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Tod eines Lehrers

Tod eines Lehrers

Titel: Tod eines Lehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
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arbeiten. Nicht mehr so viel wie jetzt, aber ganz ohne Arbeit kann ich nicht leben, das weißt du. Doch darüber unterhalten wir uns ein andermal. Ich muss wieder runter.« Sie lächelte ihn an und streichelte sein Gesicht. »Und bitte, trink nichts mehr, es bekommt deinem Magen nicht, und Rudolf wird dadurch auch nicht wieder lebendig.«
    »Keinen Schluck, versprochen. Ich liebe dich.«
    »Ich weiß. Bis nachher, und ruh dich ein bisschen aus.«
    »Ich werde Vater, ich werde auf meine alten Tage noch Vater!«, jubelte er.
    »Du bist fünfundvierzig und kein alter Mann«, sagte sie und schloss die Tür hinter sich.
    Teichmann atmete ein paarmal tief durch. Das Schwindelgefühl und die Übelkeit waren mit der Nachricht wie verflogen. Er kniete sich vor Dina hin, streichelte ihr über das seidig glänzende rotbraune Fell und sagte: »Hast du das gehört, mein Mädchen, ich werde Vater. Jippiiieee, jetzt kommt Leben in die Bude!«
    Er ging in die Küche, wusch sich die Hände und machte sich eine Scheibe Brot mit Käse. Seine Hände zitterten, als er das Brot zum Mund führte. Alles in ihm war in Aufruhr – hier der Tod von Schirner, dort die Nachricht, die sein ganzes zukünftiges Leben verändern würde. Er war traurig und glücklich zugleich. Es ist meine Familie, nur die zählt jetzt noch, dachte er. Rudolf, du wirst immer mein bester Freund bleiben, und wo du jetzt auch sein magst, ich werde dich nie vergessen.
    Erst jetzt merkte er, wie ausgehungert er war, schmierte sich noch eine Scheibe Brot und trank ein Glas Wasser dazu. Um zehn nach sechs kam Natalia hoch und sagte: »Für heute bin ich fertig. Was wollen wir essen? Ich habe nämlich einen Mordshunger.«
    »Wie wär’s, wenn wir zur Feier des Tages zum Inder gehen?«
    »Eine hervorragende Idee. Bestellst du uns einen Tisch, ich muss duschen und mich umziehen. Am besten für halb neun, wenn das für dich nicht zu spät ist.«
    »Heute ist mir nichts zu spät.« Er griff zum Telefon, reservierte einen Tisch und stellte sich danach zu Natalia unter die Dusche. »Was für ein Tag«, sagte er. »Was für ein beschissener und schöner Tag.«
    Sie liebten sich unter dem laufenden Wasser, trockneten sich anschließend ab und zogen sich an. Um zwanzig nach acht verließen sie die Wohnung und fuhren zu dem indischen Restaurant in der Innenstadt.

Mittwoch, 18.45 Uhr
     
    P eter Brandt machte sich auf den Weg zu seiner Bank, sah sich erst den Kontostand an, der seine Laune nicht gerade besserte, hob vierhundert Euro ab und fuhr weiter zum Haus seiner Eltern. Er klingelte zweimal kurz hintereinander, der Türsummer ertönte leise.
    »Na, Junge, wie war dein Tag?«, fragte seine Mutter Emilia, eine resolute Mittsechzigerin, und ließ ihn an sich vorbei ins Haus treten. »Möchtest du mit uns essen? Ich habe eine Reispfanne mit Scampi und Hühnerfleisch gemacht.«
    »Gerne«, antwortete Brandt. Seine Eltern aßen immer abends warm. Das hatten sie weiter so gehalten wie zu der Zeit, als Erwin Brandt, sein Vater, noch bei der Polizei im Innendienst im Dezernat für Sittendelikte, Menschenhandel und Prostitution gearbeitet und es dort ebenfalls zum Hauptkommissar gebracht hatte. Er hatte zu den wenigen mit einer geregelten Arbeitszeit gehört, Ausnahmen kamen fast nie vor, und die warme Mahlzeit wurde abends um sieben eingenommen. Seit drei Jahren war er im Ruhestand, aber fit wie ein Turnschuh, wie Peter Brandt sagte. Immer noch riefen regelmäßig alte Kollegen bei ihm an, um Rat von ihm einzuholen.Er joggte trotz seiner achtundsechzig Jahre jeden Morgen eine Stunde durch den Park, schrieb an einem Buch, das aber nie veröffentlicht werden würde – er tat es nur für sich, um all die Erlebnisse seines langen Lebens niederzuschreiben –, las sehr viel, beschäftigte sich seit mittlerweile dreißig Jahren mit seiner stetig anwachsenden Münzsammlung, trank vor dem Zu-Bett-Gehen wie schon seit vierzig oder mehr Jahren ein Glas Milch mit Honig und brauchte nicht länger als fünf Stunden Schlaf, denn Schlaf, so hatte er einmal gesagt, sei nur Zeitvergeudung. Er war es, der Peter Brandt zum eingefleischten Fan der Offenbacher Kickers gemacht hatte, indem er ihn, als er noch ein kleiner Junge war, regelmäßig zu den Heimspielen auf den Bieberer Berg mitschleppte. Peter Brandt erinnerte sich noch wehmütig an die glorreichen Zeiten, als sein geliebter OFC noch in der Bundesliga spielte, an die fantastischen Spiele gegen den Erzfeind Eintracht Frankfurt oder gegen die

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