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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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weich, moosbewachsen und von verrotteten Eichenblättern bedeckt. Außerdem war er arg zertrampelt, was nicht erstaunlich war. Für einen so kleinen und entlegenen Ort mußte hier in den letzten ein oder zwei Tagen eine Menge Verkehr geherrscht haben.
    »Ich hab' was gefunden!« rief Hermes auf einmal voller Eifer.
    »Nicht so laut«, fuhr ich ihn an. »Was hast du denn?« Er hielt einen kleinen gebogenen Gegenstand von bräunlicher Färbung hoch. Er sah aus wie die Spitze eines Geweihs, das man in der Mitte für einen Riemen durchbohrt hatte, entweder als Teil einer Kette oder für einen Knebelkopf. lonus betrachtete es.
    »Germanisch«, sagte er. »Um ihre Felltuniken hier oben festzumachen.« Er klopfte sich mit der Hand auf die Schulter.
    »Dann war Lovernius also auf der richtigen Spur«, sagte ich ungeheuer zufrieden. »Schauen wir, was wir sonst noch finden.«
    Kurz darauf rief uns lonus, der in der Asche herumgestochert hatte, zu sich. Aus den Resten ragte ein verkohltes Stück Holz, auf dem noch eine Schnitzerei zu erkennen war: drei in verschiedene Richtungen gewandte Gesichter.
    »Damit kommt zu dem Mord auch noch Frevel«, sagte ich.
    »Sie haben die Stäbe der Druiden auf dem Scheiterhaufen verbrannt.« Denn es mußte Badraigs Stab sein oder der eines seiner Kollegen.
    Die weitere Suche förderte mehr zutage, als ich erwartet hatte, doch nichts von besonderem Nutzen. Es gab einige Fäden gefärbter Wolle, wahrscheinlich von der Kleidung der Gallier, die gekommen waren, um die Leichen abzunehmen. Wir fanden auch einige Fetzen Fell, die vielleicht von den Gewändern der Germanen stammten. Hermes fand ein paar wunderbar geformte Pfeilspitzen aus Feuerstein, doch die konnten genauso gut schon seit Jahrhunderten hier liegen. lonus erwies sich als eine ziemliche Enttäuschung. Offenbar ist die Jagd bei den Galliern dem Hochadel vorbehalten, so daß gemeine Krieger wie lonus kein großes Talent entwickelten, Fährten und Zeichen zu deuten.
    Ihre Begabung waren Viehdiebstahl und Krieg. Als Söhne der Stadt stellten Hermes und ich uns natürlich noch unbeholfener an.
    Mittags unterbrachen wir unsere halbherzige Suche und machten uns über unsere Vorräte her. Ich hatte ein wenig Brot und getrocknete Feigen mitgebracht. Hermes hatte vor Verlassen des Lagers ein Stück Käse in seine Tunika gestopft, und lonus hatte ein wenig gesalzenen Fisch in seinem Beutel sowie ein paar Frühlingszwiebeln, die er einem der Bauern abgekauft hatte, die auf dem Lagerforum ihre Waren feilboten.
    »Haben wir schon viel rausgefunden?« fragte Hermes schmatzend.
    »Noch nicht«, erklärte ich ihm. »Doch bis zur Dämmerung haben wir noch jede Menge Zeit. Wir müssen den Boden unter den Bäumen und in der Umgebung absuchen, und vielleicht ist es auch sinnvoll, auf ein paar Bäume zu klettern.«
    »Klettern?« fragte Hermes. »Wozu?«
    »Irgend jemand muß hochgestiegen sein, um die Stricke zu befestigen«, erklärte ich ihm. Ehrlich gesagt, war ich mir dessen keineswegs sicher, weil ich es noch nie zuvor mit einer Erhängung zu tun gehabt hatte.
    Das Essen war so trocken, daß ich die letzten Bissen nur mit Mühe hinunterwürgen konnte. Ich fragte lonus, wo wir Wasser finden könnten.
    Er wies auf den östlichen Rand der Lichtung. »Dort drüben, auf der anderen Seite, ist eine kleine Quelle.« Wir standen auf, klopften uns die Krümel von den Tuniken und folgten ihm. Ein kurzer Fußmarsch brachte uns zu einer kleinen Schlucht, in der ein Bächlein über zerklüftete Felsen sprudelte. Wir fanden eine relativ ruhige Stelle, steckten die Köpfe ins Wasser und tranken gierig. Es war köstlich, besser als jedes Wasser, das man aus einem Brunnen schöpft.
    Ich weiß nicht mehr genau zu sagen, wie wir so leicht gefaßt werden konnten. Vielleicht hatte unsere Konzentration auf den Boden unsere Aufmerksamkeit für die übrige Umgebung beeinträchtigt. Vielleicht hatte das Plätschern des Baches alles andere übertönt. Wahrscheinlich lag es ganz einfach daran, daß Römer am besten in Rom bleiben. Hätte ich eine Wahl gehabt, ich hätte die Stadt nie verlassen. Wir nahmen unsere Köpfe aus dem Wasser und holten Luft, als lonus' Kopf plötzlich abrupt hochschnellte. »Wir sind nicht allein«, sagte er leise.
    Hermes und ich rappelten uns auf die Füße, während der Gallier sich mühelos erhob und den Kopf in diese und jene Richtung wendete. Dann sah ich sie auch: schattenhafte Umrisse, die sich zwischen den Bäumen bewegten. Es waren riesige

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