Tod eines Centurio
Wolfsfell herab. In der ebenfalls nur angedeuteten einen Hand hielt die Statue etwas, das aussah wie eine Schlinge aus geflochtenem Leder, in der anderen eine Axt oder einen Hammer. Die extrem stilisierte Darstellung erschwerte eine genauere Interpretation der Plastik, und ich war auch nicht in der Stimmung, das Kunstwerk entsprechend zu würdigen.
Der Anführer unseres Trupps rief etwas, und einige Männer kamen mit zwei schweren Pflöcken und einem großen Holzhammer. Sie schlugen die Pflöcke ein paar Schritte vor dem Holzgott- oder was immer die Figur darstellen mochte in die Erde. Als sie fertig waren, beobachtete ich gespannt, was sie als nächstes tun würden. Wenn sie sich anschickten, die Pflöcke anzuspitzen, plante ich, dem größten und am brutalsten aussehenden Germanen ins Auge zu spucken. Vielleicht würde er mich dann auf der Stelle erschlagen. Die Vorstellung, gepfählt zu werden, gefiel mir überhaupt nicht. Es ist die Todesart, die vielleicht noch grausamer ist als eine Kreuzigung.
Zu meiner großen Erleichterung kerbten sie die Pfähle nur ein paar Zentimeter unterhalb der Spitzen ein. Dann wurden Hermes und ich zu Boden gestoßen und im Sitzen mit unseren Stricken an den Kerben vertäut. Nachdem sie sich vergewissert hatten, daß unsere Fesseln fest waren, verzogen sich die Germanen auf der Suche nach einem Abendessen oder auch einem schnellen Krug Met oder Bier oder sonst irgendeinem schrecklichen Getränk.
»Großartig«, murmelte Hermes. Als er feststellte, daß ihn niemand deswegen schlug, fuhr er mit festerer Stimme fort.
»Jetzt werden wir geopfert, vielleicht sogar gefressen. Wir hätten abhauen sollen, dann wäre es zumindest schneller gegangen.«
»Nicht unbedingt«, sagte ich. »Vielleicht hätten sie uns auch nur die Fußknochen gebrochen, um uns an der Flucht zu hindern, und uns trotzdem hierher geschleift. Alles in allem haben wir die bessere Wahl getroffen.«
»Wenn lonus es zurück ins Lager schafft und von unserer Gefangennahme berichtet«, sagte er hoffnungsvoll, »dann wird doch jemand kommen und uns retten, oder?«
»Ganz bestimmt«, sagte ich, wohlwissend, daß sich niemand die Mühe machen würde. Für einen überflüssigen Offizier und einen Sklaven lohnte es kaum, eine größere Anzahl Männer unbekannten Gefahren auszusetzen.
Den restlichen Abend versuchte ich ohne viel Erfolg, die Zahl der Germanen zu schätzen. Ständig kamen und gingen Männer, allein oder in Gruppen. Die Schlichtheit ihrer Kleidung und ihrer Habseligkeiten ließen auch keine Rückschlüsse auf ihre Ziele oder die geplante Dauer ihres Aufenthalts zu.
Wahrscheinlich lebten sie Zuhause ähnlich, und ich konnte nicht einschätzen, ob es sich um vagabundierende Freischärler oder eine Armee handelte, die für den eigentlichen Feldzug zusammen gezogen worden war. Obwohl die meisten der Krieger im besten Mannesalter waren, gab es einige, die kaum alt genug waren, sich zu rasieren, wenn sich die Germanen rasiert hätten, sowie eine Anzahl graubärtiger Männer von einem für diese Art Leben erstaunlichen Alter. Die Älteren wirkten genauso rüstig wie der Rest.
Manchmal sah ich Männer, die Schwerter und ein paar Verzierungen aus gehämmertem Silber trugen, aber ob sie die Anführer der Krieger oder irgendwelche Prinzen waren, wußte ich nicht zu sagen. Niemand salutierte vor irgend jemandem oder zeigte besondere Respektbekundungen, und ich begann mich zu fragen, ob diese Gesellschaft der des Goldenen Zeitalters ähnelte, in der angeblich alle gleich waren. Na ja, Gleichheit ist wahrscheinlich ein durchaus sinnvolles Konzept, wenn jeder ein ungewaschener blutrünstiger Wilder ist.
Als die Dunkelheit heraufzog, strömten Jagdtrupps und Patrouillen im Lager zusammen. Gleichzeitig sah ich eine Reihe von Männern, die meisten bartlos und jung, aufbrechen. Ich vermutete, daß sie in den Bäumen Posten beziehen würden, um die Wachen abzulösen, die ich heute nachmittag gesehen hatte.
Feuer wurden entfacht, und man begann das mittlerweile zerlegte Wild auf Spießen zu grillen. Der Bratenduft trieb über die Lichtung, so daß mein Magen knurrte und mir das Wasser im Mund zusammenlief.
»Man könnte doch erwarten, daß sie uns etwas zu essen bringen«, beschwerte sich Hermes, als sich die Krieger mit Wolfszähnen über ihre Portionen hermachten.
»Es läßt einen gewissen Mangel an Höflichkeit erkennen«, pflichtete ich ihm bei. »Aber immer noch besser als selbst der Braten zu sein.« Die Germanen
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