Tod Eines Mäzens
Schlafzimmer, einige davon unbenutzt, als wären sie für Gäste bestimmt. In einer ausgedehnten Zimmerflucht, still und mit geschlossenen Fensterläden, befand sich das Schlafzimmer des Hausherrn mit dem Ehebett. Falls Vibia hier noch schlief, musste sie sich wie ein verlorener kleiner Floh vorkommen.
Schließlich fand ich sie in einem kleineren Salon, aufgestützt auf einer mit vielen weichen Kissen gepolsterten Liege; sie kaute auf dem Ende eines Stilus.
»Sie schreiben! Gute Götter, anscheinend machen das hier alle. Ich wünschte, ich hätte den Vertrag des Tintenlieferanten.« Vibia errötete und senkte das Dokument. Warum sie wohl selbst herumgekritzelt hatte? »Keine Sekretärin? Sie verfassen doch nicht etwa einen Liebesbrief?«
»Das ist ein formelles Schreiben, mit dem ich einen Mieter auffordere, seine Sachen aus meinem Haus zu entfernen«, gab sie frostig zurück. Ich probierte mein Glück und streckte die Hand danach aus, aber sie hielt es eisern fest. Es war ihr Haus. Ich war ein uneingeladener Besucher. Ich hütete mich, sie zu irgendwas zu zwingen.
»Keine Bange, ich reiß es Ihnen nicht aus der Hand. Privatermittler vermeiden es, wegen Angriffen auf Witwen angeklagt zu werden. Besonders jungen attraktiven.«
Sie war naiv genug, sich von dieser Art Kompliment besänftigen zu lassen. Lysa, ihre Rivalin, wäre nie auf so was Klischeehaftes hereingefallen. »Was wollen Sie, Falco?«
»Ein privates Gespräch, bitte. Leider über etwas Geschäftliches.« Ich lebte jetzt sei drei Jahren mit Helena zusammen, aber ich wusste immer noch, wie man flirtet. Allerdings übte ich das lieber mit Helena.
»Geschäftlich?« Vibia kicherte bereits. Sie gab ihren Dienstbotinnen Zeichen, woraufhin die sich verzogen. Vermutlich würden sie an der Tür lauschen, doch daran schien Vibia nicht gedacht zu haben. Keine altgediente Kämpferin offensichtlich. Aber vielleicht auch nicht die Unschuld vom Lande.
Sie hatte sich jetzt aufgesetzt und den einen kleinen Fuß untergeschlagen. Ich hockte mich zu ihr auf die Leseliege. Kissen drückten sich in meinen Rücken; die gestreiften Bezüge waren mit harten Füllungen ausgestopft und erinnerten mich schmerzhaft daran, wie Glaucus auf mich eingedroschen hatte. Ich zerrte zwei Kissen hinter mir heraus und ließ sie auf den Boden fallen, wo sie auf einem dicken, aus dem fernen Osten per Kamelkarawane importierten Teppich landeten. Die Beschlagnägel meiner Stiefel verfingen sich kurz in dem wolligen Flor.
Vibia war munterer geworden, da jetzt ein gut aussehender Mann zu ihr zum Spielen gekommen war. Was für ein Glück, dass ich in Glaucus’ alles umfassendem Etablissement gebadet und mich rasieren lassen hatte. Jeder Anschein von Unkultiviertheit wäre mir äußerst unangenehm gewesen. Und wir saßen jetzt direkt nebeneinander.
»Was für ein hinreißendes Zimmer!« Ich blickte mich um, aber selbst Vibia konnte nicht angenommen haben, dass mich die cremefarbenen Gipswölbungen und die aufgemalten Blumengirlanden interessierten. »Das gesamte Haus ist eindrucksvoll – und wie ich höre, haben Sie glückliches Mädchen es jetzt erworben?«
Woraufhin sie etwas nervös wurde. Das Lächeln ihres breiten Mundes wurde dünner, wenn er auch nach wie vor wie eine klaffende Wunde aussah. »Ja, es gehört mir. Ich habe mich gerade mit der Familie meines verstorbenen Mannes geeinigt.«
»Warum?«
»Was soll das heißen, warum, Falco?«
»Ich meine, warum mussten Sie darum bitten, und warum hat die Familie zugestimmt?«
Vibia biss sich auf die Lippe. »Ich brauchte etwas, wo ich wohnen kann.«
»Ach! Sie sind eine junge Frau, die seit drei Jahren verheiratet und Herrin dieses Hauses war. Ihr Mann ist gestorben, ziemlich unerwartet – na ja, lassen Sie uns annehmen, dass es wirklich unerwartet war«, sagte ich grausam. »Und Sie waren mit der Aussicht konfrontiert, wie ein Kind in das Haus Ihres Vaters zurückzukehren. Ein unerträglicher Gedanke?«
»Ich liebe meinen Papa.«
»Oh, selbstverständlich! Aber sagen Sie mir die Wahrheit. Sie liebten Ihre Freiheit genauso. Wohlgemerkt, Sie hätten dort nicht lange ausharren müssen; jeder pflichtbewusste römische Vater würde rasch jemand anderen für Sie finden. Er ist doch bestimmt von Menschen umgeben, denen er einen Gefallen schuldig ist und die Sie ihm bestimmt gern abnehmen würden … Wollen Sie nicht wieder heiraten?«
»Nicht, nachdem ich es einmal versucht habe!«, meinte Vibia höhnisch. Mir fiel auf, dass sie
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