Tod eines Holländers
Lebensversicherung gab. Es wurde nie offen darüber geredet, aber Toni hat m al eine Andeutung ge m a cht, daß es Selbst m ordgerüchte gegeben hatte, also hat sich die Versicherung vielleicht g e weigert, das Geld auszubezahlen… Wie auch immer, sie zog hierher, und das Haus in England wurde ver m ietet. ›Sie we r den den Tag noch bereuen‹, sagte ich zu ihr, und das hat sie wohl auch, wenngleich sie es nicht ausgesprochen hat. Je freundlicher und großzügiger sie war, desto wütender wurde ihre Schwester, die respektiert und bewundert und nicht be m itleidet werden wollte. Es gab ein paar haarsträubende Szenen, ich konnte sie von hier oben hören. Dann Selbst m orddrohungen, dann Reisen zu Ärzten – all das m u ßte schließlich bezahlt werden –, eingebildete Krankheiten und aber m als Selbst m orddrohungen. Aber ich habe immer nur gesagt: Einfach ignorieren! Leute wie sie vergewissern sich, daß ihnen nichts passiert, nur die Menschen in ihrer U m gebung erwischt es. Sie wird uns beide überleben, habe ich gesagt. Naja, vielleicht habe ich m ich in diesem Punkt geirrt, aber trotzdem … «
Trotzdem, im Prinzip h a tte sie recht, dachte der Wachtm e ister, obwohl es jetzt so aussah, als wollte Signora Giusti ihren gesa m ten Bekanntenkreis überleben. Laut sagte er: » Was ha b en Sie gestern dem Offizier denn nicht erzählen wollen ? «
»Ich habe seine Fragen beantwortet, er kann sich nicht beklagen . «
» Aber ein p a ar Fragen hat er nicht gestellt, m einen Sie das ? «
»Ein junger Kerl wie er… hat doch keine Ahnung von den Proble m en, die in einer Fa m ilie auftauchen können. Ich bezweifle, ob er überhaupt verheiratet ist . «
» Aber zu ir g endeiner Fa m i lie m uß er doch gehören!«
» So habe ich das noch gar nicht gesehen . «
»Was für Proble m e sind denn aufgetaucht ? «
» Also, ich habe im m er gesagt, daß nach dem Tod des alten Goossens n i chts m ehr funktionierte. In einer Fa m i lie gibt es immer jem a nd, der alles zusa mm e n hält, eine Person, die alle achten, gegen die zu m i n dest nie m a n d opponiert, und wenn diese Person stirbt… Meistens ist es eine Frau, doch in diesem Fall w ar es der alte Goossens; er war ruhig und ausgeglichen, nie streitsüchtig… Toni hat im m er der Schwester der Signora die Schuld dafür gegeben, obwohl er einräu m te, keinen konkreten Grund zu haben, aber ich be h aupte nach wie vor, daß es eine die s er Geschichten war, die passieren, wenn der Mittel p unkt der Fa m i lie stirbt. Bis dahin hat m a n die Meinungsverschiedenheiten und dergleichen im Griff, aber sobald diese Person gestorben ist, brechen sie früher oder später aus… Wenn der alte Goossens noch ge l ebt hätte… tja, er war eben tot, und aus welchem Grund auch im m er, ich habe es nie erfahren – Signora Wilkins, ich m eine Goossens –, und ich werde nicht zulassen, daß Schlechtes über sie geredet wird, was immer Sie v on ihr halten m ögen. Es war also so, daß sie am Tag der Beerdigung das Haus verließ und seitdem nicht wiederaufgetaucht ist. Ich weiß bis heute nicht, wo sie s i ch aufhält, und Toni weiß es ebensowenig. Das i st m i ttlerweile schon zehn Jahre her, denken Sie nur! Ich war bei der Beerdigung nicht dabei, ich konnte schon nicht m ehr richtig gehen, aber sie hat kein Wort zu m ir gesagt, als sie an diesem Tag aus dem Haus ging, kein einziges Wort… Sie hatte sich in ihrer Trauer tagelang eingesperrt…«
Sie lehnte sich in ihre Kissen zurück und tupfte die Augen ab.
»Ich war diejenige, die Toni davon unterrichten m ußte, daß sie einfach so verschwunden war. Er wohnte inzwischen in A m sterda m , wissen Sie. Sein Vater hatte ihn fünf Jahre zuvor dort hochgeschickt, da m i t er die Dia m antenschleiferei erlernte und in A m sterdam das Geschäft überneh m en würde. Toni hatte gerade Wanda kennengelernt, seine spätere Frau, und ich entsinne m ich, daß sie vorhatten, sich zu verloben…«
» Hatte es denn irgendwelchen Streit gegeben? Auch wenn er in Holland und seine Stief m utter hier war, konn t e es doch am Telefon oder im Brief eine Meinungsverschiedenheit gegeben haben. Nach dem Tod des Vaters konnte es i mm e r hin finanzielle Schwierigkeiten gegeben haben, ne i n? An derlei Proble m en brechen doch die m eisten Fa m ilien a u seinander.«
» Nein. Alles war ganz vernünftig geregelt. Sie waren beide versorgt, und Toni hat m ir geschworen, daß es zwischen ihnen keinen Streit gegeben hat, kein böses Wort gefallen ist
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