Tod Eines Mäzens
haben eine zivilisierte Beziehung.«
Ich pfiff. Ich konnte mich gut daran erinnern, dass Lysa Vibia eine »kleine Kuh« genannt hatte. »Ich dachte, es hätte Sie sehr gekränkt, ihr Ihren Mann überlassen zu müssen. Wie kommt’s, dass Sie jetzt miteinander gurren wie die Turteltauben?«
»Wohl kaum!«
»Vibia wohnt immer noch in Ihrem alten Haus, wie ich sehe.« Diesmal erzeugte mein Nachbohren ein leichtes Zusammenziehen der Augen. »Gehörte außer dem Skriptorium auch das Haus zu ihrem Erbe?«
»Ich habe es ihr geschenkt«, gab Lysa etwas widerstrebend zu.
Ich pfiff erneut. »Tolles Geschenk!«
»Ich bin eben großzügig.« Selbst Lysa merkte, wie lächerlich das klang. Sie war eine Geschäftsfrau mit eisernen Krallen. »Ach, es ist ja kein Geheimnis. Sie hat es mir abgeluchst.«
»Wie das?«
»Geht Sie nichts an.«
»Sie sagten, es sei kein Geheimnis.«
»Na gut – es war der Preis für ihre Hilfe, etwas zu arrangieren …« Da ich weiter skeptisch blieb, war Lysa zu einer Erklärung gezwungen. »Diomedes wird eine junge Verwandte von Vibia heiraten.«
»Na so was. Ihre Familie scheint Hochzeiten zu lieben. Planen Sie eine gemeinsame Feier für den Tag, an dem Sie sich mit Lucrio vereinen? Und was für eine aufregende Nachricht für Diomedes – eine gute Partie?«
Lysa überging ruhig meine Spötteleien. »Ein zauberhaftes Mädchen. Elegant und kultiviert und aus einer ausgezeichneten Familie. Gute Leute mit vielen Verbindungen.« Ah ja! Ich hatte Vibia gewöhnlich gefunden, aber das war eine Reaktion auf ihr persönliches Verhalten und sagte nichts über ihren gesellschaftlichen Rang aus. Viele ehrbare Bürger haben weibliche Verwandte, die wie Fischerweiber klingen und es mit dem Gesichtspuder übertreiben. Lysa fuhr fort: »Sie sind natürlich seit Jahren Kunden bei der Bank. Wir kennen sie sehr gut.«
»Sie haben Ihren Sohn also unter die Haube gebracht?«
Lysa lächelte zufrieden. »O ja«, versicherte sie mir. »Jetzt ist alles perfekt.«
Ich ließ sie gehen. Ein weiteres Mosaiksteinchen, das ich meiner merkwürdigen Sammlung hinzufügen konnte.
Die alte Dame mit dem Einkaufskorb war inzwischen herangewackelt und musterte mich durchdringend. Sie betrachtete sich sichtlich als die Hüterin der Nachbarschaft. Zweifellos die Mutter irgendeines gequälten Burschen. Sie war eine von denen, die hin und her pendeln, einen halben Kohlkopf kaufen und dann wegen eine Sprotte noch mal zurückkommen, in der Hoffnung, den Tag mit der Chance zu beleben, Fremden nachzuspionieren.
Als ich zurückging, hätte ich fast bei der Popina an der Ecke Halt gemacht. Wieder stand der Kellner draußen, ein hoch gewachsener junger Bursche mit einem schmalen Gesicht in einer kurzen Lederschürze, der mich aufmerksam beobachtete. Das war mal eine neugierige Bande hier auf dem Clivus. Sein Starren stieß mich ab. Ich wusste, dass die Schenke der Autorentreffpunkt war. Der Kellner sah so aus, als wollte er unbedingt plaudern, ob es mir gefiel oder nicht. Misstrauisch ging ich weiter.
Ich hätte mir Vibia noch mal vorknöpfen können, traf aber stattdessen Euschemon, immer noch das verwahrloste watschelnde Bündel mit dem üblichen ungekämmten Haar und dem abwesenden Gesichtsausdruck. Er verließ gerade das Skriptorium, blieb aber auf einen Schwatz stehen. Ich erzählte ihm von der liebevollen Szene, die ich beobachtet hatte, und fragte mich, ob sich das auf seine bisherige Loyalität auswirken würde. »Ich weiß nicht, wie sie das fertig bringen!«, grummelte er. »Die Menschen sind seltsam, Falco.«
»Das stimmt. Ich war erstaunt über diese Hochzeit. Es klang, als würde Vibia von der Chrysippusfamilie als Diomedes’ gesellschaftliches Sprungbrett benutzt.«
»Oh, die Chrysippi kassieren hohe Zinsen von jedem«, erwiderte Euschemon geheimnisvoll. Er weigerte sich, das näher zu erklären, aber ich begann allmählich zu verstehen, was er meinte. Diomedes’ Weg zur gesellschaftlichen Anerkennung war offenbar sorgfältig vorbereitet worden. Reichte die Planung bis zur Wiederverheiratung seines eigenen Vaters zurück? War Vibia Merulla nur ein Teil des Aufstiegsplans, den Chrysippus für seinen Sohn ausgearbeitet hatte? Und wenn ja, hatte Lysa das von Anfang an gewusst?
»Euschemon, ich hatte das Gefühl, Vibia sah nicht ganz so glücklich aus wie Lysa.«
Er lachte leise. »Tja, kein Wunder.«
»Wieso?«
»Dazu kann ich nichts sagen, Falco.«
Sein Ton war ein Anhaltspunkt. Ich verstieg mich zu einer
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