Tod eines Lehrers
gefrühstückt, danach ist er in die Schule gefahren. Die Abende haben wir meist zu zweit verbracht, wir sind ab und zu ins Kino oder Theater oder essen gegangen, aber sonst haben wir eigentlich ein sehr ruhiges und zurückgezogenes Privatleben geführt.«
»Frau Teichmann, ich bedanke mich für Ihre Hilfe …«
»Welche Hilfe? Ich habe Ihnen doch nur ein paar Fragen beantwortet. Aber ich denke, es ist besser, wenn Sie ein andermal wiederkommen, denn ich merke, dass ich ziemlich durcheinander bin und vielleicht nicht ganz das sage, was Sie hören wollen.«
»Ist schon gut. Hier ist meine Karte, falls irgendwas sein sollte. Ich meine, wenn Ihnen noch etwas einfällt, was für mich wichtig sein könnte, dann rufen Sie mich einfach an, und wenn’s mitten in der Nacht ist.«
»Es ist mitten in der Nacht.«
»Ach ja, noch eine Bitte. Die Schule möchte ich gerne selbst informieren. Ich habe meine Gründe dafür.«
»Natürlich.«
»Wiedersehen, ich melde mich bei Ihnen.«
Brandt nickte Natalia zu und ging zu seinem Wagen. Sie begleitete ihn bis zur Tür und blieb mit verschränkten Armen stehen,bis er losgefahren war. Warum jetzt auch noch Teichmann?, fragte sich Brandt auf der Fahrt zurück nach Offenbach. Und warum diesmal auch der Hund? Er fand keine Antworten auf seine Fragen, und außerdem war er müde. Wenn es einigermaßen klappte, würde er noch drei Stunden Schlaf bekommen. Drei viel zu kurze Stunden. Bevor er um Viertel vor vier zu Hause ankam, musste er unwillkürlich an Elvira Klein denken. Er malte sich aus, wie sie reagieren würde, wenn sie erfuhr, dass ein weiterer ehemaliger Lehrer von ihr nur zwei Tage nach Schirner umgebracht worden war. Ihm graute vor diesem Zusammentreffen, das sich aber nach Lage der Dinge nicht vermeiden ließ.
Zu Hause deckte er noch schnell den Frühstückstisch, legte Sarah und Michelle je einen Fünf-Euro-Schein hin, damit sie sich in der Pause etwas kaufen konnten und er sich somit das Schmieren von Broten und Schneiden von Äpfeln ersparte, schrieb einen Zettel mit der Bitte, leise zu sein, er stehe um sieben auf. Er heftete den Zettel an die Badezimmertür, denn den Essbereich betraten die Mädchen immer erst, nachdem sie sich fertig gemacht hatten.
Freitag, 8.00 Uhr
B randt hatte unruhig geschlafen, eine Scheibe Brot mit Marmelade runtergeschlungen, eine Tasse Kaffee getrunken und die Mädchen angetrieben, sich zu beeilen, sie würden sonst noch den Bus verpassen. Um Punkt acht traf er im Präsidium ein. Bernhard Spitzer war bereits an seinem Platz und unterhielt sich mit Nicole Eberl, doch das Gespräch verstummte sofort, als Brandt hereinkam.
»Morgen«, brummte er und setzte sich.
»Kurze Nacht, was?«, wurde er von Spitzer empfangen, dessen ernstes Gesicht Bände sprach.
»Es ist zum Kotzen. Was weißt du denn bis jetzt?«
»Nur dass es Teichmann erwischt hat, aber keine Details, von wem auch. Schieß los.«
»Details! Lies den Bericht über Schirner, und du weißt alles. Das ist absolut deckungsgleich, nur dass diesmal auch der Hund dran glauben musste. Warum auch immer. Ich bin auch nur kurz hier, um zu sagen, dass ich gleich weiter nach Langen fahre, um den Schulleiter vom Ableben eines weiteren geschätzten und hoch angesehenen Lehrers zu unterrichten«, meinte er sarkastisch.
»Fährst du allein?«
»Nicole und Greulich sollen mit den Schülern weitermachen, ich kümmere mich um die Lehrer.« Er hatte die letzten Worte kaum ausgesprochen, als die Tür aufging und Greulich eintrat. Er schien schlecht gelaunt zu sein, zumindest drückte sein Gesicht Missmut aus.
»Bleiben Sie gleich hier, es kommt eine Menge Arbeit auf Sie zu«, sagte Spitzer.
»Und was?« Greulich zog seine Jacke aus und hängte sie über den Stuhl. Er setzte sich, schlug die Beine übereinander und tat gelangweilt, etwas, das Brandt an ihm auch nicht leiden konnte. Eigentlich gab es nichts, aber auch rein gar nichts, was er an ihm leiden konnte.
»Sie werden mit Frau Eberl die Befragung der Schüler fortsetzen. Außerdem gibt es einen zweiten Toten, und zwar Herrn Teichmann, der beste Freund von Schirner.«
»Also doch ’ne Serie«, bemerkte Greulich, ohne eine Miene zu verziehen, als hätte er es die ganze Zeit schon gewusst. »Da hat’s jemand auf Lehrer abgesehen.« Er hielt kurz inne. »Na ja, kann ich verstehen, einige meiner Lehrer hätte ich auch am liebsten gekillt«, fügte er mit schmierigem Grinsen hinzu und steckte sich einen Kaugummi in den Mund.
»Ihre
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