Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod eines Lehrers

Tod eines Lehrers

Titel: Tod eines Lehrers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Franz
Vom Netzwerk:
freundlich, aber bestimmt, dass die Praxis bereits seit vierzehn Uhr geschlossen und der letzte Patient gerade bei der Frau Doktor sei. Er zeigte seinen Ausweis, sie kam hinter dem Tresen hervor, klopfte an das Sprechzimmer, ging hinein und flüsterte etwas, das Brandt nicht verstehen konnte. Er wunderte sich, dass Natalia Teichmann heute überhaupt praktizierte, hatte sie doch die vergangene Nacht kaum oder gar nicht geschlafen. Sie bat ihn in ein kleines Nebenzimmer. Sie sah blendend aus, keine Spur von Übermüdung, während er sich am liebsten hingelegt und bis Sonntagmorgen durchgeschlafen hätte. Er stellte Fragen ihren Mann betreffend, auf die sie keine hilfreichen Antworten hatte, im Gegenteil, sie waren eher ausweichend, aber das Wenige, das sie sagte, klang wieder so seltsam wie in der Nacht. Kühl und auf eine eigenartige Weise emotionslos. Aber sie beteuerte noch einmal, dass er ein guter Ehemann gewesen sei, doch auch dies in einem Ton, den Brandt nicht zu deuten wusste.
    Nach kaum zehn Minuten war das Gespräch beendet, aber er würde wiederkommen, vielleicht schon morgen. Er wusste, dass die Männer auf dem Video nur Schirner und Teichmann sein konnten, doch der letzte Beweis fehlte. Und wenn sie es waren, hatte er auch das Motiv, aber noch keinen Täter. Womöglich Kerstin und Silvia, die ihre beste Freundin rächen wollten? Nein, dachte er auf der Fahrt ins Präsidium, Kerstin ist keine Mörderin, dazu ist sie viel zu sensibel und introvertiert. Andererseits hatte Andrea Sievers von zwei Tätern gesprochen. Stille Wasser sind tief, dachte er weiter, und vielleicht ist Kerstin ja ein sehr stilles und sehr tiefes Wasser und er täuschte sich in ihr. Vielleicht war das scheue Reh, als das sie sich ihm präsentierte, nur eine große Show. Als er die Stadtgrenze zu Offenbach passierte, kam ihm mit einem Mal ein geradezu perfider Gedanke. Selbstmord? Oder hatte da noch jemand anders seine Finger im Spiel gehabt? Er hatte diese Möglichkeit bisher noch nicht in Betracht gezogen, aber war es so abwegig, schließlich gab es keine Zeugen.

Freitag, 15.45 Uhr
     
    I m Büro wurde Brandt von Nicole Eberl empfangen, die ihm nur kurz mitteilte, dass weder Schirner noch Teichmann jemals mit der Polizei zu tun hatten.
    »Der Bericht über die Neihuus liegt auf deinem Schreibtisch. Du wirst allerdings nicht viel damit anfangen können, weil man damals davon ausging, dass es ein ganz normaler Suizid war …«
    »Ganz normaler Suizid! Wie sich das anhört. Kein Mensch bringt sich einfach so aus lauter Jux und Tollerei um, schon gar nicht ein achtzehnjähriges Mädchen.«
    »Das wissen wir jetzt, nachdem wir das Video kennen, aber das wussten die damals ermittelnden Beamten doch nicht. Lies den Bericht und schau, ob du irgendwas damit anfangen kannst. Was hast du denn rausgekriegt?«
    »Ich will erst einen kurzen Blick auf den Bericht werfen. Mich interessiert, was die Rechtsmedizin sagt.«
    »Was willst du wissen, ich kenn den Bericht fast auswendig. Maureen Neihuus war körperlich topfit, in ihrem Blut wurden weder Drogen noch Alkohol festgestellt, auch keine Anzeichen für Fremdeinwirkung. Zufrieden?«
    »Nein«, antwortete er barsch. »Lass uns kurz mit Bernie und Greulich besprechen, was ich rausgefunden habe, weil ich gleich rüber zur Klein muss.«
    Sie gingen in Spitzers Büro. Brandt erzählte von seinem Gespräch mit Kerstin Abele und Natalia Teichmann. Als er geendet hatte, sagte Spitzer: »Das ist nicht viel. Könnte ihre Freundin, diese Kerstin, da mit drinstecken?«
    »Es waren zwei«, bemerkte Brandt, »und ob die Abele eine davon ist, kann ich nicht beurteilen. Das Mädchen ist ganz schwer zu durchschauen. Sie wirkt auf mich total verschüchtert und ängstlich. Auf manche meiner Fragen hat sie ausweichend geantwortet, doch über Maureen Neihuus hat sie mir eine ganze Menge erzählt.« Er strich sich über das stopplige Kinn und fuhrfort: »Eigentlich kann ich mir nur schwer vorstellen, dass sie zu einem Mord fähig wäre. Die ist relativ klein und zierlich, und wenn ich nicht wüsste, dass sie neunzehn ist, würde ich sagen, die ist auf keinen Fall älter als sechzehn. Was mir Kopfzerbrechen bereitet, ist, dass Silvia Esslinger, Kerstin Abele und Maureen Neihuus alle in der zehnten Klasse sitzen geblieben sind und ihre Leistungen sich ab der Elf enorm verbessert haben, und zwar ab dem Moment, als Schirner ihr Klassenlehrer wurde. Die drei Mädchen haben dieselben Leistungskurse gewählt, die haben so

Weitere Kostenlose Bücher