Tod eines Maechtigen
zu unterscheiden vermochte.
Nur eines erkannte er mit geradezu grausam klarer Sicht - er war ein Narr gewesen, nach Jerusalem zu kommen und sich dieser Herausforderung zu stellen, solchen Gegnern, deren Kraft mit vampirischer nicht beizukommen war!
Und derweil unterlag er ihnen schon .
Der Junge, dem Landru zuvor noch überheblich Unerfahrenheit bescheinigt hatte, hob den Pflock, um ihn dem Hüter ins schwarze Herz zu stoßen!
So also sollte es enden - verreckt im finsteren Gedärm Jerusalems, das besser nie ein Vampir betreten hätte. Aus gutem Grund, wie Landru in dieser Sekunde erkannte - viel zu spät jedoch, denn es würde die letzte eines vieltausendjährigen Lebens sein.
Landru verabscheute sich selbst dafür, daß er dem Tod nicht ins Angesicht zu schauen imstande war - dafür, daß er die Augen vor dem Ende fest verschloß .
... und so nicht mitbekam, was weiter geschah.
Worte hörte er noch, ohne zu wissen, wer sie sprach, und auch ihr wahrer Sinn blieb ihm verborgen.
»Ich wünsche mir, daß ihr alle einschlaft.«
Dunkelheit, anders als jene, mit der seine Lider ihm den Blick verhüllten, senkte sich über Landru - und trug ihn fort, irgendwohin, wo es nichts gab außer Ruhe.
Ist so der Tod? fragte er sich noch, ehe auch sein allerletzter Gedanke sich in Nichts auflöste. Dann mag er mir willkommen sein ...
Denn nie zuvor hatte Landru sich wohler gefühlt als jetzt, da ihm alle Sinne versagten.
Nicht der Tod hatte den Kelchhüter ereilt, nur Schlaf war über ihn gekommen, tief und traumlos und scheint's ewig lang. Dennoch fühlte Landru sich nicht frisch und ausgeruht, als er daraus erwachte.
Dieser mysteriöse Schlaf schien seine Geister nicht erquickt, sondern eher gelähmt und an ihnen gezehrt zu haben.
Geradezu friedliche Ruhe herrschte um ihn her. Tiefrotes Licht von herabgebrannten Fackeln durchwob die Düsternis des unterirdischen Gewölbes, in dem Landru sich noch immer befand - er ebenso wie die anderen.
Remigius und seine Getreuen waren wie der Gralshüter in tiefen Schlummer gefallen - und sie schliefen noch.
Tief in Landru zündete etwas wie ein Funke, und sengend fraß er sich entlang seiner Nerven, vitalisierte ihn von neuem, mobilisierte frische Kraft, als würde sie aus verborgenen Quellen geschöpft.
Der Zeitpunkt würde nie günstiger sein, um zu tun, weswegen Landru nach Jerusalem gekommen war. Und Rachedurst war ihm zusätzlicher Antrieb.
Er erhob sich, mühsam und ächzend, aber mit jeder Bewegung, die er sich abrang, fühlte er sich besser. Sein übermenschlicher Wille ignorierte die Lähmung seines Fleisches, und als er den Lilienkelch, der ihm im Kampf entfallen war, endlich wieder in Händen hielt, hatte er die Nachwirkungen jenes todesähnlichen Schlafes vollends bezwungen.
Wie ein Kriegsherr, der das Schlachtfeld abschreitet, um sich am Anblick der Gefallenen zu weiden, ging Landru zwischen den Schlafenden einher. Jedem einzelnen widmete er einen Augenblick seiner Aufmerksamkeit, ohne etwas entdecken zu können, das diese Männer von anderen unterschied, das Aufschluß gegeben hätte über die besondere Art, von der sie ohne jeden Zweifel waren - Landru hatte es buchstäblich am eigenen Leibe erfahren ...
Jetzt aber, da sie wie tot vor ihm lagen und nur ihr Atem die Stille störte, konnten sie ihm nicht gefährlich sein. Um so schneller galt es für den Hüter, zu handeln.
Vor Remigius blieb er schließlich stehen. Langsam beugte er sich zu dem Anführer dieses seltsamen Bundes hinab. Mit beinahe schon wissenschaftlichem Interesse studierte Landru die Züge des anderen, doch auch darin fand er nichts Besonderes. Hager war Remigi-us' Antlitz, fast schon wie von Askese gezeichnet, wie sein ganzer Körper überhaupt. Mager indes war er nicht, sondern kräftig in einer Art, die sich nicht in schwellenden Muskeln und breiten Schultern äußerte.
Landru grinste abseitig.
Remigius würde einen perfekten Vampir abgeben. Und als der geborene Führer hatte er sich ohnedies schon erwiesen .
Der Hüter hob den Kelch, drehte ihn in Händen und maß ihn mit Blicken, als erwarte er ein wie auch immer geartetes Zeichen dafür, daß er mit dem Taufritual beginnen konnte - das sein würde wie kein anderes zuvor in der Historie der Alten Rasse.
Denn zum ersten Mal war der Täufling kein Kind.
Welchen Verlauf mußte ein solches Abweichen von der blutigen Tradition haben?
Landrus Züge verkanteten in Entschlossenheit, nur ein Nerv zuckte noch unterhalb seines Auges, als sei
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