Tod Eines Mäzens
den ich gerade schreibe« – sie zog das Dokument hervor, über das sie sich bei meiner Ankunft stirnrunzelnd gebeugt hatte – »geht es darum, dass Diomedes seine Sachen abholen muss und nicht wieder herkommen darf.«
»So viel Sorgen um den Anstand. Seine Braut wird Ihnen dankbar sein, Vibia!«
Sie bemühte sich sehr, mich abzulenken. Wie zufällig, schien es, hatte die junge Dame ihren Arm auf die Lehne der Liege gelegt, und ihre üppig beringte Hand stieß leicht an meine linke Schulter. War es wirklich Zufall, oder standen die Parzen endlich mal auf meiner Seite? Jetzt begannen ihre schmalen Finger sich mit einem leisen Klirren eines entzückenden Silberarmbands langsam zu bewegen, streichelten meinen Schulterknochen, als wäre sie sich dessen gar nicht bewusst. Oh, sehr hübsch. Sie machte mich definitiv an. Weibliche Ränke. Als wäre ich denen im Laufe meines Berufslebens nicht schon oft genug begegnet.
Ich lehnte den Kopf zurück wie ein verblüffter Mann und verfiel in Schweigen. Und dann, gerade als die Fingerspitzen diese empfindliche, ziemlich kitzlige Stelle an meinem Nacken zu erforschen begannen, wo der Rand der Tunika an meinen Haaransatz stieß, klopfte Passus an die Tür. Ich seufzte erleichtert – oder war es bedauernd?
»Ich geh dann jetzt, Falco.« Er hatte ein Schriftrollenbündel unter dem Arm. »Das ist das Zeug, das du haben wolltest …«
»Danke, Passus.« Es gelang uns beiden, nicht zu grinsen, als ich von der Liege aufsprang und ihm die Schriftrollen abnahm. »Ich bin hier ebenfalls fertig.« So konnte man es auch ausdrücken. »Ich begleite dich. Vielen Dank für Ihre Hilfe, Vibia Merulla.«
Rasch verabschiedete ich mich von der Witwe und begab mich schleunigst in Sicherheit.
XXXIX
Wieder entschied ich mich gegen ein Mittagsmahl in der Popina am Clivus Publicus. Abgesehen davon, dass ich Passus nicht auf die Idee bringen wollte, ich triebe mich in Garküchen herum – wo, wie Petronius und die anderen ihm sicherlich erzählt hatten, Privatermittler einfallen wie die Sommerfliegen –, sah ich, dass inzwischen zwei der Skriptoriumsautoren am Tresen lehnten. Wären es der Dramatiker Urbanus oder der verhinderte Liebeslyriker Constrictus gewesen, hätte ich mich ihnen angeschlossen, aber es war der schlaksige Scrutator , der den protzig gekleideten Turius vollquatschte. Da mir nach beiden nicht der Sinn stand, ging ich in die andere Richtung, zum Gipfel des Aventin hinauf und nach Hause. Dort lud ich Helena auf ein frühes Mittagsmahl in einer näher gelegenen Schenke ein.
»Falco, du hast so einen unsteten Blick.«
»Ganz bestimmt nicht.«
»Was hast du gemacht?«
»Mit Passus über Literatur gesprochen.«
»Du verlogener Hund«, sagte sie.
Selbst als ich ihr die Schriftrollen zum Lesen gab, sah sie mich aus irgendeinem Grund weiter misstrauisch an. Sie beugte sich vor und roch an meiner Schulter; mir klopfte ein wenig das Herz. Ich zog sie mit nach draußen, bevor das Verhör zu drastisch wurde.
In Floras Caupona war es immer ruhig, aber normalerweise nicht so angespannt wie heute. Zwei zurückhaltende Stammgäste saßen steif an dem Tisch im Inneren und warteten ergeben auf ihre Bestellung. Apollonius, der Kellner, kam zu unserer Begrüßung an die Tür. Er war ein pensionierter Lehrer – er hatte mich tatsächlich in der Schule unterrichtet. Wir erwähnten das nie. Mit seinem üblichen würdevollen Auftreten ignorierte er die eigentümliche Atmosphäre, als hätte er sie nicht bemerkt.
»Wir haben heute Linsen oder Kichererbsen, Falco.«
»Jupiter, ihr nehmt die Hülsenfrüchtevorschrift ja wirklich ernst.« Die meisten anderen Imbissbuden hatten ihre Töpfe mit Fisch oder Fleisch wahrscheinlich damit kaschiert, dass sie sie einfach nicht auf der Speisekarte angaben.
»Oder vielleicht etwas Kaltes?«, schlug er vor.
»Ja, etwas Kaltes!«, japste Helena. Draußen war es so heiß, dass man sich kaum ein paar Schritte bewegen konnte, ohne in Schweiß gebadet zu sein. »Junia, bloß weil das Edikt besagt, Hülsenfrüchte dürften nur heiß serviert werden, bist du doch nicht gezwungen, selbst im August dampfende Eintöpfe anzubieten.«
Meine Schwester stemmte die Hände auf den blitzsauberen Topftresen. (Nicht ihr Werk; Apollonius bezog einen seltsamen Stolz aus seiner erniedrigenden Arbeit.) »Wir können für euch einen Extrasalat machen, da ihr ja zur Familie gehört«, meinte sie mit steifer Herablassung.
Ihr Sohn spielte mit einem aus Holz geschnitzten
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