Tod eines Holländers
Sie m ich verstehen, und der darüberstehende, spitzenartige Rand war m it winzigkleinen Steinen besetzt – ein je d er anders und von höchst eigenwilli g er Form –, eine winzige rho m benförmige Perle, ein leuchtender Saphir, kaum größer als ein Punkt, ein Rubin, etwas größer, sowie drei kleine Dia m anten, alles war so zwischen die be i den Goldringe eingesetzt, daß es aussah, als schauten sie durch die Spitze . «
» Muß ganz schön was gekostet haben…« m u r m elte d er Wachtm e ister nachdenklich.
» Und ob… Aber vielleicht nicht so viel, wie Sie denken. D i e Steine waren sehr klein und nicht ü ber m äßig w ertvoll, und das Teuerste daran war die aufwendige Handarbeit – f ür dieses eine Stück benöt i gten die beiden zwei Monate. Sie haben ge m ei n sam daran gearbeitet, abends, wenn das A t elier schon geschlossen war. Sie haben den anderen auch nichts gesagt, bis sie fertig waren, und diese S t unden der ge m einsa m en Arbeit, von denen niemand erfuhr, m üssen dem Jungen wieder Auftrieb gegeben haben. Es war wohl genau die Art Zuwendung, die er brauchte. Wie auch immer, sie beendeten ihre Arbeit. Es war e i n einzigartiges, unwiederholbares Stück, denn die kleinen Steine waren so besonders. Trotzdem b r achte es ihnen eine Menge lukrativer Aufträge ein – das Stück wurde eine Zeitlang i m Verkaufsraum hinter der Werkstatt ausgestellt, und d ie Originalzeichnungen sind auch noch da, obwohl der Betrieb von Signor Beppe, so heißt er, überno mm en wurde, einem von Goossens' Mitarbeitern, der von Anfang an dabei war.«
Wieder so ein Gebiet, dachte der Wachtmeister, von dem ich nichts verstehe. Über Dia m anten, geschliffen oder ungeschliffen, wußte er nicht m ehr als das, was ein gelegentlicher Blick in die Schaufenster der Juweliere auf dem Ponte Vecchio ihm zeigte. Ob ein solcher Ring irgendwann einmal so wertvoll sein könnte, daß jemand, u m sich in seinen Besitz zu bringen, einen Mord verüben würde? Oder hatte der Holländer, als er am S o nntag in Fl o renz dem Zug e ntstieg, Dia m anten in s einem Gepäck mitgebr a cht, legal oder illegal? Dies war ein inte r nationaler Handel, von dem er nichts wußte, und diese Leute, Engländer und Holländer, die in ganz Europa hei m isch zu sein schienen, waren ihm fre m d. Kontakt zu Ausländern hatte er nur, wenn sie verlorengegangene Pocket-Kameras m eldeten. Die übrige Zeit verbrachte er m i t Anzeigen von gestohlenen Autos, die nie gefunden wurden, denn nach ihnen zu suchen wäre der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen gleichgekommen. Oder er m achte seine Hotelrunden, um routinemäßig die An m eldungen zu überprüfen. Zum zweiten Mal war er nahe dran, die ganze Sache hinzuwerfen. Ihm war, als jagte er Gespenster, m it einem einzi g en Resultat: sich lächerlich zu m achen. Gleichwohl hatte sich der Leutnant d i e Mühe ge m acht und war hierher geko m men… » S ie haben gesagt « , eri n nerte er sich plötzlich, »daß der Ärger m i t Signora Wilkins' Schwester zweimal passiert sei, n i cht wahr ? «
» Ja, sicher. Als Goossens starb, bekam natürlich seine Frau alles, was den Neid der Schwester u m so m ehr angestachelt hat – ich habe immer gesagt, daß es ein Fehler war, sie hier wohnen zu lassen.«
» Sie hat hier gewohn t ? Wie sah ihre finanzielle Lage da m als denn aus? War ihr Mann, der Diabetiker, schon to t ? «
» Ja, ja. Er war gestorben, und sie s t and noch immer m i ttell o s da . «
» Keine Lebensversicherung ? «
» Davon ist m ir nichts b ekannt. Ich weiß aber, daß sie keinen Pfennig hatte. Wenn es, wie so oft, e i ne Szene gegeben hatte und die Signora aufgelöst anka m , habe ich ihr gesagt, werfen Sie sie raus, ist doch lächerlich, diese Abs c heulichkeiten hinzuneh m en, hab ich gesagt, nach allem, was Sie für sie getan haben. Aber sie hat immer geantwortet, daß das nicht geht, m an kann die eigene Schwester doch nicht auf die Straße setzen, sie hat doch k ein Geld. Das s t immte natürlich nicht ganz, denn ich weiß, daß sie weiterhin die Unterstützung erhielt, die sie während der Krankheit ihres Mannes von der Schwester bekom m en hatte. Sie wollte nicht, daß ihre Schwester sich von ihr abhängig fühlte, daß sie um Geld bitten m ußte, wenn sie irgend etwas brauchte. Stellen Sie sich vor, soviel Mitgefühl für eine Person, die selbst vor e i nem Mord nicht zurückschrecken würde! Jedenfalls, da diese Zahlung weiterging, bin ich ziemlich sicher, daß es keine
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