Tod eines Lehrers
holt?« Greulich sprang auf und schüttelte verständnislos den Kopf.
»Was sonst? Oder haben Sie einen andern Vorschlag? Wir können nicht die gesamte Bevölkerung rund um die Uhr überwachen. Aber gut, ihr setzt morgen eure Ermittlungen fort, und dann sehen wir weiter. Vielleicht ergibt sich ja doch noch etwas. Dann machen wir für heute Schluss, es sei denn, es ist noch etwas Wichtiges zu besprechen.«
»Nein«, sagte Brandt, und Nicole Eberl schüttelte den Kopf. Greulich ging in sein Büro, fuhr den PC herunter und verabschiedete sich. Die andern drei wünschten ihm noch einen schönen Abend.
Brandt stellte sich ans Fenster und sah hinunter auf den Parkplatz und wartete, bis Greulich in seinen Wagen gestiegen und losgefahren war.
»Er ist weg«, sagte er und drehte sich um. »So, jetzt kommt mein Bericht. Unser lieber Herr Schirner war kein Unschuldslamm. Der hat die Damen des Lehrkörpers in den letzten Jahrenreihenweise flachgelegt. Er hatte ein Verhältnis mit der Russler, das ein Jahr lang bis zum letzten Oktober dauerte. Kurz darauf hat er was mit der Denzel angefangen.«
»Das haben sie einfach so zugegeben?«, fragte Eberl zweifelnd.
»Was ist daran so Besonderes?«
»Du bist ein Mann, und einem Mann würde ich niemals so etwas sagen.«
»Sie haben’s aber getan«, erwiderte er grinsend. »Ich hab eben Schlag bei den Frauen.« Er strich sich mit einer Hand durchs Haar und zeigte demonstrativ sein linkes Profil.
»Krieg dich wieder ein«, sagte Spitzer. »Was war noch?«
»Ich hab die Russler direkt darauf angesprochen. Sie hat mir dann gesagt, dass nach ihr die Denzel dran war. Und die hat’s auch nicht abgestritten. Beide haben aber betont, dass Schirner seine sexuellen Bedürfnisse irgendwie stillen musste, denn zu Hause lief seit acht Jahren überhaupt nichts mehr, was in etwa mit dem übereinstimmt, was uns die Tochter erzählt hat.«
»Würdest du einer von ihnen zutrauen, etwas mit dem Mord zu tun zu haben?«, fragte Spitzer.
Brandt schüttelte den Kopf. »Nein, dazu waren sie mir gegenüber viel zu ehrlich. Sie hätten genauso gut abstreiten können, etwas mit ihm gehabt zu haben, und wir hätten’s vielleicht auch niemals rausgekriegt. Aber wer immer Schirner auf dem Gewissen hat, es muss jemand sein, in dem sich eine Menge Hass aufgestaut hat. Und da kommen für mich mehrere Möglichkeiten in Betracht. Erstens eine Frau, deren Liebe von Schirner nicht erwidert wurde, die aber von seinen zahlreichen Affären wusste, oder zweitens ein gehörnter Ehemann, denn bis jetzt kenne ich nur zwei Frauen, mit denen er im Bett war. Mit wem er in den sechs oder sieben Jahren zuvor gebumst hat …« Brandt zuckte mit den Schultern.
»Oder ein Mann, der in eine der Frauen verliebt war, sagen wir die Denzel oder die Russler, und zu dem auch der Hund Zutrauen hatte«, meinte Nicole Eberl.
»Möglich ist alles, aber wisst ihr, was ich am ehesten vermute?«
»Nein«, Spitzer lehnte sich zurück und faltete die Hände über dem Bauch, »aber du wirst es uns bestimmt gleich verraten.«
»Die Handschrift sieht eher nach einer Frau als nach einem Mann aus.«
»Und wieso?«
»Na ja, ich hab lange überlegt, und mir ist kein Fall bekannt, in dem ein Mann einem andern sein bestes Stück abgeschnitten hat, nachdem er ihn umgebracht hat, außer es handelte sich um einen durchgeknallten Serienkiller à la Jeffrey Dahmer, aber der war schwul und extrem pervers. Damit wäre natürlich meine Theorie vom gehörnten Ehemann vom Tisch.«
»Es gibt schon solche Fälle, doch sie sind sehr, sehr selten«, meinte Spitzer und pendelte mit dem Kopf hin und her, wie er das immer machte, wenn er an etwas zweifelte.
»Eben. Und weil ich glaube, dass Schirner noch mit viel mehr Frauen gepennt hat, werde ich meine Ermittlungen vorwiegend auf die weibliche Klientel konzentrieren.«
»Und was ist mit seiner Ehefrau?«
»Abgehakt. Für die existieren die Begriffe Liebe und Hass nicht so wie bei den meisten andern Menschen. Ihre Liebe gilt dem Haus, der Wohnung, dem Garten und so weiter, und ich bin überzeugt, sie wusste von den Affären ihres Mannes und hat sie stillschweigend geduldet. Sie ist einfach nicht der Typ für einen Mord.«
»Wieso soll sie von den Eskapaden ihres Mannes gewusst haben?«
»Frauen spüren so was. Außerdem konnte die sich denken, dass ihr Mann seine Sexualität nicht aufgibt, nur weil sie es getan hat. So weit ging seine Liebe nun auch wieder nicht. Würde meine übrigens auch nicht
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