ihnen johlend nach wie bei einer Hasenjagd. Und die Gallier rannten auch wie die Hasen, ihre bunten Hosen blitzten auf, während sie sprangen, sich duckten und die sie verfolgenden Reiter tatsächlich noch auslachten. Es hat mir nie gefallen, den Krieg als eine Art Sport zu sehen, doch dies hier war ein Sport auf Leben und Tod. Einige meiner Männer kehrten mit blondgelockten Häuptern am Sattel zurück.
    Wir trafen auch auf eine Gruppe von Galliern, die unter Führung von weiß berobten Heralden, die efeuumrankte Stäbe trugen, durch die Ebene ritten. Es waren die helvetischen Gesandten auf dem Weg zur Verhandlung mit Caesar. Sie ritten mit beeindruckender Würde, die regelrechte Menschenhatz um sie herum ignorierend. Unter ihnen bemerkte ich auch einige Männer, die nicht wie die anderen gallischen Adeligen aussahen: bärtige Gestalten in weißen Roben und mit silbernen Stirnstreifen und andere ebenfalls bärtige Gesellen, die Tierfelle trugen. Letztere hätten durchaus Gallier sein können, doch

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