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Tod eines Centurio

Tod eines Centurio

Titel: Tod eines Centurio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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nicht mehr Gewicht hätte als ein toter Hase. Ich fühlte mich auch in etwa so lebendig.
    »Was haben die vor?« rief Hermes, als sie mich in Richtung der großen Hütte zerrten.
    »Das werde ich bald erfahren«, klärte ich ihn auf. »Lauf nicht weg.«
    In der Hütte war es düster. In der Mitte brannte auf einem flachen Stein ein Feuer, dessen Rauch durch ein rundes Loch in der Decke entwich. Die einzigen Möbel waren primitive Pritschen, ein paar Krüge und einige Ochsenhörner. Offenbar gestattete sich Ariovistus auf Reisen keinen besonderen Luxus.
    Die Krieger setzten mich auf dem Boden neben dem Herdstein ab und ließen mich eine Weile dort sitzen, was mir Zeit ließ, über meine wahrscheinlich sehr begrenzte Zukunft nachzudenken. Dann kam Molon durch die Tür. Er brauchte sich nicht zu ducken. Er grinste und blinzelte mir zu.
    »Weiter so«, sagte er auf griechisch. »Du machst das ganz prima.« Freda bellte ihn an, als sie tief gebückt eintrat. »Sie sagt, wir sollen uns in einer Sprache unterhalten, die sie versteht«, übersetzte Molon.
    Dann erschien Ariovistus. Er mußte fast vollständig in die Knie gehen, um durch den Eingang zu kommen, und schien dann die gesamte Hütte auszufüllen. Die drei setzten sich mit verschränkten Beinen um das Feuer, so daß wir einen kleinen Kreis bildeten. Der König sagte etwas zu Molon, und der kleine Mann (als meinen Sklaven konnte ich ihn kaum noch sehen) ging hinter mich und löste mit flinken Griffen meine Fesseln. Zu meiner Überraschung kam ein Krieger herein und servierte mir auf einigen großen Eichenblättern Streifen gegrillten Rehs.
    Molon goß eine blasse Flüssigkeit aus einem der Krüge in ein Horn und reichte es mir. Mir gelang es, das Gefäß mit meinen tauben Fingern zu fassen und, ohne etwas zu verschütten, an meine Lippen zu führen. Es war Honigmet, doch ich war so durstig, daß ich den abscheulichen Geschmack kaum bemerkte.
    Sobald ich meine Finger wieder bewegen konnte, nahm ich einen Streifen Fleisch, knabberte ein Stück ab und schluckte es hinunter. Die meisten Völker haben strenge Vorschriften bezüglich der heiligen Gesetze der Gastfreundschaft, und ich hoffte verzweifelt, daß sie auch unter Germanen galten.
    Sie beobachteten mich mit einer Art grimmiger Belustigung, und als ich fertig war, erhob Ariovistus seine Stimme.
    »Nun hast du unter meinem Dach gesessen, bei mir gegessen und meinen Met getrunken. Fühlst du dich jetzt sicher?«
    »War ich in Gefahr?« sagte ich, was bei meinen Zuhörern wahre Lachsalven auslöste. An ihrem Humor war jedenfalls nichts auszusetzen.
    »Ihr Römer gefallt mir«, verkündete Ariovistus. »Ihr macht nicht nur ein großes Geschrei wie die Gallier. Ihr habt wirklich Mut. Hör mir zu, Metellus. Ich möchte, daß du Caesar folgende Nachricht überbringst. Das Land der Helvetier gehört mir. Ihr könnt sie, wie von ihnen gewünscht, ziehen lassen oder alle miteinander umbringen, das ist mir egal. Wenn ihr einen Krieg wollt, seht zu, daß ihr euch hinterher wieder nach Italien verzieht. Wenn ihr weiter nach Gallien vorstoßt, müßt ihr früher oder später gegen mich kämpfen, und ich werde euch schlagen.
    Ich bin noch nie in der Schlacht besiegt worden, wie alle meine Feinde bestätigen werden.«
    »Das ist jedenfalls hinreichend deutlich«, sagte ich. »Niemand kann dir nach sagen, du würdest deine Gedanken hinter einem Schwall verwirrender Rhetorik verbergen. Doch du irrst, wenn du glaubst, daß Rom sich von der Drohungen eines ausländischen Königs einschüchtern läßt.«
    Das fand Ariovistus sehr komisch. »Rom?« gluckste er. »Ich befinde mich nicht im Krieg mit Rom.« Er wies mit dem Finger in Richtung des Sees. »Da drüben steht mir nur Caesar gegenüber! Lieben alle Römer Caesar? Ich glaube nicht.
    Viele bedeutende und adelige Römer haben durch Unterhändler Kontakt zu mir aufgenommen. Sie haben mich als großen König gepriesen und mir versichert, daß mir, wenn ich Caesars Armee besiege und Caesar selbst töte, von Rom keine Rache droht. Im Gegenteil, sie haben mir große Belohnungen versprochen. Man wird mir einen stattlichen Tribut zahlen, und der Senat wird mich nicht nur als König von Germanien anerkennen, sondern auch von allen gallischen Gebieten, die ich erobern kann, mit Ausnahme eurer kleinen Provinz, versteht sich.«
    Ich wußte, daß er die Wahrheit sagte. Die Soldaten hatten davon gesprochen, daß Crassus' Agenten in der Gegend unterwegs waren. Ich selbst hatte Caesar

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