Tod eines Maechtigen
solcher Gesellschaft, wie die schöne Israelitin sie ihm bieten konnte, war es jedoch vielfach angenehmer. Und überdies vermochte Landru damit noch sein Bedürfnis zu stillen, lange Vermißtes und Versäumtes endlich nachzuholen - denn tatsächlich war ihm, als hätte er auf Sinnesfreuden solcher Art viel zu lange schon verzichten müssen .
... wie sich sein Leben überhaupt grundlegend geändert hatte, seit er ihm begegnet war!
Ihm, jenem Knaben, der alles andere denn ein Kind war.
Ihm, der eines nur sein konnte - der Leibhaftige selbst, das fleischgewordene Böse!
Landru stand bei ihm im Wort, hatte sich dem teuflischen Knaben in die Hand gegeben - aber sein Los hätte schlimmer sein können .
Ein flüchtiges Lächeln huschte über die Lippen des Vampirs, derweil er nicht nachließ, wieder und wieder in Shulamiths Schoß zu dringen.
Im Auftrage Satans sozusagen war Landru nach Jerusalem gereist, mit fest umrissener Aufgabe, die da schlicht hieß: Sieg oder stirb!
Doch dafür würde später noch Zeit sein. Zunächst verfolgte Land-ru noch eigene Pläne - oder eigentlich: Er wollte seine Neugierde stillen. Wollte wissen, was aus der Saat geworden war, die er vor über drei Jahrhunderten in Jerusalem ausgebracht hatte. Ob sie überhaupt gereift war und heute noch in Blüte stand, nachdem ihm die Dinge damals derart aus den Händen geglitten waren .
Wagemut hatte ihn seinerzeit, da er noch der Hüter des Lilienkelchs gewesen war, nach Jerusalem geführt - der Wunsch, zu schaffen, was niemandem vor ihm gelungen war: eine Vampirsippe zu begründen im verhaßten Heiligen Land, um auch diesen Flecken Erde endlich unter die Herrschaft der Alten Rasse zu stellen!
Er hatte der Herausforderung die Stirn geboten -
- und im nachhinein erkennen müssen, daß doch nur Leichtsinn ihn getrieben hatte. Damals .
*
... im Jahre 1666
Seit annähernd einem Jahrtausend war Landru unterwegs als Reisender in Sachen Leben und Tod. Als Verwalter des Grals der Alten Rasse hatte er in dieser Zeit jeden Landstrich der Erde heimgesucht und dem vampirischen Geschlecht zum Wohle gewirkt. Indem er bestehende Sippen macht des Lilienkelches aufgeforstet oder gar neue begründet hatte, wenn der Mensch seinen Fuß erstmals auf bis dato unentdecktes Gebiet setzte oder Städte in solchem Maße wuch-sen, daß ihr Einfluß auf das Weltgeschehen Bedeutung erlangte.
Jerusalem und das Heilige Land aber hatte der Hüter stets gemieden. Als vergiftet galt es den Vampiren, seit der Messias der Christenheit dort gewandelt war und gewirkt hatte. Den Verhaßten hießen sie den, der am Kreuz zur Erlösung der Menschheit gestorben war. Und die bloße Erinnerung an ihn vergällte der Alten Rasse den Besitzanspruch auch auf dieses Land.
Landru jedenfalls, seinerzeit noch unerkannt in der Maske des Kelchhüters reisend, hatte Jerusalem nie betreten. Wohl aber kannte er einen, der geradezu besessen war von der Idee, sich in der heiligen Stadt niederzulassen - der Jemenit Saduk, seines Zeichens Oberhaupt der Sippe Shibams. Mitsamt seines Stammes wollte er gen Jerusalem ziehen und es für die Alte Rasse erobern.
Und er tat es.
Mit verheerenden Folgen .
Nicht aus eigener Anschauung, wohl aber aus zweiter und dritter Hand erfuhr Landru, was aus Saduk und dessen Gefolgschaft geworden war auf dem heiligen Grund und Boden, stets umgeben von den Zeugnissen der Christenheit und umweht vom Odem ihres Glaubens.
Entartet war Saduk, zu einer Kreatur war er geworden, die nur noch Schande bedeutete für die Alte Rasse und ihr kaum mehr zugerechnet werden durfte, weil sie den Kodex und alle vampirische Tradition und Werte mit Füßen getreten hatte! Er hatte seine Kinder getötet und war schließlich dem Wahnsinn verfallen, bis ihn Salena von seinem erbärmlichen Schicksal erlöst hatte.
Salena .
Sie war eine Tochter Saduks gewesen, von seinem Blute, und er hatte sie für eine ganz besondere Aufgabe ausersehen gehabt: Sie sollte einer weiteren Idee Saduks nachspüren - und den Messias der Vampire ausfindig machen!
Der Jemenit war nämlich davon überzeugt, daß auch der Alten Rasse einst ein solcher geboren werden würde; man müßte ihn nur erkennen. Und zu diesem Zwecke sandte er Salena aus.
Landru hatte den Gedanken anfangs für puren Aberwitz gehalten. Im Laufe der Zeit jedoch hatte er sich davon regelrecht anstecken lassen, und schließlich hatte er mit fast gleichem Feuereifer jenes Kind gesucht, das der Alten Rasse zum Messias, zum Erlöser werden könnte.
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