Tod eines Lehrers
gehen.«
»Und was wirst du der Klein sagen, wenn sie dich nach Ergebnissen fragt?«, wollte Nicole Eberl wissen. »Schließlich kenntsie die Russler, und wenn sie erfährt, dass die was mit Schirner hatte, dann gute Nacht.«
»Sie wird es nicht erfahren, zumindest vorläufig nicht. Aber das lasst mal schön meine Sorge sein. Der Mord steht und fällt für mich mit dem Motiv. Was hat Schirner angestellt, dass man ihn so zugerichtet hat? Für meine Begriffe sind seine außerehelichen Aktivitäten nicht der Grund oder zumindest nicht der Hauptgrund. Heute Morgen war seine Weste noch blütenweiß, da haben ihn alle noch in den höchsten Tönen gelobt, und heute Nachmittag sieht es schon ganz anders aus. Die Fassade bröckelt, und wer weiß, was noch alles zum Vorschein kommt.«
»Rache?«
»Aber wofür? Ich meine, wir könnten jetzt die ganze Nacht spekulieren, doch dazu habe ich ehrlich gesagt keine Lust, und vor allem hab ich zwei Töchter, die darauf warten, von mir abgeholt zu werden. Ich bin weg, morgen sehen wir weiter. Und wenn nicht anders, bilden wir eben eine Soko. Macht’s gut, wir sehen uns«, sagte Brandt und wollte schon das Büro verlassen, als Nicole Eberls Stimme ihn zurückhielt.
»Hör mal, das mit Greulich kann nicht so weitergehen. Wir müssen ihn mehr in unsere Arbeit mit einbeziehen. Der war eben stinksauer, weil er gemerkt hat, dass wir ihn los sein wollten. In einer Außenseiterrolle fühlt sich keiner wohl…«
»Die er sich selber zuzuschreiben hat«, bemerkte Brandt.
»Sicher, aber er ist noch jung und unerfahren. Wir sollten mit ihm reden und ihm klar machen, dass wir ein starkes Team sind und es auch bleiben wollen. Dazu gehört, dass er keine Alleingänge unternimmt wie zum Beispiel die Klein anzurufen, weil das nicht seine Aufgabe ist.«
»Entschuldige, aber du bist eine unverbesserliche Träumerin. Was der sich allein im letzten Jahr alles geleistet hat, dafür hätte er normalerweise mehr als nur eine Verwarnung kriegen müssen. Körperverletzung beim Verhör, Alleingänge hinter unserm Rücken, dreimal hat er vermeintlich Verdächtige bei denen zuHause vernommen, ohne uns vorher zu informieren, und so weiter und so fort«, sagte Brandt und sah dabei Spitzer mit hochgezogenen Brauen an, der nur mit den Schultern zuckte. »Ich trau ihm nicht, es sei denn, er überzeugt mich vom Gegenteil.«
»Ich könnte doch mal mit ihm reden und ihm unsere Situation erklären«, sagte Eberl.
»Das lässt du schön bleiben«, entgegnete Spitzer und verzog die Mundwinkel. Er hasste direkte Konfrontationen, eine der wenigen Eigenschaften, die Brandt an seinem Freund störte, denn als Chef musste er auch mal mit der Hand auf den Tisch hauen können. »Wenn einer mit ihm redet, dann ich. Ich habe mir das sowieso für die nächsten Tage vorgenommen. Um euch zu beruhigen, als ich gestern mit Ewald in der Kantine gesessen habe, bin ich auf Greulich zu sprechen gekommen, und siehe da, Ewald sucht dringend einen guten Mann, der auch mal zulangen kann, wenn ihr versteht. Und das Rauschgiftdezernat wäre in meinen Augen genau das Richtige für Greulich. Wie hat er sich denn heute benommen?«
Eberl antwortete: »Obwohl wir nur ein paar Schüler befragt haben, war sein Ton wieder ein paarmal ziemlich rüde. Ich musste ihn etliche Male bremsen.«
»Und das ist genau das, was wir nicht gebrauchen können«, sagte Brandt. »Sorry, doch an dem würden wir nie Freude haben. Aber gut«, fuhr er fort und sah Spitzer an, »sag ihm das von Ewald und warte seine Reaktion ab. Es gibt genügend gute Leute, die nur zu gerne bei uns anfangen würden. Und jetzt bin ich wirklich weg.«
Er kam um Viertel vor sieben bei seinen Eltern an, wo er von Sarah und Michelle bereits erwartet wurde. Sie hatten sich die Jacken gekauft, und Brandt musste sich eingestehen, dass sie gut aussahen, auch wenn er immer noch fand, dass dreihundert Euro übertrieben viel Geld war für ein bisschen Stoff.
Zu Hause angekommen, rief er bei seinem Stammitaliener an und bestellte drei Pizzas. Nach dem Essen spürte er körperlichden Stress des hinter ihm liegenden Tages. Er räumte noch oberflächlich auf, wartete, bis Sarah und Michelle im Bett waren, und setzte sich vor den Fernseher. Er trank zwei Gläser Mineralwasser, seine Augen wurden schwer, und er schlief auf der Couch ein. Gegen dreiundzwanzig Uhr wachte er wieder auf. Sein linker Arm war von der unnatürlichen Stellung eingeschlafen und schmerzte. Er schüttelte ihn ein paarmal und
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